Dreiste Schiebung beim Song Contest in Malmö
Der Sieg der Schweiz beim 68. Eurovision Song Contest (ESC) in Malmö riecht sehr streng nach Schiebung. Zu dieser Ansicht muss man leider gelangen, sieht man sich die Detailergebnisse bei den Jury- und Publikumswertungen genauer an.
Aus den beiden Halbfinalen, bei denen es nur Publikums-, aber keine Jurywertungen gab, hatte sich ein kleiner Favoritenkreis herauskristallisiert:
Das erste Halbfinale gewann Kroatien mit 177 Punkten (8x die Höchstnote 12 bei 18 möglichen Wertungen) vor der Ukraine (173 Punkte, davon 5x 12 Punkte); weit abgeschlagen landete Irland mit 124 Punkten (ohne Höchstpunkte) auf dem dritten Platz.
Das zweite Halbfinale gewann Israel mit 194 Punkten (10x die Höchstnote 12 bei 19 möglichen Wertungen) vor den Niederlanden (182 Punkte, davon 4x 12 Punkte) und Armenien (127 Punkte, davon 2x die Höchstpunktezahl). Die Schweiz landete mit 132 Punkten (nur einmal 12 Punkte) auf dem vierten Platz.
Panik
Spätestens nach dem Sieg Israels im zweiten Halbfinale brach bei den Veranstaltern wohl die schiere Panik aus, lag doch ein Sieg Israels im Finale trotz – oder vielleicht gerade wegen – der aggressiven Kritik an seiner Teilnahme nun durchaus im Bereich des Möglichen. Ein wahrer Alptraum.
Einerseits für die schwedischen Gastgeber, die für diesen Fall schwere Krawalle und Ausschreitungen in der Stadt fürchten mussten – womöglich würde ein anti-israelischer Mob Malmö in Schutt und Asche legen.
Andererseits für die EBU, die European Broadcasting Union als Veranstalterin des europäischen Wettsingens. Eine Ausrichtung des ESC nächstes Jahr in Israel, wie dies die Spielregeln vorsehen, wäre nicht nur eine echte Zerreißprobe, sondern möglicherweise der Todesstoß für den ESC. Denn etliche Länder bzw. Rundfunkanstalten würden sich wohl weigern, 2025 in Israel teilzunehmen. Einige hatten schon dieses Jahr große Probleme, gemeinsam mit Israel anzutreten.
In diesem Zusammenhang meint der deutsche ESC-Experte Jan Feddersen in der Berliner taz: Es gehört zu den größten Leistungen der EBU, dem internationalen, wohl orchestrierten Druck auf das Festival, Israel gar nicht erst anreisen zu lassen oder es aus dem Wettbewerb zu werfen, nicht stattgegeben zu haben. Das unterscheidet diese Institution von vielen anderen Kultureinrichtungen, nicht nur in Schweden und Europa.
Gerade in den nordischen Staaten gab es große Kampagnen, Israel vom ESC auszuschließen bzw. den ESC in Malmö zu boykottieren, sollte Israel nicht rausfliegen. In Island etwa wurde der nationale TV-Sender RÚV in einer Petition aufgefordert, den ESC zu boykottieren, sollte Israel die Teilnahme nicht untersagt werden. (Island wurde dann als Letztplatzierter nach dem ersten Halbfinale aber ohnehin gleich wieder heimgeschickt und kam dadurch gar nicht in die Verlegenheit, im Finale gegen Israel antreten zu müssen.) In Schweden unterschrieben mehr als tausend Künstler einen Aufruf, Israel vom ESC auszuschließen, ebenso in Finnland. Letztlich haben aber doch alle Länder mitgemacht.
Noch vor dem Finale malten zahlreiche Zeitungskommentatoren in Skandinavien das Schreckgespenst eines möglichen israelischen Siegs in den negativsten Farben an die Wand. Wobei andere wiederum besonnen meinten, auch dafür werde man dann gegebenenfalls eine Lösung finden.
Bei der EBU und ihren angeschlossenen TV-Anstalten wollte man offenbar doch lieber auf Nummer sicher gehen. Und so wurde wohl – ganz subtil und diskret – die Parole ausgegeben, Israels Sieg mit allen Mitteln zu verhindern. Dies ist natürlich nur durch Manipulation beim Jury-Voting möglich, denn aufs Publikumsvoting hat man keinen Einfluss. Beim Jury-Voting galt es daher einerseits, möglichst keine Punkte an Israel zu vergeben, und andererseits sich bei der Punktevergabe an Israels Mitfavoriten – Kroatien, Niederlande, Ukraine und auch die Schweiz, die inzwischen selbst bei den Wettquoten maximal auf dem dritten Platz lag – nicht zu verzetteln, was ja erst recht wieder die Chancen Israels erhöhen würde.
