Europa-Parlament: Sozialdemokraten verhindern Resolution über Menschenrechte von Lesben und Schwulen
Am 15. Juli 1998 scheiterten im Europäischen Parlament drei Anträge für Dringlichkeitsresolutionen über Menschenrechte von Lesben und Schwulen in Rumänien und anderen europäischen Staaten – die sozialdemokratische Fraktion stimmte gemeinsam mit der Europäischen Volkspartei dafür, diese Anträge nicht auf die Tagesordnung für die Dringlichkeitsdebatte am 16. Juli zu setzen. Damit wurde eine neuerliche Verurteilung Österreichs durch das EP wegen § 209 nur einen Tag vor der Abstimmung im Nationalrat verhindert [vgl. Bericht auf S. 7 ff].
Wie bereits in den LN 3/1998 (S. 14 ff) berichtet, hat die HOSI Wien via ILGA-Europa schon in der Sitzung der EP-Intergruppe für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben am 17. Juni einen Resolutionsentwurf für den Fall eingebracht, daß der Nationalrat im Juli § 209 StGB wieder nicht aufheben sollte (damals war noch der 7. Juli fix). Österreich sollte abermals aufgefordert werden, dies schleunigst zu tun, immerhin hat das Europäische Parlament Österreich ja bereits zuvor zweimal wegen § 209 „verurteilt“ (und zwar in den Entschließungen A4-0122/97 vom 8. April 1997, vgl. LN 3/1997, S. 10 ff, und A4-0034/98 vom 17. Februar 1998, vgl. LN 2/1998, S. 13 ff).
Als dann das Strafrechtsänderungsgesetz von der Tagesordnung des Nationalrats genommen wurde, schien die Sache hinfällig. Als jedoch am 30. Juni 1998 auch die rumänische Abgeordnetenkammer eine Regierungsvorlage zur Reform der antihomosexuellen Bestimmungen des § 200 rumän. StGB abgelehnt hatte, war erneut ein Anlaß gegeben, um auch im EP das Thema wieder aufzugreifen, das ebenfalls bereits zuvor Rumänien aufgefordert hatte, seine lesben- und schwulendiskriminierenden Bestimmungen zu beseitigen.
Wie ebenfalls in den LN 3/1998 berichtet, hat Friedhelm Frischenschlager, LiF-Abgeordneter im EP, am 3. Juli erklärt, er werde eine entsprechende Dringlichkeitsanfrage in der letzten Sitzung des EP vor der Sommerpause, nämlich in der Woche vom 13. bis 17. Juli, einbringen. Diese Idee hatten auch andere Fraktionen, und so bereiteten auch die Grünen im EP, die in der ersten Juliwoche eine Klubklausur in Salzburg abhielten, sowie die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (KVEL/NGL) entsprechende Anträge vor. Der Autor dieser Zeilen war als Vorsitzender der ILGA-Europa in die Formulierungen aller drei Resolutionsentwürfe eingebunden. Tenor der Anträge: Die Beitrittsländer müssen ihre diskriminierenden Gesetze als Vorbedingung für einen EU-Beitritt abschaffen. Um dabei glaubwürdig zu sein, müßten alle Mitgliedsstaaten mit derartigen Gesetzen, Österreich inklusive, diese ebenfalls abschaffen.
Als flankierende Maßnahme schickte ILGA-Europa noch ein Fax an die EP-Vizepräsidentin Magdalena Hoff (SPD) und bat um Unterstützung der Anträge durch die sozialdemokratische Fraktion (SPE). Hoff hatte sich durch ihre Grußbotschaft an die Regenbogenparade in Wien (vgl. LN 3/1998, S. 10) als detailreiche Kennerin der Beschlußlage in Sachen lesbischwule Menschenrechte zu erkennen gegeben. Aber offenbar setzte sie sich in dieser Angelegenheit nicht für diese ein.
Am Morgen des 15. Juli wurde im EP dann darüber abgestimmt, ob diese Anträge überhaupt auf die Tagesordnung der Dringlichkeitssitzung am 16. Juli kommen sollten oder nicht. Eine große Mehrheit aus sozialdemokratischen und konservativen Abgeordneten (255) lehnten dies jedoch ab, darunter nicht nur die sieben ÖVP-Abgeordneten, sondern auch Maria Berger, Harald Ettl, Hilde Hawlicek und Hannes Swoboda von der SPÖ. 78 Abgeordnete stimmten dafür, 16 enthielten sich. Die drei Fraktionen, die die Anträge eingebracht haben – die Liberalen (LIBE), KVEL/NGL und Grüne – zählen ja auch im EP zu den kleineren.
