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Türkise Konvertikelbildung führt zu Dickpicgate

Veröffentlicht am 11. April 2021

Salopp-schlüpfriger SM(S)-Austausch zwischen Finanzminister Gernot Blümel und Schwanzbildsammler Thomas Schmid

Geilomobile pubertäre Jung-ÖVPler bei der Arbeit

Harald Mahrer erklärt die Mechanismen der Macht

Ein Alptraum aufrechter schwarzer Alt-ÖVPler wird gerade wahr: schwule Konvertikelbildung ausgerechnet im Umfeld des türkisen Kanzlers! Über viele Jahrzehnte hinweg haben sie die österreichische Menschheit vor dieser Gefahr gewarnt. Und jetzt tritt sie tatsächlich in türkiser Gestalt auf!

Wir erinnern uns: Als 1971 endlich das Totalverbot homosexueller Handlungen aufgehoben wurde, schuf das Parlament [auf Druck der ÖVP – vgl. meinen späteren Blog-Beitrag vom 25. Mai 2021] sicherheitshalber mit dem neuen § 221 StGB das Verbot, Homosexuellenvereine zu gründen bzw. ihnen als Mitglied anzugehören. Denn es galt die Gefahr sogenannter Konvertikelbildung unter Schwulen zu verhindern, die sich dann gegenseitig Positionen in Politik und Wirtschaft zuschanzen und über kurz oder lang als eine Art schwule Kamarilla den gesamten Staat unterwandern würden. Heute würde man das als „Seilschaften“ oder moderner als „Netzwerke“ oder ganz aktuell auf türkisisch als „Familie“ bezeichnen. Wobei diese türkise Familie eher nicht – im Sinn der schwarzen Ideologie – als brave und biedere heteronormative Kernfamilie daherkommt, sondern doch eher an eine famiglia nach Art der süditalienischen Mafia oder an einen arabischen Clan des organisierten Verbrechens in Berlin gemahnt.

Die ÖVP hat sich jahrzehntelang mit all ihrer Macht gegen die Abschaffung des § 221 gestemmt und war dann 1996 bei der Abstimmung im Nationalrat die einzige (!) Partei, die gegen die Aufhebung stimmte! Sogar die FPÖ stimmte für die Abschaffung.

Im übrigen war und ist diese Warnung vor Konvertikelbildung natürlich der übliche „Haltet den Dieb!“-Ruf und eine Projektion der ÖVP, die von sich auf andere schließt. Denn traditionell fanden Freunderlwirtschaft und Postenschacher überall dort, wo die ÖVP das Sagen hatte, im Rahmen des Österreichischen Cartellverbands (ÖCV), des Korporationsverbands farbentragender (katholischer, nichtschlagender) Studentenverbindungen, statt. Diesem gehören 50 Mitgliedsverbindungen in Österreich an. In jüngster Zeit wurde der CV mehr und mehr von der Jungen ÖVP verdrängt. Wer in jenen Gegenden und Bereichen in Österreich, wo die ÖVP regiert, etwas werden will, muss daher heutzutage eher bei der JVP andocken als beim CV (vgl. meinen Blog-Beitrag vom 30. September 2020).

Wie das mit der Macht und den Beziehungen so funktioniert, hat uns ÖVP-Multifunktionär Harald Mahrer erklärt. Er hat – gemeinsam mit Harald Katzmayr – darüber ein Buch geschrieben und sogar Vorträge gehalten. Schon der Ankündigungstext (siehe auch nebenstehendes Faksimile) dazu ist erfrischend offenherzig: Unsichtbare Netzwerke durchziehen jedes Land. Sie lassen Dinge reibungslos geschehen, Probleme verschwinden und fördern Karrieren. Sie beginnen in den Büros mit schönem Ausblick, machen Abstecher bei intimen Freundeskreisen und enden im Zentrum der Politik. Die Netzwerke der Macht bestimmen unser aller Leben. Einfluss ist nur sehr selten eine Frage des Glücks, sondern fast immer das Ergebnis der richtigen Kombination unterschiedlicher Ressourcen. Denn Macht folgt einer ganz einfachen Formel: Macht = Geld x Beziehungen.

