30 Jahre HOSI Wien: Drei Jahrzehnte für die Liebe
Mit der Veranstaltungsreihe Drei Jahrzehnte für die Liebe hat die HOSI Wien im November 2009 nun auch „offiziell“ ihren 30. Geburtstag gefeiert. Damit sollte nicht zuletzt auch allen MitarbeiterInnen und UnterstützerInnen der letzten 30 Jahre dafür gedankt werden, dass sie mitgeholfen haben, die Erfolgsgeschichte der HOSI Wien zu schreiben.
Höhepunkt der Feierlichkeiten war der Festakt am 13. November 2009 im Parlament, zu dem Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) geladen hatte: Mehr als 200 Leute – Mitglieder, FreundInnen und SympathisantInnen – waren in das prächtige, ja pompöse Ambiente des Budgetsaals und der Säulenhalle im ehrwürdigen Gebäude Theophil Hansens an der Wiener Ringstraße geströmt, um das runde Bestandsjubiläum der HOSI Wien zu begehen. DIETER SCHMUTZER, Obmann a. D., und EINFACH-NUR SABINE, Präsidentin der Autonomen Trutschn, führten durch die Veranstaltung.
Festakt im Parlament
Nach der Begrüßung der Festgäste durch Barbara Prammer sowie Obmann CHRISTIAN HÖGL wurden Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), Susanne Greber – zuständig für Diversity & Inclusion bei IBM, Sponsor des Festakts –, sowie ULRIKE LUNACEK, grüne Abgeordnete zum Europäischen Parlament, auf die Bühne gebeten, wobei sie, statt Ansprachen zu halten, von den beiden ModeratorInnen in Interviews verwickelt wurden. Während alle drei Politikerinnen das topaktuelle Thema „eingetragene Partnerschaft“ anschnitten, aber auch die Bedeutung der Arbeit der HOSI Wien würdigten, erläuterte Susanne Greber Sinn und Nutzen der Förderung von Vielfalt – „Diversity“ – in der Belegschaft von Unternehmen. Staatssekretärin Christine Marek (ÖVP) hatte leider im letzten Moment abgesagt – aber aufgrund ihrer Kandidatur und Wahl zur Obfrau der Wiener Volkspartei hatte sie unaufschiebbare andere Verpflichtungen.
Zwischendurch wurde nicht nur die große Geburtstagstorte in Form eines rosa Winkels mit HOSI-Wien-Logo in Schokoladeglasur samt Sprühkerzen hereingetragen und auf der Bühne placiert, sondern die ModeratorInnen ließen in kurzen Abrissen auch die Vereinsgeschichte Revue passieren und präsentierten einen groben Überblick über die vielfältigen und wichtigen Tätigkeitsbereiche, in denen sich der Verein in diesen drei Jahrzehnten engagiert hat. Diese Präsentation wurde durch entsprechende Bilddokumente zu Höhepunkten und wichtigen Ereignissen der Vereinsgeschichte ergänzt, die auf eine Großleinwand projiziert wurden.
Abschließend wurden mit HELGA PANKRATZ (1959–2014), WALTRAUD RIEGLER und mir noch drei VeteranInnen und PionierInnen auf die Bühne gebeten, um einerseits über die Gründung von Lesben- und Jugendgruppe sowie der PeerConneXion zu berichten und auch persönliche Schilderungen ihrer Motivation, Einschätzung und Erfahrung beizutragen.
Wir malen das Parlament rosarot
Als Überraschung wurde mir bei dieser Gelegenheit ein Cartoon überreicht, den Starkarikaturist Markus Szyszkowitz eigens zum runden Jubiläum gezeichnet hat. Auf dem Cartoon bin ich in meiner Lieblingskleidung, der Motorrad-Ledermontur, vor dem mit Regenbogen- und HOSI-Wien-Fahnen beflaggten und rosa angestrichenen Parlament zu sehen – vom Pinsel in meiner Hand tropft noch die rosa Farbe; und die Pallas Athene trägt Reizwäsche und Strapse… Diese Überraschung hatte Gudrun Stockinger, Fotografin und längjährige Wegbegleiterin der HOSI Wien, eingefädelt.
Für die musikalische Untermalung bzw. die Musik- und Gesangsdarbietungen zwischen den einzelnen Interviews und Präsentationen sorgte die regenbogenballerprobte Band A-Live. Das bewährte Team Patricia Brück und CHRISTIAN BRUNA (1964–2017) waren wieder als unsere GebärdensprachendolmetscherInnen im Einsatz.
