Regierungsbildung: § 209 & Co ein Thema?
Die Regierungsbildung zieht sich wie ein Strudelteig. Schüssel nervt immer mehr. Überrascht hat, daß die SPÖ auch nach der – verlorenen – Wahl den § 209 StGB sowie die rechtliche Absicherung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften ins Verhandlungs-Spiel gebracht hat – allerdings war dies ja bisher eher Scheingefecht. Ob die SPÖ das auch in der Endphase der Koalitionsverhandlungen, wenn’s ums Eingemachte geht, durchhalten und vor allem durchsetzen wird, wird sich ja bald weisen. Wir dürfen gespannt sein.
Zur schreibenden Stunde sieht es fast so aus, als würden SPÖ und ÖVP ein Regierungsprogramm aushandeln. Aber sicher ist noch gar nichts. Sollten sich die beiden Parteien einigen, werden wir jedenfalls bald wissen, worauf sie sich im konkreten verständigt haben.
Im berühmten Reformpapier Viktor Klimas, das als Grundlage für ein mögliches Regierungsprogramm dienen soll, ist jedenfalls die Abschaffung des § 209 enthalten, wie schon der Standard am 13. November 1999 zu berichten wußte. Die Neue Kronenzeitung vom 2. Dezember reihte diesen Punkt unter „gesellschaftspolitischen Sprengstoff“ ein, meinte damit aber wohl eher Dynamit für die Koalitionsverhandlungen, denn die Aufhebung des § 209 birgt wohl keinerlei größeren gesellschaftlichen Konfliktstoff. Auch die Grünen brachten das Thema aufs Tapet, und zwar in Zusammenhang mit der Budgetmisere. Sie meinten, angesichts der Staatsfinanzen müßte nicht unbedingt jede Reform blockiert werden, insbesondere nicht solche, die nichts kosten, etwa die Gleichstellung von Homo- und Heterosexuellen (Kurier vom 17. 12. 1999). Klima war nicht der einzige in der SPÖ, der ein Papier verfaßte. Auch Minister Caspar Einem erarbeitete ein Grundsatzpapier für die SPÖ, und auch da ging es um Fragen der Gleichheit und Chancengleichheit u. a. aufgrund der sexuellen Orientierung (NEWS # 47 vom 25. 11. 1999).
Stoppt Schüssel und ihren Mann!
Da im Laufe der Zeit die Parteiengespräche über Regierung, Koalition und Opposition zusehends an Newswert verloren, verlegten sich die Zeitungen auf Nebenschauplätze, und was liegt näher als die Frage: Welchen Einfluß üben eigentlich die Ehefrauen – diese „Souffleusen der Macht“ (© FORMAT) – auf ihren jeweiligen Gatten aus? Über Schüssels Ehefrau Krista alias „Gigi“, Psychologin von Beruf, wurde natürlich die alte Anekdote aufgewärmt, sie stünde hinter dem kategorischen Njet des ÖVP-Obmannes zur Aufhebung des § 209. Der Falter war der erste, der die Sache wieder in Erinnerung rief (# 47 vom 24. 11.), NEWS folgte einen Tag später, und FORMAT wiederholte sie in einer großangelegten Story über besagte Souffleusen in der Ausgabe 51/52 vom 20. 12.: Legendär ist jener Satz Schüssels im ÖVP-Parteivorstand, als es 1996 um die Liberalisierung der Homosexuellenparagraphen ging: „Die Gigi mag das nicht.“ „Da hat die ÖVP sicher die Politik von Schüssels Frau gemacht“, erinnert sich ein hoher ÖVP-Familienpolitiker. Die Anekdote wurde auch damals zum erstenmal vom Falter kolportiert (# 5/1996; vgl. LN 2/1996, S. 19 ff).
Vielleicht sollte die Frau Schüssel ihr Wissen über Homosexualität aus ihrer Studienzeit, das sie von Professoren gelehrt bekam, die selbst wiederum auf dem Stand der Nazi-Zeit waren, etwas aufmöbeln. Vielleicht könnte man ihr ein paar neuere Werke zum Thema schenken?
Gerald Mikscha – die Margot Löffler der Haiders?
Von der Frau hinter dem erfolgreichen Mann Jörg Haider war indes nicht viel zu berichten. Die Einflüsterer des Jörg Haider sind alle Männer. Und so hat profil (# 47 vom 22. November 1999) seine Variante der Souffleusen-Story Jörg Haider und seinem Sekretär Gerald Mikscha, 28, gewidmet, die seit neun Jahren ein Paar sind. Herzerwärmend berichtet das Nachrichtenmagazin über die innige Beziehung der beiden. Mikscha ist nunmehr Bundesgeschäftsführer der FPÖ geworden. Er läuft seinem Chef beim Marathon nach, fährt allein mit ihm auf Urlaub (die Fotos davon gab’s schon früher im NEWS zu sehen) und begleitet ihn bei seinem Studienaufenthalt nach Amerika. O-Ton profil:
Seit neun Jahren ist Mikscha, in der FPÖ bloß „Gerry“ genannt, nun an der Seite Haiders. Und das beinahe jeden Tag. Politische Beobachter können sich kaum daran erinnern, wann sie Haider zuletzt ohne seinen Sekretär gesehen haben. Wenn der FP-Chef zu Fernsehdiskussionen ins Wiener ORF-Zentrum kommt, wenn er zu Lehrgängen an die amerikanische Eliteuni Harvard pilgert oder wenn er samt Familie zur Angelobung als Landeshauptmann aufkreuzt: Mikscha ist immer dabei – und hält sich dezent im Hintergrund.
Ein Schelm, wer da zwischen den Zeilen liest und Böses dabei denkt! Mikscha hat zwar eine Lebensgefährtin und ein Kind – aber, mein Gott, was heißt das schon! Offenkundig verbringt er jedenfalls mehr Zeit mit Jörg als mit ihnen.
Wir warten noch auf das Foto mit dem Ehepaar Haider und Gerry im Hintergrund, der seinen Arm ebenfalls um den Jörg legt. Oder auf die Beichte Jörgs bei Alfred Worm im NEWS. Oder darauf, daß Frau Haider von zu Hause auszieht, weil Jörg darauf besteht, auf den Kärntnerball in Klagenfurt auch Saif Gaddafi mitzunehmen (vgl. LN 2/1999, S. 8 f). Wär’ doch nett! Und endlich einmal etwas anderes.