Kommentar in der Online-Zeitschrift Glocalist Review NR. 39/2004
Ein Anfang – nicht mehr
Am 1. Juli 2004 traten das neue Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) sowie die Novellierung des Bundesgleichbehandlungsgesetzes in Kraft, womit die beiden EU-Richtlinien 43 und 78 aus dem Jahr 2000 zur Bekämpfung von Diskriminierung umgesetzt wurden.
Die Bundesregierung hat sich bis zum Schluß geweigert, mehr als die Minimalanforderungen der EU umzusetzen. Sie wollte kein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz schaffen, sondern hat die von den EU-Richtlinien vorgegebene Hierarchie im Schutz vor Diskriminierung übernommen. Daher beschränkt sich dieser für die sexuelle Orientierung auf die Arbeitswelt.
Wiewohl auch sonst in einigen Aspekten die Forderungen von NGOs negiert wurden, findet sich im verabschiedeten Gesetzestext doch die eine oder andere Forderung der Zivilgesellschaft wieder. So wurde auf den von ihr problematisierten Begriff der „Rasse“ verzichtet. Besonders erfreulich ist, daß das Gesetz namentlich auf den von ZARA, BIZEPS (Behindertenberatungszentrum – Zentrum für selbstbestimmtes Leben) und HOSI Wien ins Leben gerufenen „Klagsverband“ verweist, der Personen bei der gerichtlichen Geltendmachung ihres Rechts auf Nichtdiskriminierung unterstützen wird. Unter der Überschrift „Nebenintervention“ heißt es im § 62 GlBG: Der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern kann, wenn es ein/e Betroffene/r verlangt, einem Rechtsstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz als Nebenintervenient (§§ 17 bis 19 ZPO) beitreten.“
Da es für Lesben und Schwule bisher keinen Diskriminierungsschutz gegeben hat, stellt das neue Gleichbehandlungsgesetz für sie auf jeden Fall eine Novität dar. Wie wirksam der Schutz in der Praxis sein wird, wird die Zukunft weisen. Dort, wo Lesben und Schwule heute schon offen am Arbeitsplatz auftreten können, wird sich nicht viel ändern. Dort, wo Lesben und Schwule es vorziehen, ihre sexuelle Orientierung zu verstecken und ein diskriminierungsvermeidendes Verhalten an den Tag zu legen, wird sich nur dann etwas ändern, wenn sich das Bewußtsein ändert – sowohl bei den Betroffenen als auch bei ihrer Umgebung.
Ändert sich an einem ungünstigen Betriebsklima nichts merklich, werden es Betroffene auch in Hinkunft vorziehen, sich lieber zu verstecken, als zu riskieren, daß der Arbeitgeber womöglich andere Gründe für eine Nichtbeförderung oder eine Kündigung findet. Auch bisher war es ein Verstoß gegen geltendes Arbeitsrecht, jemanden zu kündigen, nur weil er schwul oder sie lesbisch ist.
Wichtig ist jetzt auf jeden Fall, daß Diskriminierungsopfer das neue Gesetz in Anspruch nehmen. Die neuen Gesetze verbieten direkte und indirekte Diskriminierung sowie Belästigung/Mobbing. Sie gelten für den privaten bzw. öffentlichen Sektor, für alle Arten der Beschäftigung, ob unselbständig oder selbständig, unbefristet oder befristet etc. Das Verbot betrifft sämtliche Arbeitsbedingungen, einschließlich Einstellung, Fortbildung, Umschulung, Beförderung, Kündigung, Entgelt usw. sowie die Stellenausschreibung. Die Gesetze sehen ferner eine Beweislasterleichterung für das Opfer vor, ebenso Schadenersatzansprüche, Rechtsschutz sowie ein Benachteiligungsverbot. Dieses bedeutet, daß Opfer, die sich etwa mittels Klage wehren, sowie ZeugInnen, die in Verfahren aussagen, vor Repressalien (etwa Entlassung) durch den beklagten Arbeitgeber geschützt sind.
Zu den nun geltenden Rechten gehören zudem sämtliche arbeitsrechtlichen Ansprüche, die ArbeitnehmerInnen bzw. deren verschiedengeschlechtlichen LebensgefährtInnen gewährt werden, z. B. die Pflegefreistellung bzw. Hospizkarenz für die Betreuung kranker bzw. sterbender LebensgefährtInnen. Auch sämtliche freiwilligen betrieblichen Sozialleistungen, die als Teil des Entgelts zu werten sind und auf die heterosexuelle LebensgefährtInnen Anspruch haben, müssen nun auch gleichgeschlechtlichen LebensgefährtInnen gewährt werden, also etwa Freifahrten, Freiflüge, Rabatte für Einkäufe im Unternehmen, freie bzw. ermäßigte Mitbenutzung betrieblicher Einrichtungen etc.
Was die gesetzlichen und freiwilligen Ansprüche betrifft, die nur für Ehegatten von Arbeitsnehmern gelten, generell aber nicht für LebensgefährtInnen, so handelt es sich hier natürlich um eine klassische indirekte Diskriminierung, die eigentlich von der EU-Richtlinie abgedeckt sein sollte. Denn eine solche Regelung diskriminiert natürlich gleichgeschlechtliche Paare, da diese ja keine Möglichkeit haben zu heiraten.