Ilona Graenitz stimmte als einzige SPÖ-Abgeordnete dafür, die Resolutionen in der Dringlichkeitssitzung zu behandeln, ihr SPÖ-Kollege Herbert Bösch enthielt sich. Von der FPÖ waren nur drei Abgeordnete anwesend, Gerhard Hager und Klaus Lukas stimmten dagegen, Johann Kronberger enthielt sich. Johannes Voggenhuber und Friedhelm Frischenschlager stimmten natürlich für die Anträge.
Skandalöses Abstimmungsverhalten
Das skandalöse Abstimmungsverhalten der sozialdemokratischen Fraktion (SPE) – von der christdemokratischen Fraktion (EVP-CD) hatte man ohnehin nichts anderes erwartet (obwohl ein italienischer und zwei niederländische Abgeordnete dafür stimmten) – konnte nicht kritiklos hingenommen werden. Der Autor dieser Zeilen, der sich an diesem Tag im EP in Straßburg aufhielt, weil am Nachmittag wieder die Intergruppe tagte, in der er die ILGA-Europa vertrat, formulierte sofort eine Presseerklärung für die HOSI Wien, die noch am selben Vormittag über die Austria-Presse-Agentur verbreitet wurde. Das Büro der finnischen Abgeordneten und Intergruppen-Präsidentin Outi Ojala (KVEL/NGL) stellte die Infrastruktur hiefür (Computer, Internet, Telefon) zur Verfügung.
Maria Berger rief den Autor dieser Zeilen noch am Vormittag, kaum daß sie die HOSI-Aussendung gelesen hatte, in Ojalas Büro an und ließ ihre Rechtfertigungstiraden los. Später richteten Berger und SPÖ-Delegationsleiter Swoboda einen offenen Brief an die HOSI Wien, in dem es unter anderem hieß:
Mit großem Befremden registrierten wir heute die unsachliche und polemische Reaktion der Homosexuellen Initiative auf die Nicht-Aufnahme einer Dringlichkeit über die Rechte der Homosexuellen auf die Tagesordnung des Europäischen Parlaments.
Wir stellen hiermit noch einmal klar, daß das Instrument der Dringlichkeiten dazu dient, auf akute außenpolitische und humanitäre Krisenfälle zu reagieren. Eine Behandlung von Homosexuellenrechten wäre völlig verfehlt gewesen. Selbst wenn unser gemeinsames Anliegen auf die Tagesordnung gekommen wäre, hätte das Europäische Parlament keine Resolution in unserem Sinne abgeben können. Eine Aufnahme in die Tagesordnung hätte bedeutet, Homosexuellenrechte durch Scheingefechte auf Nebenschauplätzen zu verspielen.
Ein solches Instrument für die Rechte der Homosexuellen ist der europäische Menschenrechtsbericht, in dem die verschiedenen Schutzalter für Homo- und Heterosexuelle in Österreich angeprangert werden.
Wir haben uns persönlich dafür eingesetzt, daß diese Kritik an der österreichischen Gesetzgebung in den Bericht aufgenommen wird. Dafür haben wir harsche Kritik der ÖVP, der FPÖ und der österreichischen Medien eingesteckt.
Offene Briefe
Natürlich konnte die HOSI Wien diese schwache Argumentation, mit der die SPÖ einmal mehr gezeigt hat, daß für sie – im Gegensatz zu anderen Parteien – der Einsatz für schwul/lesbische Menschenrechte nicht eine Frage des konsequenten „Immer und überall“, sondern eine Frage der Opportunität, von passender und unpassender Gelegenheit ist, nicht unwidersprochen lassen. Der Autor dieser Zeilen antwortete den beiden EP-Abgeordneten (auszugsweise):
Ich nehme Ihre Einschätzung, wozu das Instrument der Dringlichkeitsanfragen im Europa-Parlament dient und wozu nicht, zur Kenntnis, teile sie aber keineswegs. Und in dieser meiner Einschätzung befinde ich mich in guter Gesellschaft, nämlich in jener der drei Fraktionen, die Resolutionsentwürfe eingebracht haben, nämlich die Liberalen, die Grünen und die Vereinigte Europäische Linke. Außerdem haben etliche SP-Abgeordnete für die Resolutionen gestimmt, etwa auch Ilona Graenitz oder Hedy d’Ancona, die Vorsitzende des Ausschusses für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten. Und Pauline Green, die Vorsitzende der PSE, hat sich immerhin der Stimme enthalten.
Offenbar teilen auch Abgeordnete Ihrer Fraktion keineswegs die Auffassung, Dringlichkeitsresolutionen seien „Scheingefechte auf Nebenschauplätzen“ oder „Sandkastenspiele“.
Im übrigen wäre die Annahme der Resolution, wäre sie einmal auf der Tagesordnung gewesen, ja auch wieder nur vom Abstimmungsverhalten der PSE abhängig gewesen. Ihre Prognose, die Resolution wäre zum Scheitern verurteilt gewesen, stellt daher Ihrer Fraktion kein gutes Zeugnis aus.
