Nach Nizza: Neues aus der Europäischen Union
Was uns Nationalrat und Regierung jahrelang im Inland verwehrt haben, wurde nun auf europäischer Ebene auch für Österreich beschlossen: ein Rechtsakt, der Menschen vor Diskriminierung u. a. aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt schützen soll. Wie in den letzten LN angekündigt (S. 36 ff), hat der EU-Sozialministerrat am 17. Oktober 2000 eine entsprechende Richtlinie – ebenso wie ein Aktionsprogramm – verabschiedet. Die HOSI Wien hat am Tag danach eine Presseaussendung ausgeschickt, in der sie in diesem Zusammenhang nochmals ihre Forderung nach einem umfassenden Antidiskriminierungsgesetz wiederholte. Nachdem die Sprachjuristen der EU den Text finalisiert hatten, wurde die Richtlinie am 27. November 2000 vom Rat endgültig beschlossen. Am 2. Dezember 2000 wurde sie im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (Nr. L 303). Bis zum 2. 12. 2003 müssen die Mitgliedsstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen.
Österreich hätte im Rat ein Veto gegen die Richtlinie – ebenso wie gegen den Beschluß über das Aktionsprogramm – einlegen können, da Artikel 13 EG-Vertrag, auf dem Richtlinie und Aktionsprogramm basieren, Einstimmigkeit vorsieht. Allerdings war klar, daß es sich Österreich, nach all dem, was im Vorjahr passiert ist (Stichwort: Maßnahmen der EU-14 gegen die Bundesregierung), unter keinen Umständen hätte leisten können, gegen diese Projekte aufzutreten. So mußten pikanterweise ausgerechnet FPÖ-Regierungsmitglieder diesen Projekten – ebenso wie der Richtlinie gegen Diskriminierung aufgrund der Rasse und der ethnischen Herkunft, die bereits im Juni verabschiedet wurde (vgl. LN 3/2000, S. 31 f) – zustimmen.
HOSI Wien muß involviert werden
Die Richtlinie ist ein in vielen Aspekten sehr weitreichendes Stück Gesetzgebung. Sie umfaßt etwa auch indirekte Diskriminierung, sieht eine Beweislastverschiebung vor sowie Bestimmungen zum Schutz vor Viktimisierung, also Nachteilen für ArbeitnehmerInnen, wenn sie sich gegen Diskriminierung wehren, durch den Arbeitgeber. Und im Artikel 14 der Richtlinie heißt es: Die Mitgliedstaaten fördern den Dialog mit den jeweiligen Nichtregierungsorganisationen, die gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ein rechtmäßiges Interesse daran haben, sich an der Bekämpfung von Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe zu beteiligen, um die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zu fördern.
Das muß etwa bedeuten, daß Bundesregierung und Nationalrat bei der Umsetzung der Richtlinie verpflichtet sind, den zivilen Dialog mit betroffenen NGOs, darunter eben auch der HOSI Wien, zu suchen und zu fördern.
Was das Aktionsprogramm betrifft, ist äußerst erfreulich, daß sich der Rat letztlich auf eine Kofinanzierungshöhe von bis zu 90 % durch die Europäische Kommission für Projekte, die im Rahmen des Aktionsprogramms gefördert werden, geeinigt hat. Wie berichtet, gab es von seiten des Parlaments andere Vorschläge. Die jetzige Regelung ist ein großer Erfolg für die europäischen NGOs, darunter die ILGA-Europa, und ihr Lobbying. Konkret bedeutet das etwa, daß die Finanzierung der ILGA-Europa-Infrastruktur bis 2006 im Rahmen des Aktionsprogramms zu bis zu 90 Prozent durch die Kommission erfolgen kann. Im heurigen Jahr muß die ILGA-Europa ja, wie in den letzten LN ebenfalls berichtet, noch für 20 Prozent Eigenfinanzierung sorgen. Nur zehn Prozent der Gesamtkosten aufzubringen wird natürlich für eine Organisation wie die ILGA-Europa bedeutend einfacher sein.