Jeder, der schon einmal in einem Verein bei der Wahl eines Vorstands oder in einer Partei bei der Wahl eines Listenplatzes dabei war, weiß, wie das geht: Um einen missliebigen, aber potentiell erfolgreichen Kandidaten zu verhindern, gilt es, eine wählbare Alternative zu präsentieren, auf die sich die meisten einigen können. Und sie muss natürlich als Kompromiss – hinter den Kulissen und informell – ins Gespräch gebracht werden.
Die Niederlande waren mittlerweile disqualifiziert worden, die Ukraine sollte wohl nicht schon wieder gewinnen. Eigentlich lag es nahe, bei diesem Manöver auf den Topfavoriten Kroatien zu setzen und ihn zu pushen – warum das nicht passierte, darüber kann ich nur spekulieren. Ich hege den Verdacht, dass das kroatische Fernsehen signalisiert hat, diesen sehr teuren Kelch – Ausrichtung des ESC im nächsten Jahr – gerne an sich vorübergehen lassen zu wollen.
Und so lag als eine für die meisten annehmbare Alternative die neutrale Schweiz nahe, die zudem im Vorfeld keinen Hehl daraus gemacht hatte, 2025 unbedingt den nächsten ESC ausrichten zu wollen. Und mit Nemo sang noch dazu eine „nichtbinäre“ Person, da konnte man zugleich ein wokes Statement setzen: Eine „nichtbinäre“ Person gewinnt den Song Contest – was für ein Fortschritt und Meilenstein für die gesamte Menschheit! Eine Win-win-win-win-Situation quasi.
Klarer Fall von Schiebung
Jedenfalls zeigen die Detailergebnisse des Finales diese Manipulation in aller Deutlichkeit: Die Schweiz bekam von den nationalen Jurys 22mal (!) die Höchstnote (12 Punkte) bei 36 möglichen Wertungen – vom Publikums gab’s hingegen nur einmal 12 Punkte (beim Publikum gab es 37 mögliche Wertungen, weil die Anrufe aus dem Rest der Welt als eine weitere Wertung gezählt werden).
Nemos Lied war sicherlich eines der fünf besten, aber es fällt doch äußerst schwer, zu glauben oder gar zu erklären, dass dieser fulminante 12-Punkte-Regen (22x!) nicht „abgesprochen“ war und tatsächlich mit der Qualität des Liedes zu tun hat. Eine derartige „Einhelligkeit“ ist nicht plausibel und hat es beim ESC noch nie gegeben. Selbst Loreen hatte im Vorjahr nur 15mal die Höchstnote von den Jurys bekommen.
Ja, es ist zwar nicht das erste Mal, dass durch die Jury-Wertung der Publikumssieger letztlich nicht gewinnt, wie eben im Vorjahr, als Käärijä aus Finnland das Televoting gewann, Loreen aber aufgrund der Jury-Wertungen Gesamtsiegerin wurde. Sie war aber immerhin zweite im Televoting, während Nemo beim Publikum bloß auf Platz 5 – also eigentlich schon unter ferner liefen – landete.
Und es kam ebenfalls umgekehrt schon öfter vor, dass dem Jury-Gewinner durch den Publikums-Gewinner der Gesamtsieg streitig gemacht wurde – eine leidvolle Erfahrung, die u. a. Cesár Sampson 2018 in Lissabon machen mussten. Aber derartig riesige Diskrepanzen wie heuer klafften noch nie zwischen den Jury- und den Publikumswertungen. Und das ist sicherlich kein Zufall, sondern deutet eher auf ein abgekartetes Spiel hin.
Diese Manipulation zeigt sich am deutlichsten bei der Punktevergabe an Israel: Während das Publikum Israel auf den zweiten Platz wählte (15x 12 Punkte; kein anderes Land bekam so oft die Höchstnote), war es der Jury nur für den 12. Platz gut genug, wobei Israel überhaupt nur von elf Jurys Punkte bekam, nämlich aus Belgien, Deutschland, Estland, Frankreich, Georgien, Lettland, Litauen, Malta, Moldau, Norwegen und Zypern!
Gerade die Jurys aus jenen Staaten, die schon im Vorfeld als besonders israelfeindlich aufgefallen waren, wussten wohl ohne zusätzliche Anweisung, was von ihnen erwartet wurde. Und sie haben diese Erwartungen offensichtlich erfüllt. Belgien (5 Punkte) und vor allem Norwegen (8 Punkte) waren hier überraschende Ausnahmen.
Die enorme Gesamtpunktedifferenz zwischen Jury und Publikum (271 Punkte) für Israel ist, wie gesagt, historisch – das gab es noch nie!
Parteiische Jurys – null Punkte aus Österreich für Israel
Die Aufgabe der Jurys ist einzig und allein, die Lieder zu bewerten – und nicht ihre persönliche Meinung zur politischen Lage im Nahen Osten zum Ausdruck zu bringen oder sich um den nächsten Veranstaltungsort den Kopf zu zerbrechen. Und hier haben die Jurys eindeutig versagt.