Auch Ihr Argument, die Rechte von Lesben und Schwulen würden besser im Ausschuß für Grundfreiheiten diskutiert, der den jährlichen Menschenrechtsbericht erstellt, stimmt in seiner apodiktischen Aussage nicht. Das eine schließt ja das andere nicht aus. Die geplanten Resolutionen hätten ja nur urgiert, was ohnehin Beschlußlage ist. Österreich wurde ja bereits zweimal namentlich vom EP gerügt und aufgefordert, § 209 aufzuheben. Es ging daher nicht darum, wie Sie suggerieren, die Menschenrechte von Lesben und Schwulen „seriös“ im Ausschuß zu diskutieren, bevor man eine Entschließung dazu macht, sondern ausschließlich darum, schon bestehenden Entschließungen Nachdruck zu verleihen. Auch daß die Einhaltung der Menschenrechte eine Grundvoraussetzung für den Beitritt neuer Länder ist, ist seit der Verabschiedung der „Kopenhagener Beitrittsvoraussetzungen“ Beschlußlage und muß vom EP nicht neu formuliert werden. Die Dringlichkeit, diese bestehende Beschlußlage aus gegebenem Anlaß nachdrücklich in Erinnerung zu rufen, ergab sich aus dem Umstand, daß die Reform des Paragraphen 209 in Österreich und des Paragraphen 200 in Rumänien Ende Juni abermals aufgeschoben wurde. Wie soll die EU auch die Einhaltung der Menschenrechte von den Beitrittskandidaten glaubwürdig verlangen können, wenn der EU-Mitgliedsstaat Österreich selbst die Menschenrechte massiv verletzt?
Wiederholungstäterin SPE
Das war aber nicht der erste lesben- und schwulenfeindliche Akt der SPE in dieser Parlamentswoche in Straßburg. Am Vortag, dem 14. Juli, war auf Antrag der Sozialdemokraten der Lehne-Bericht an den Ausschuß für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten zurückverwiesen worden. Damit, so die deutsche Grün-Abgeordnete Claudia Roth in einer Presseerklärung, sei eine einmalige Chance für eine richtungsweisende Einwanderungsregelung in der EU vertan worden. Der Bericht des CDU-Abgeordneten Klaus-Heiner Lehne enthielt viele wichtige und vernünftige Vorschläge für eine neue Einwanderungspolitik. Erstmals wäre explizit das Recht auf Einwanderung in die EU und auch die Rechte für die Eingewanderten festgeschrieben worden. Den Grünen war es auch gelungen, im Bericht die Ausweitung des Begriffs Familie auf die eingetragenen Partnerschaften, wie sie in Dänemark, Schweden und den Niederlanden für gleichgeschlechtliche Paare bestehen, durchzusetzen. Roth vermutet in ihrer Aussendung, daß die Sozialisten Angst vor der eigenen Courage bekommen hätten und ihrem Wahlkämpfer Gerhard Schröder nicht seinen „heutigen Auftritt im Europäischen Parlament verderben“ wollten. Daß die Sozialisten damit dem Drängen der Christdemokraten nachgaben, verwundere nicht: Da zeichnet sich bereits die große Koalition ab.
Das Sündenregister der SozialdemokratInnen wird also immer länger. Das sollten Lesben und Schwule tatsächlich bei der nächsten Direktwahl zum EP im Juni 1999 bedenken!
Schüssel in Straßburg
Eine Viertelstunde, nachdem die besagten Anträge gekillt worden waren, hatte Wolfgang Schüssel als frischgebackener EU-Ratspräsident seinen großen Auftritt vor dem EP, um diesem das Programm des österreichischen EU-Vorsitzes zu präsentieren. In der Woche davor hatte ILGA-Europa bereits etlichen „freundlich gesinnten“ Abgeordneten, speziell den in der Intergruppe vertretenen, geschrieben und sie nochmals auf die Menschenrechtsverletzungen an Schwulen in Österreich aufmerksam gemacht. Überdies wurden sie eingeladen, in ihren Fragen an den Ratspräsidenten dies zu thematisieren. Da gerade die kleinen Fraktionen nur sehr beschränkte Redezeiten haben, geschah dies nicht. Und da der ob des EU-Vorsitzes ausgebrochene Koalitionsfriede zwischen ÖVP und SPÖ offensichtlich auch und gerade in Straßburg zum Tragen kam, gab es natürlich von seiten der SPE keine kritischen Fragen in dieser Hinsicht. Das Parlament verhielt sich dem Newcomer Österreich gegenüber überaus wohlwollend, und so endete der Vormittag in eitel Wonne.