Artikel 13 EGV in Nizza geändert
Kaum sind die ersten Maßnahmen aufgrund von Artikel 13 EGV verabschiedet worden, wurde die Bestimmung auch schon wieder geändert, und zwar im Rahmen der Regierungskonferenz, die mit dem Gipfel und Vertrag von Nizza endete. Im Artikel 13 wurde ein zweiter Absatz angefügt, der vorsieht, daß der Rat gemeinschaftliche Fördermaßnahmen – unter Ausschluß jeglicher Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten – mit qualifizierter Mehrheit verabschieden kann, wobei das Europäische Parlament in diesem Fall ein Mitentscheidungsrecht hat. Leider gelang es nicht, diese Änderung auch für gesetzgeberische Maßnahmen durchzusetzen, obwohl Kommission, Parlament und NGOs dafür eingetreten sind. Für gesetzliche Maßnahmen gilt weiterhin das Einstimmigkeitsprinzip. Daß manche Staaten nicht einmal bei einer solchen Frage auf ihr nationales Vetorecht verzichten wollten, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Verhandlungen und Ergebnisse des „Bazars“ von Nizza, die ja allseits heftig kritisiert worden sind.
Diese Änderung im Artikel 13 wird indes möglicherweise nie relevant werden, da das erwähnte Aktionsprogramm bis 2006 läuft (und weitere Fördermaßnahmen wohl nicht geplant sind) und für 2004 ohnehin die nächste Regierungskonferenz vorgesehen ist, bei der dann hoffentlich generell das Einstimmigkeitsprinzip im Artikel 13 aufgegeben wird.
Artikel 13 und die jetzt verabschiedete Richtlinie sind historische Ereignisse für Lesben und Schwule in der Europäischen Union – und für die Kandidatenländer, die die Richtlinie vor dem Beitritt ebenfalls umsetzen müssen, da sie jetzt zum Rechtsbestand der EU, dem sogenannten Acquis communautaire, gehört. Aus diesem Grund – und da in jüngster Zeit in Österreich eine Legende zu entstehen droht, Wolfgang Schüssel hätte eine wesentliche Rolle bei der Entstehung des Artikels 13 und der Aufnahme von „sexueller Orientierung“ als Schutzkategorie in diesen gespielt – haben wir in einem Kasten auf S. 39 die Geschichte und Chronologie der Ereignisse in diesem Zusammenhang nochmals kurz zusammengefaßt, um dieser Legendenbildung entgegenzuwirken.
Erfolgreichstes Jahr in der Geschichte
2000 war ohne Zweifel das erfolgreichste Jahr für die europäischen Lesben- und Schwulenbewegung in ihrer Geschichte. Einer dieser Erfolge war die Annahme der Europäischen Grundrechtscharta auf dem Gipfel von Nizza. Sie sieht ja in ihrem Artikel 21 ein Diskriminierungsverbot u. a. aufgrund der sexuellen Orientierung vor. Die Charta wurde, wie in den LN 4/2000 ausführlich dargelegt (S. 30 ff), in Nizza nur proklamiert, aber nicht rechtsverbindlich in die Verträge aufgenommen. Dennoch kann man davon ausgehen, daß sie als quasi verbindlich angesehen wird, denn der Europäische Gerichtshof in Luxemburg wird sie weder ignorieren können noch wollen. Daß die Charta in Nizza nicht in Vertrags-Stein gemeißelt wurde, ist auch insofern von Vorteil, als viele NGOs die Charta in Sachen soziale Grundrechte als nicht ausreichend und daher noch als änderungsbedürftig ansehen. Wäre sie in dieser Form nun Teil der Verträge geworden, würde sie wahrscheinlich auf Jahrzehnte hin nicht mehr verändert. So aber kann man sie immer noch als work in progress, als Baustelle betrachten und viel leichter abändern, bevor sie dann tatsächlich Vertragsbestandteil wird. Viele NGOs werden daher für die Überarbeitung und inhaltliche Vervollständigung der Charta – insbesondere hinsichtlich der sozialen Rechte – weiterhin Lobbying betreiben. Bis zur nächsten Regierungskonferenz ist ja noch genug Zeit.