Kompetenz und Qualifikation kommen in dieser Formel nicht vor. Irgendwie haben wir das eh schon geahnt. Danke für diese aufschlussreichen und entlarvenden Einblicke in die Welt der türkisen Leistungsträger.

 

Bekanntes Muster

Es war ja schon im Jahr 2000 ein veritabler Treppenwitz der Geschichte, dass Wolfgang Schüssel ausgerechnet von einem Mann zum Kanzler gemacht wurde, der die von Schüssels ÖVP so gefürchtete „schwule Konvertikelbildung“ zur bis dahin beispiellosen Hochblüte in Österreich gebracht hatte: von Jörg Haider (1950–2008). Die jetzige Konvertikelbildung bei den Türkisen erinnert frappant an dessen legendäre Buberlpartie. Die Verbindungen zwischen Haider und seinen Buberln waren zweifellos ziemlich homoerotisch aufgeladen, und es gab wohl auch sexuelle Beziehungen, zumindest zwischen Haider und einigen der Buberln – und wenn auch von letzteren mitunter nicht unbedingt aus eigener Veranlagung, so doch als Investition in die eigene Karriere. Die Sache war jahrelang – zum Teil ziemlich verschwitztes – Thema in den Medien, speziell nach Haiders Outing durch Jochen Herdieckerhoff (1963–2006) im Jahr 2000. Ich hatte in den LAMBDA-Nachrichten über die Jahre zehn Beiträge dazu veröffentlicht. Sie sind hier auf diesem Website nachzulesen. Eine chronologische Übersicht samt Einleitung und entsprechenden Weiterverlinkungen findet sich hier.

Es ist auffällig, wie sich die Dinge gleichen und wiederholen. Haider hat seinerzeit im Wahlkampf stets gegen den politischen Filz und die rot-schwarze Parteibuchwirtschaft gewettert. Aber was kam an deren Stelle? – Das „System Haider“: Buberlpartie und -wirtschaft. Das Parteibuch wurde durch bedingungslose Haider-Bewunderung ersetzt. Sie wurde zur Voraussetzung für eine politische Karriere. Kompetenzen waren nicht nötig. Unfassbare Beispiele waren:

Karl-Heinz Grasser – er wurde 1994 im zarten Alter von 25 Jahren von Haiders Gnaden stellvertretender Landeshauptmann von Kärnten, ohne dafür irgendwelche Qualifikationen oder Fähigkeiten mitzubringen (er wurde im Dezember 2020 zu acht Jahren Freiheitsstrafe – noch nicht rechtskräftig – verurteilt);

Gerald Mikscha – er begann als blutjunger 19-Jähriger als Haiders Privatsekretär, wich neun Jahre als Haiders „Mädchen für alles“ kaum einen Tag von dessen Seite und war u. a. auch FPÖ-Bundesgeschäftsführer (nach dem Verschwinden von Partei-Geldern ist er bis heute untergetaucht);

Franz Koloini – er folgte auf Mikscha, war damals 22; der „schöne Franz“ hatte als Kellnerlehrling im Casino Velden und auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet; bestens qualifiziert und geeignet also, um von Haider zum Protollchef der Kärntner Landesregierung gemacht zu werden (auch Koloini hatte mehrere Gerichtsverfahren am Hals und wurde einmal verurteilt);

Stefan Petzner – Haiders Zweitwitwe wurde 2017 in der sogenannten Broschüren-Affäre zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt.

 

Déjà-vu

Wie seinerzeit Haider täuschte auch Sebastian Kurz die WählerInnen mit seinem Wahlkampf-Gerede von einem „neuen Stil“. Das „System Kurz“ hat sich ebenfalls als reine Freunderlwirtschaft entpuppt, allerdings einer Polit-Sekte, deren Mitglieder ihrem Guru bedingungslose Treue entgegenbringen (müssen). Diese sektoide Facette ist das einzig Neuartige an der neuen Kurz-ÖVP.