Meine These, dass die Jurys auch Nemos Top-Konkurrenten gezielt nicht zu üppig mit Punkten bedachten, um dessen Sieg nicht zu gefährden, lässt sich anhand der relevanten Punktevergaben untermauern: Publikums-Gewinner Kroatien (9x 12 Punkte) wurde von den Jurys nur auf den dritten Platz gewählt, wobei sechs Jurys nicht einmal einen einzigen Punkt vergaben! Kroatien musste sich mit dem 2. Platz zufriedengeben. Und die vom Publikum auf Platz 3 gewählte Ukraine (7x 12 Punkte), wurde von der Jury nur auf Platz 5 gesetzt, wobei acht Jurys jeglichen Punkt versagten; aber dennoch insgesamt Platz 3.
Da Frankreich in keinem Halbfinale antreten musste und daher erst im Finale bewertet wurde, war Slimanes Abschneiden nicht so gut voraussagbar. Bei ihm waren sich Jurys und Publikum indes ziemlich einig: nur neun Punkte Diskrepanz, also sehr ausgewogen. Insgesamt Platz 4.
Mon amour war übrigens auch mein Favorit. Ich fand auch den britischen Ohrwurm nicht so schlecht, wäre da nicht diese urpeinliche Show gewesen…
Und die österreichische Jury? Sie hat die „Vorgaben“ brav eingehalten: 12 Punkte für die Schweiz, null (!) für Israel, nur 6 für die Ukraine, immerhin 8 für Kroatien, aber sogar einen für Norwegen (wurde letzter) und 4 für Spanien, das auf dem viertletzten Platz landete. Also wirklich – geht’s noch!? Das ist in der Tat sehr unprofessionell und eine Schande. Hier die Namen dieser offenkundig voreingenommenen und inkompetenten Jury-Mitglieder: Es handelte sich um die Sängerinnen Anna-Sophie und Pia Maria, die Musikmanagerin Annemarie Treiber, den Radiomoderator Philipp Emberger und den Musiker Simon Lewis.
Ohne diese offensichtlichen Macheloikes hätte sicher Kroatien vor Israel gewonnen.
Jedenfalls, und das ist sehr tröstlich, hat die überwältigende Unterstützung für Eden Golan beim Televoting – „eine Volksabstimmung pro Israel“ – gezeigt, dass die Anti-Israel-Proteste nicht mehrheitsfähig sind, wie Jan Feddersen in der taz resümiert. Auch wenn Israel nur auf dem 5. Platz landete, war es dennoch ein großer Sieg für das Land. Golan hat eine unglaublich starke Leistung hingelegt, die umso bewundernswerter ist, bedenkt man das widrige Umfeld: die Proteste, die offenen Anfeindungen der Konkurrenten und Mitbewerberinnen (das muss die EBU noch aufarbeiten und sich dazu etwas überlegen!) sowie die Buhrufe in der Halle, die allerdings im Beifall und Jubel untergingen, was ich beim zweiten Semifinale selber live miterleben konnte.
Die Unterstützung Israels war übrigens meine einzige Motivation, wieder zum ESC zu fahren, hatte ich doch mit der „Live“-Teilnahme 2019 abgeschlossen (siehe hier). Als ich eine Woche vor dem ESC erfuhr, dass es noch Karten für das 2. Semifinale zu kaufen gab, entschloss ich mich spontan, nach Malmö zu fahren (siehe hier).
Alle Detailergebnisse finden sich in übersichtlichen Tabellen auf Wikipedia.
„Nonbinär“ als Masche
Noch eine Anmerkung zum Hype um Nemos „Nichtbinärsein“. Das scheint ein Marketing-Schmäh zu sein. Dazu gibt es ein ausgezeichnetes Video auf YouTube (auf englisch) von The Offensive Tranny Marcus Dib, einem dänischen Trans-Mann.
Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Land mit einem derartigen Gag versucht, Extra-Punkte einzuheimsen. Mich erinnert das an das Duo t.A.T.u. (Тату), das sich 2003 in Riga als lesbisches Paar inszenierte und damit für Russland den dritten Platz erreichte. Diese Nummer war ein Fake, wie sich später herausstellte. Mein Gott – wo sind die Zeiten, da Putin und Russland in diesen Fragen noch etwas entspannter waren!?
Auf jeden Fall ist non-binär reaktionär, wie Chantal Louis in diesem Zusammenhang in der EMMA überzeugend darlegt. Es steht indes zu befürchten, dass 2025 mit weiteren „non-binären“ und satanistischen Acts zu rechnen ist, weil vermeintliche Erfolgsmaschen immer ungeniert – und manchmal sogar erfolgreich – plagiiert werden; Loreen hat bekanntlich sogar zweimal mit dem gleichen Lied gewonnen. Und heuer hat ja Kroatien eine Neufassung des finnischen Beitrags vom Vorjahr geboten, weshalb ich finde, Marko Purišić alias Baby Lasagna hätte den ihm von den Jurys gestohlenen Sieg eh nicht wirklich verdient. Die diesjährige ESC-Freakshow lässt sich sicherlich im nächsten Jahr noch toppen.