Artikel 7 EU-Vertrag geändert
Wie ebenfalls in den LN 4/2000 (S. 12) berichtet, lag der Regierungskonferenz auch ein Vorschlag zu Änderung des Artikels 7 EUV vor, der ein Verfahren vorsieht, gegen einen Mitgliedsstaat Sanktionen zu setzen, der gegen die im Artikel 6 EUV festgeschriebenen gemeinsamen Grundwerte und Grundsätze, wie etwa die Achtung der Menschenrechte, verstößt. Das bisherige Verfahren war viel zu schwerfällig, als daß es jemals zur Anwendung hätte kommen können. Es sah u. a. Einstimmigkeit im Rat (mit Ausnahme des betroffenen Staates natürlich) auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs für die Feststellung einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung besagter Grundsätze vor sowie qualifizierte Mehrheit für die Festlegung von Sanktionen.
Allerdings ist auch die Neufassung des Artikels 7 nicht unbedingt geeignet, die Sache wesentlich zu erleichtern. Er lautet (vorläufiger Text – Neuerungen sind unterstrichen):
Auf begründeten Vorschlag eines Drittels der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments oder der Kommission kann der Rat mit der Mehrheit von vier Fünfteln seiner Mitglieder nach Zustimmung des Europäischen Parlaments feststellen, daß die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel 6 Absatz 1 genannten Grundsätze durch einen Mitgliedstaat besteht, und an diesen Mitgliedstaat geeignete Empfehlungen richten. Der Rat hört, bevor er eine solche Feststellung trifft, den betroffenen Mitgliedstaat und kann nach demselben Verfahren unabhängige Persönlichkeiten ersuchen, innerhalb einer angemessenen Frist einen Bericht über die Lage in dem betreffenden Mitgliedstaat vorzulegen.
Sobald der Vertrag von Nizza unterzeichnet ist – jetzt müssen ja erst noch die 15 nationalen Parlamente und das Europäische Parlament zustimmen – und sollte § 209 dann noch bestehen, wird die HOSI Wien in Zusammenarbeit mit der ILGA-Europa auf jeden Fall die Initiative ergreifen, um das Europa-Parlament und die Mitgliedsstaaten davon zu überzeugen, gegen Österreich wegen § 209 StGB, immerhin eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung, ein Artikel-7-Verfahren einzuleiten, auch wenn es schwierig werden wird, vier Fünftel der Mitgliedsstaaten dafür zu gewinnen – oder das Europäische Parlament, das in diesem Zusammenhang mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließen muß.
Europäische Sozialagenda
Ebenfalls in Nizza hat der Europäischen Rat die sogenannte Europäische Sozialagenda 2001–2005, das sozialpolitische Aktionsprogramm der Union, gebilligt, das zuvor von besagtem Sozialministerrat am 27./28. November 2000 verabschiedet wurde, nachdem konkurrierende Vorschläge der Kommission und der französischen Präsidentschaft ausverhandelt worden waren. In Kapitel III – Bekämpfung jeglicher Form von Ausgrenzung und Diskriminierung zur Förderung der sozialen Eingliederung – wird ebenfalls auf den Artikel 13 EGV Bezug genommen und folgende Zielvorgabe formuliert:
Gewährleistung der wirksamen Umsetzung der Gemeinschaftsvorschriften zur Bekämpfung jeglicher Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung. Entwicklung des Austauschs von Erfahrungen und bewährten Praktiken, um dieser Politik mehr Gewicht zu verleihen.1
Das Europäische Parlament war natürlich ebenfalls mit dem Kommissionsentwurf2 für die Europäische Sozialagenda befaßt. Berichterstatterin für den Ausschuß für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten war die belgische Sozialistin Anne van Lancker, deren Berichts- und Entschließungsentwurf3 vom Plenum am 25. Oktober verabschiedet wurde. Diese Entschließung enthielt zwei wichtige Punkte, die leider vom Rat nicht aufgegriffen wurden. Zum einen forderte das Parlament die Kommission auf, eine geeignete rechtliche Grundlage für den zivilen Dialog mit NGOs zu definieren (damit dieser endlich rechtlich verankert werden kann), und zum anderen forderte es weitere gesetzliche Maßnahmen zur Umsetzung des Artikels 13, d. h. in den von den beiden erwähnten Richtlinien nicht erfaßten Bereichen.