Um für Nichtmitglieder dieser Sekte nachvollziehbar zu machen, wie sie funktioniert, empfehle ich den Artikel über die Kurz-Fanboys in das biber vom 30. Mai 2017. Einer der drei darin Porträtierten, Ömer Özcan, wechselte dann ein paar Monate später enttäuscht zu den NEOS (vgl. biber vom 11. Oktober 2017). Ein zweiter, Muamer Bećirović, hat die Person und den Charakter Kurz’ inzwischen durchschaut und ist ausgetreten. Im Standard vom 9. September 2020 hat er eine ernüchternde Analyse über sein ehemaliges Idol verfasst.

Es ist frappierend, wie manche Protagonisten der Kurz-Clique geradezu als epigonenhafte Wiedergänger aus der Haider-Partie erscheinen. Finanzminister Gernot Blümel erinnert total an den jungen Karl-Heinz Grasser, der später ebenfalls Finanzminister wurde (es gilt die Unschuldsvermutung!). Wiewohl Blümel von Alfons Haider gelobt wurde und Gery Keszler sogar von Blümels Arsch geschwärmt hat (vgl. meinen Blog-Beitrag vom 2. März 2020), muss man die vielen Gerüchte über eine mögliche sexuelle Beziehung zwischen Blümel und Kurz nicht glauben. Es wäre aber auch völlig unerheblich.

Kurz hat die Gerüchte im Wahlkampf 2019 selbst angesprochen und dementiert – ein entsprechender Video-Ausschnitt von einer Veranstaltung am 29. Juni 2019 findet sich auf YouTube (man lese auch die Kommentare unter dem Video). Es wäre höchst merkwürdig und kontraproduktiv, 2019 über die eigene sexuelle Orientierung derart offensiv zu lügen. Das wäre wohl heute politischer Selbstmord – aber nicht wegen der Homosexualität, sondern wegen Feigheit und wegen Belügens der Bevölkerung. Es wäre in der Tat dumm zu denken, man könne die Öffentlichkeit heute immer noch hinters Licht führen.

Allerdings fragt man sich schon, welche Art von Beziehung Kurz mit Susanne Thier verbindet. Andererseits: Eigentlich will man auch das gar nicht wirklich wissen. Und es ist im Prinzip ebenfalls völlig wurscht. Ehrlich und authentisch wirkt das Ganze jedenfalls nicht.

 

Wäre keine Sensation

Offen homosexuelle Regierungschefs sind längst keine Sensation mehr. Der bzw. die erste war 2009 die isländische Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurðardóttir (vgl. LN 2/2009, S. 28). Es folgte 2011 Elio Di Rupo als belgischer Premier (vgl. LN 5/2011, S. 30 f). In Luxemburg führten von 2013 bis 2020 mit Xavier Bettel als Premier und Étienne Schneider als Vizepremier sogar gleich zwei offen Schwule die Regierungsgeschäfte. Bettel ist bis heute Regierungschef. In Irland war Leo Varadkar von 2017 bis 2020 an Taoiseach, derzeit ist er Vizepremier in der Koalitionsregierung, Ende 2022 soll er wieder ins Amt des Ministerpräsidenten hineinrotieren. Varadkar ist übrigens das beste Beispiel dafür, dass ein offen schwuler Politiker nicht automatisch ein guter Politiker ist (vgl. hier). Und ebenfalls seit Juni 2017 hat Serbien mit Ana Brnabić eine offen lesbische Premierministerin. Deutschland wiederum hatte mit Guido Westerwelle (1961–2016) von 2009 bis 2011 einen offen schwulen Vizekanzler. Kurz müsste sich wohl auch in Österreich nicht fürchten, sich zu outen, falls er schwul wäre.

 

2500 Schwanzbilder

Offensichtlich schwul ist Kurz-Intimus Thomas Schmid („Ich liebe meinen Kanzler“), ehemaliger Generaldirektor im Finanzministerium unter Blümel („Devote Liebe kann auch nett sein“) und jetzt ÖBAG-Alleinvorstand von eigenen Gnaden (und der Blümels „Devote-Liebe“-SMS mit „neue Erfahrung“ quittierte). Auf Schmids Diensthandy fand die Korruptionsstaatsanwaltschaft, wie Rudolf Fußi am 9. April 2021 twitterte, im Zuge ihrer Ermittlungen 2500 Penisfotos, was nicht unbedingt für eine gefestigte heterosexuelle Orientierung spricht.