Nach dem Festakt im Budgetsaal wurde zum Buffet in die große Säulenhalle gebeten, wo dann die Geburtstagstorte angeschnitten wurde. Die Gäste hatten noch fast zwei Stunden Gelegenheit, über die alten und die neuen Zeiten zu plaudern, sich an so manches Ereignis zu erinnern, sich Anekdoten zu erzählen, sich über das neue EP-Gesetz zu informieren und viele alte Bekannte zu treffen, die man lange nicht gesehen hatte.
Unter den Gästen waren auch: Volksanwältin Terezija Stoisits, die frühere grüne Nationalratsabgeordnete Marijana Grandits, Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds, SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim, ALFONS HAIDER, GÜNTER TOLAR, AktivistInnen aus den Bundesländern – u. a. von der HOSI Linz und der HOSI Tirol – sowie von Wiener Vereinen und Projekten, u. a. der SoHo und Courage. Viele AktivistInnen der ersten HOSI-Wien-Stunden, wie JOHANNES WEIDINGER (1949–2023), FLORIAN SOMMER, HENNING DOPSCH, GUDRUN HAUER (1953–2015), JOHN CLARK, ANDRZEJ SELEROWICZ, BARBARA FRÖHLICH, ALFRED GUGGENHEIM (1926–2014), ERICH ZAVADIL (1933–2018), um nur einige zu nennen, waren ebenfalls gekommen – ebenso viele MitstreiterInnen und KooperationspartnerInnen aus dem LSBT-Umfeld, wie NEDA BEI, ANDREAS BRUNNER, HANNES SULZENBACHER, JOHANNES WAHALA, TOBIAS NATTER, GELA SCHWARZ und WOLFGANG WILHELM.
Die Gäste hatten in der Säulenhalle auch Gelegenheit, sich die Ausstellung „30 Jahre HOSI Wien“ anzusehen, die im Jänner 2010 noch im HOSI-Zentrum – Eröffnung: Dienstag, 12. Jänner – und beim Regenbogenball am 30. Jänner im Parkhotel Schönbrunn gezeigt werden wird.
Die Veranstaltung im Parlament wurde von einem Kamerateam der Queer Lounge gefilmt, ein Beitrag darüber wurde auch im schwulen TV-Kanal TIMM gesendet. Der ORF wiederum sendete in Wien heute am 13. November 2009 einen ausführlichen Bericht zum 30-Jahr-Jubiläum.
Erfolgsgeschichte
Mit ihren 30 Jahren ist die HOSI Wien mittlerweile eine der ältesten Lesben- und Schwulenorganisationen in Europa. Eigentlich an sich schon eine Erfolgsgeschichte, die noch erstaunlicher ist, bedenkt man, dass der Verein im wesentlichen auf dem ehrenamtlichen Engagement der AktivistInnen beruht und – wie kein zweiter in Österreich – eine ungewöhnlich vielfältige Palette abdeckt.
Dazu gehören der Betrieb eines selbstverwalteten Vereinslokals, das drei bis fünf Abende pro Woche geöffnet ist, regelmäßige Gruppentreffen, persönliche Beratung und Hilfestellungen, etwa beim Coming-out oder bei Diskriminierung, politisches Lobbying, professionelle Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärungs- und Informationstätigkeit, kulturelle und volksbildnerische Aktivitäten, eine eigene Theatergruppe, Prävention im Gesundheitsbereich, die Herausgabe einer Zeitschrift sowie nicht periodischer Publikationen, das ständige Aktualisieren eines umfassenden Website, die Vernetzung mit anderen Organisationen der Zivilgesellschaft, internationale Kooperationen und nicht zuletzt die Durchführung zweier jährlicher Großveranstaltungen, nämlich der Regenbogenparade und des Regenbogenballs.
Voraussetzung dafür, dass eine solch umfangreiche freiwillige und unbezahlte Tätigkeit über einen dermaßen langen Zeitraum funktionieren kann, sind wohl ein angenehmes Vereinsklima und die Möglichkeit, einerseits die Vorteile der Kontinuität altgedienter AktivistInnen mit den Bedürfnissen in Einklang zu bringen, die neu Hinzukommenden haben, die sich vielleicht nur für kürzere Zeit oder nur in ganz spezifischen Bereichen engagieren wollen.