EQUAL-Programm berücksichtigt Artikel 13
Daß Artikel 13 nicht isoliert zu sehen ist, sondern ganz konkrete Auswirkungen auf andere Bereiche hat, zeigt sich beispielsweise auch bei EQUAL, einem der größten Programme der EU im Bereich Beschäftigung, das im Vorjahr die Nachfolge der Gemeinschaftsinitiativen ADAPT und BESCHÄFTIGUNG angetreten hat.
Thematisch orientiert sich diese neue Initiative an den vier Säulen der EU-Beschäftigungsstrategie: Beschäftigungsfähigkeit, Unternehmergeist, Anpassungsfähigkeit und Chancengleichheit. Sie wird von der EU und den Mitgliedsstaaten gemeinsam finanziert, wobei für den Zeitraum 2000-2006 die EU Förderungen in der Höhe von 39,17 Milliarden Schilling bereitstellt, wovon Österreich 1,32 Milliarden zustehen.
Die EQUAL-Projekte sollen von sogenannten Entwicklungspartnerschaften getragen werden, die auf geographischer oder inhaltlicher Ebene zusammenarbeiten und Partner aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor sowie VertreterInnen von Verbänden und NGOs in ihre Arbeit miteinbeziehen. Und sie sollen auch transnational zusammenarbeiten, um langfristig einen offenen und durchlässigen Arbeitsmarkt in der EU zu schaffen.
EQUAL räumt vor allem dem Aspekt der Chancengleichheit aller ArbeitnehmerInnen und Arbeitssuchenden einen besonderen Stellenwert ein. Das heißt: Projekte für benachteiligte Personengruppen sollen vorrangig gefördert werden. Die Kommission hält dazu in ihrer Mitteilung an die Mitgliedsstaaten folgendes fest:4
Die Mitgliedstaaten müssen ihre Strategie für EQUAL auf der Grundlage von Themenbereichen formulieren, die mit den vier Säulen der europäischen Beschäftigungsstrategie in Zusammenhang stehen. Innerhalb dieser Bereiche haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, daß ihre Vorschläge in erster Linie denjenigen zugute kommen, die den wichtigsten Formen von Diskriminierungen (aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung) und von Ungleichheiten ausgesetzt sind. Alle entsprechenden Gruppen müssen uneingeschränkt Zugang zu jedem Themenbereich haben.
Zusätzlich nennen die Leitlinien ausdrücklich die berufliche und soziale Eingliederung von AsylbewerberInnen als Zielvorgabe.
Natürlich ist dabei in erster Linie an Chancengleichheit aus Gründen des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, wegen einer Behinderung oder des Alters gedacht. Wiewohl strukturelle Ungleichheiten und systematische Diskriminierungen, denen diese Gruppen am Arbeitsmarkt ausgesetzt sind, für Lesben und Schwule Gott sei Dank nicht bestehen, ist es dennoch erfreulich, daß alle Artikel-13-Gründe in den von der Kommission genehmigten Leitlinien berücksichtigt werden.
Das war übrigens gar nicht so ausgemacht, denn Ursula Stenzel, ÖVP-Abgeordnete zum Europa-Parlament und Berichterstatterin des Sozialausschusses über die entsprechende Mitteilung der Kommission, sah in ihrem Berichtsentwurf vor, eine Passage im Kommissionsentwurf, die auf diese Diskriminierungen und Ungleichheiten Bezug nahm, zu streichen. Der Bericht5 wurde allerdings im Plenum total „umgedreht“ (was selten, aber doch passiert), worüber sich Stenzel und ihre Fraktion dann bitter beklagten. Der Hinweis auf Artikel-13-Diskriminierungen wurde nicht gestrichen. Auch hier war übrigens ILGA-Europa durch Lobbying am Werk.