Wofür es keine echte Parallele zum System Haider gibt, ist der Umstand, dass Haider es selbst errichtete und als älterer Pate und Förderer seiner Buberln agierte. Das System Kurz hingegen hatte mit Michael Spindelegger einen anderen, frühen Mentor und entwickelte sich aus den von ihm protegierten Freundeskreis, wobei Die Presse dabei auch von einem „System Spindelegger“ sprach, als sie am 7. Dezember 2013 „Michael Spindeleggers junge Sekretäre“ porträtierte. „Spindelegger pflanzte jene Samen, die nun zur blühenden Landschaft ÖVP wurden“, schrieb der Standard am 2. April 2021, was hoffentlich sarkastisch gemeint ist.

Einer, der ebenfalls zu diesen jungen Sekretären zählte, im Presse-Artikel jedoch fehlt, ist Schwanzbild- und Aufsichtsratssammler Thomas Schmid, der auch durch mutmaßlichen Kokain-Konsum auffällig wurde (profil vom 5. Juni 2020). Das Verfahren wurde inzwischen eingestellt. 2013 war Schmid Kabinettschef von Spindelegger, damals Vizekanzler und Finanzminister, geworden. Ein ausführliches Sittenbild der „Ballhausplatz-Boys“ zeichnet die Zeit vom 8. April 2021 nach.

Vermutlich gab es schon damals eine zumindest latente homoerotische Komponente in diesen Verbindungen. Über Spindelegger gibt es indes wenige Gerüchte, aber war da nicht etwas mit einem bulgarischen Masseur? Dass er im August 2014 völlig überraschend und überhastet als ÖVP-Obmann und Vizekanzler zurücktrat und danach das Land fast fluchtartig Richtung Luxemburg verließ, finde ich bis heute jedenfalls bemerkenswert.

 

Trauriges ÖVP-Sittenbild

Es gibt also einen neuen Treppenwitz der Geschichte: Die homophobeste Partei des Landes, die ÖVP, wird von einer schwulen bzw. homoerotisch angehauchten und kindisch-pubertären Wichserclique geführt und kontrolliert. Wobei man (Achtung: Ironie!) zu ihrer Ehre sagen muss, dass ihre schwule Solidarität keineswegs grenzen- und bedingungslos ist, also noch Hoffnung besteht, dass der Alptraum der schwarzen ÖVPler nicht komplett wahr wird. So wurde etwa Clemens Auer von Kurz auf offener Bühne demontiert.

Als jemand, der mehr als 40 Jahre gegen die Homophobie der ÖVP gekämpft hat, gönne ich es dieser Partei, in diesem halbseidenen Sumpf gelandet zu sein. Ich gönne es Typen wie Andreas Khol, Wolfgang Schüssel und Gudrun Kugler aus tiefstem Herzen. So viel beten können die gar nicht mehr, als dass dieser Schaden wieder gutzumachen wäre. Ein Schaden, der nicht zuletzt durch die verlogene Heuchelei und Bigotterie der Partei entstanden ist. Ein entkrampfterer Umgang mit dem Thema Homosexualität in der Partei, durch den auch offen Schwule und Lesben eine Chance gehabt hätten, hätte diese Entwicklung wohl verhindert.

Niemand aus dieser Kurz-Partie hat daher schwule Solidarität aus der Community oder der Bewegung verdient. Die diesbezüglichen Beschwörungen und Appelle als Reaktion auf Fußis Tweet dürfen getrost als Zumutung zurückgewiesen werden.

Natürlich sollen und müssen solche Typen und Machenschaften geoutet werden. Auch wenn ein solches Outing schmerzt, wie schon seinerzeit bei Jörg Haider, der ebenfalls keine positive Identifikationsfigur war, wie ich schon in meinem Kommentar in den LN 2/2000 ausführte. Aber die Wahrheit ist den Menschen zumutbar: Nicht alle Schwulen sind automatisch sympathische Zeitgenossen. Schwule Solidarität heißt daher nicht, auch jeden schwulen Ungustl zu verteidigen.