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Operettenstadl

Erschienen am 4. März 2011

Vadim Garbuzov und Alfons Haider tanzten als erstes Männerpaar bei „Dancing Stars" und erregten damit Niki Lauda.

Es war wieder eine lustige Operette, die da wochenlang auf der Bühne des Landes gegeben wurde. Und jede/r spielte brav die ihm/ihr zugedachte Rolle in diesem Stück, damit es für alle ein voller Erfolg werde. Und ein solcher wurde es letztlich!

Niki Lauda, neben Günther „Gunkl“ Paal Österreichs einziger „Experte für eh alles“, empörte sich nach einer zehntägigen Schrecksekunde rechtschaffen darüber, dass ALFONS HAIDER bei Dancing Stars mit einem Mann tanzen würde und warf ihm und dem ORF darob Quotengeilheit vor. Ein Schelm, wer dabei sofort „Projektion“ denkt, aber natürlich ging es Lauda um seine eigene Quote an der öffentlichen Aufmerksamkeit, hatte er doch erst jüngst sein rotes Werbekapperl gegen ein blaues einer anderen Firma gewechselt. Dass er hier sein eigenes Verhalten und seine eigenen Absichten auf andere projiziert, ist offensichtlich – um das zu durchschauen, muss man nicht Psychologie studiert haben.

Später wurde kolportiert, Lauda habe die Kritik bloß am Rande eines Skirennens in einer privaten Bemerkung gegenüber ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz getätigt. Wolfgang Fellner sei zufällig daneben gestanden und hätte sie mitgehört und daraus ein Interview gemacht. Auch das zu glauben ist man sofort geneigt, es wäre ja nicht das erste Mal, dass in der Fellner-Presse ein nie geführtes Interview erschiene.

Jedenfalls war die Sache danach ein Selbstläufer. Prominente wurden um ihre Meinung gefragt, und viele, von denen man – anders als von Dagmar Koller – erwartet hätte, sie würden so klug sein, mit ihren zustimmenden Haltungen zu Laudas Aussage zumindest öffentlich hinterm Berg zu halten, sprachen ohne Not homophobes Zeug in die Mikrophone. Den Vogel dabei schoss einmal mehr die selbsternannte Schwulenikone Dagmar Koller ab, die ein tanzendes Männerpaar als „unappetitlich“ bezeichnete. Nun gut – von ihr weiß man ja, zumindest in Österreich, inzwischen, dass sie ihre Dummchen-Rolle nicht nur spielt, sondern dabei höchst authentisch ist. In Deutschland ist das ja noch anders: Dort teilt sie das Schicksal Karl-Heinz Grassers und wird immer noch als seriöse Diskutantin zu Talk-Shows eingeladen, während die beiden hierzulande in den einschlägigen Sendeformaten ja nur mehr als Freaks zur Publikumsbelustigung besetzt werden.

Und auch die HOSI Wien war gezwungen, ihre Rolle zu spielen. Und man glaube mir: höchst widerwillig! „Geh’ bitte!“, rollten wir seufzend die Augen, quälten uns aber dennoch pflichtschuldig eine Medienaussendung raus (vgl. Bericht auf S. 20). Aber die Mühe sollte sich – wider Erwarten – diesmal wirklich auszahlen: Auch wir bekamen dadurch weltweite Aufmerksamkeit – nicht zuletzt für den Regenbogenball. Was will man mehr?!

Ja, und so hatten letztendlich alle etwas davon: Unglaubliche PR für Niki Lauda, Alfons Haider, den ORF, ÖSTERREICH und die HOSI Wien bzw. den Regenbogenball. Ein echtes Lehrbeispiel wie aus einem Lehrbuch für erfolgreiche Public Relations. Und auch ein Nebeneffekt sollte nicht unterschätzt werden: Viele Beteiligte – inklusive Wolfgang Fellner – haben sich mit ihren innersten, echten Haltungen zur Homosexualität, die unter der möglicherweise nur politisch korrekt zurechtpolierten Oberfläche verborgen waren, geoutet.

Ein paar Tage später wollte ein gewisser Gottfried Waldhäusl, seines Zeichens FPÖ-Klubobmann im Landtag zu St. Pölten, offenbar mit derselben Masche öffentliche Aufmerksamkeit erheischen, indem er mit einem „Schwuchtel“-Sager provozierte. Aber in diesem Fall streikten nicht nur wir – keine zusätzliche PR für solche Leute, indem man sie tatsächlich ernst nimmt und darauf einsteigt: Auch sonst hielt sich die massenmediale Aufregung in Grenzen (na ja, man ist ja auch abgestumpft, was die FPÖ betrifft!). Jedenfalls war das ein ziemlicher Rohrkrepierer im Vergleich zu Lauda.

Que(e)rschuss LN 1/2011

Nachträgliche Anmerkung

Das Spannende daran, Texte über Jahre zurückliegende Ereignisse wieder zu lesen, ist ja, dass man mitunter über Dinge und ProtagonistInnen stolpert, die man längst vergessen hat, die aber einen aktuellen Gegenwartsbezug haben. In dieser Kolumne kommt etwa Gottfried Scheißhäusl Waldhäusl vor, damals nur FPÖ-Klubobmann in NÖ, heute auch – umstrittenes – Mitglied der Landesregierung (Stichwort Flüchtlingsunterkunft Drasenhofen). 2011 fiel er „bloß“ durch eine homophobe Äußerung negativ auf.