Da die EQUAL-Leitlinien auch Eingang in die nationalen Programme und Pläne für EQUAL finden sollten, hat die HOSI Wien im Juli 2000 mit einem zuständigen Beamten im Sozialministerium Kontakt aufgenommen und darauf hingewiesen bzw. ersucht, daß sexuelle Orientierung auch im österreichischen EQUAL-Programm ausdrücklich berücksichtigt werde, und ihm auch relevante Informationen zur Verfügung gestellt. Diesem Ersuchen wurde nachgekommen, und so enthält der von Österreich bei der Kommission vergangenen September eingereichte Entwurf für das Programm EQUAL Österreich 2000–2006 – im Kapitel 3. Strategie der Interventionen des ESF (Europäischen Sozialfonds) – folgenden Absatz, durch den gewährleistet ist, daß auch Personen in österreichische EQUAL-Projekte aufgenommen werden können, die aufgrund der sexuellen Orientierung diskriminiert werden:
Im Rahmen der Schwerpunkte des Programms werden Zielgruppen genannt, die von den Maßnahmen in erster Linie profitieren sollen – vor allem auch im Hinblick auf budgetäre Überlegungen wurde diese Konzentration vorgenommen. Es besteht für die Entwicklungspartnerschaften jedoch die Möglichkeit, Personen, die im Sinne der EQUAL-Leitlinie bzw. von Artikel 13 EG-Vertrag aus anderen, im Programm nicht näher ausgeführten Gründen am Arbeitsmarkt Diskriminierungen ausgesetzt sind, in die Projekte aufzunehmen.
ILGA-Europa-Lobbying
ILGA-Europa hat in den letzten Monaten ihr Lobbying bei den EU-Institutionen, insbesondere im Rahmen der Aktivitäten der Plattform europäischer Sozial-NGOs fortgesetzt. Am 24. Oktober organisierte die Plattform einen kleinen Empfang im Europa-Parlament in Straßburg, um Kontakte zu interessierten Abgeordneten zu knüpfen bzw. zu intensivieren. Der Autor dieser Zeilen nahm am 7. November auch an der halbjährlich stattfindenden Sitzung zwischen Kommission und Plattform in Brüssel teil. Bei dieser Gelegenheit fragte er die Generaldirektorin der Generaldirektion Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, ob von Kommissionsseite beabsichtigt sei, weitere gesetzliche Initiativen zur Umsetzung von Artikel 13 zu setzen. Dies wurde von Odile Quintin kategorisch verneint, die Verabschiedung der beiden Richtlinien und des Aktionsprogramms sei so mühsam gewesen, daß von den Mitgliedsstaaten keine Unterstützung für weitere Projekte in naher Zukunft zu erwarten sei. 2003 wird zum Europäischen Jahr für Menschen mit Behinderung ausgerufen werden; daraus werden möglicherweise Initiativen für diese Gruppe resultieren. Ansonsten hoffe man, daß die im Rahmen des Aktionsprogramms bis 2006 durchgeführten Projekte wissenschaftliche und statistische Grundlagen und Ergebnisse liefern werden, um die Notwendigkeit weiterer gesetzlicher Maßnahmen argumentieren zu können.
Fußnoten:
1 Siehe: Schlußfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat, Nizza, 7., 8. und 9. Dezember 2000, Anlage I.
2 Mitteilung der Kommission KOM (2000) 379 endg. vom 28. Juni 2000.
3 EP-Dokument A5-0291/2000.
4 Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten zur Festlegung der Leitlinien für die Gemeinschaftsinitiative EQUAL über die transnationale Zusammenarbeit bei der Förderung neuer Methoden zur Bekämpfung von Diskriminierungen und Ungleichheiten jeglicher Art im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt. Verabschiedet am 14. April 2000, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Nr. C 127 vom 5. Mai 2000, S. 2-10, hier S. 3.
5 Bericht über die Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten zur Festlegung der Leitlinien für Programme im Rahmen von Gemeinschaftsinitiativen (PGI), für die die Mitgliedstaaten Vorschläge für eine Unterstützung im Zuge der Initiative EQUAL einreichen können. Dokument A5-0034/2000.
Nachträgliche Anmerkung:
Die im letzten Absatz genannten weiteren gesetzlichen Initiativen zur Umsetzung von Artikel 13 liegen bis heute auf Eis, wie ich zuletzt in einem Blog-Beitrag am 3. Februar 2020 ausführlich dargelegt habe.