Mittags gab Schüssel dann im Pressezentrum des Parlaments eine Pressekonferenz, an der ein aus Österreich angereister Troß der Crème de la crème der innenpolitischen JournalistInnen sowie einige ausländische KollegInnen teilnahmen. Und die LAMBDA-Nachrichten! Diese Gelegenheit ließ sich der Autor dieser Zeilen natürlich nicht entgehen. Die HOSI-Wien-Presseaussendung und die Telefonate mit der Heimatfront waren ohnehin bereits erledigt. Und natürlich stellte er Schüssel die Frage zu den Menschenrechtsverletzungen an Schwulen in Österreich. Schüssel argumentierte wie gehabt: es gehe hier um Jugendschutz, und im übrigen sei Strafrecht keine EU-Kompetenz, daher hätte die EU, so meinte er sinngemäß, hier gar nichts zu melden!
Begegnung der dritten Art
Nachmittags tagte dann, wie erwähnt, die Intergruppe für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Diesmal gemeinsam mit den Intergruppen zu Behinderung sowie Alter bzw. alte Menschen, um gemeinsame Strategien in Hinblick auf die Umsetzung des Artikels 13 EG-Vertrag in der Fassung des Vertrags von Amsterdam zu erörtern. Alter, Behinderung und sexuelle Orientierung sind ja drei der im Artikel angeführten Nichtdiskriminierungsmerkmale.
Als eine der Abgesandten der Intergruppe zu Fragen des Alter(n)s tauchte ÖVP-Abgeordnete Marilies Flemming auf. Welch freudiges Wiedersehen! Natürlich hatte sie den Autor dieser Zeilen nicht wiedererkannt – als einen jener fünf beherzten Rosa-Wirbel-Aktivisten, die am Welt-AIDS-Tag 1988 ihr Familienministerin-Büro einen Vormittag lang besetzten (vgl. LN 1/1989, S. 13 ff) und ein Gespräch mit ihr erzwangen. Ihrer Erinnerung – meint Gott, ist ja auch schon wieder zehn Jahre her! – wurde jedoch auf die Sprünge geholfen. Sie erinnerte sich dann zwar an die Episode, ging aber danach keineswegs auf Distanz, sondern erkundigte sich interessiert nach Reinhardt Brandstätter, dem damaligen Obmann, mit dem sie einige Tage nach der Bürobesetzung ebenfalls zusammengetroffen war, und schien überzeugend betroffen, als sie erfuhr, daß er schon seit sechs Jahren tot ist.
Als das Gespräch dann auf die Haltung der ÖVP zu Lesben und Schwulen kam, die ja gerade im EP noch anachronistischer anmuten muß als zu Hause in Österreich, wich sie in ihrer unnachahmlichen Art aus: Das besprechen wir einmal bei einem Kaffee.
Strafe muß sein!
Am Abend dieses wahrlich ereignisreichen Parlamentstags am 15. Juli gab’s dann doch noch etwas Er- und Aufbauendes. Im Plenum stand die Fragestunde auf der Tagesordnung: Die Abgeordneten richten dabei an den Rat Anfragen aller Art, ob zur Sicherheit von Atomkraftwerken, Menschenrechten in entlegenen Teilen der Erde oder, wie an diesem Abend, zum Umstand, daß trotz des ganzen Geredes von der Subsidiarität der Saure Strömling, fermentierter Hering, jetzt nicht mehr, wie das seit dem 16. Jahrhundert in Schweden üblich war, in alten Holzfässern eingelegt werden darf.
Und obwohl die Anfragen an den Rat schon Wochen vorher schriftlich vorgelegt werden (der Rat muß sich ja vorbereiten können, um quer durch diesen Gemüsegarten antworten zu können), spielte ein teuflischer Zufall Regie: Bei der allerersten Frage, die die österreichische Präsidentschaft je als Ratsvorsitz beantworten mußte, ging es um Lesben und Schwule! Da kann man wirklich nur sagen: Recht geschieht Österreich – das ist die Strafe!
Der dänische SP-Abgeordnete Freddy Blak hatte folgende Anfrage betreffend das Personalstatut und die Diskriminierung von Homosexuellen gestellt (vgl. dazu auch LN 3/1998, S. 43):
Im gegenwärtigen Personalstatut der Gemeinschaft werden Homosexuelle und deren registrierte Partner diskriminiert. Obwohl homosexuelle Bedienstete genau dieselben Aufgaben und Pflichten haben wie ihre heterosexuellen Kollegen, haben sie nicht dieselben Rechte.
Der Ministerrat hat die Möglichkeit, diese offenkundige Diskriminierung abzustellen, wenn eine Änderung des Personalstatuts angenommen wird. Der Ministerrat sollte auch auf das Europäische Parlament hören, das mit großer Mehrheit eine dahingehende Änderung des Personalstatuts gefordert hat, daß Homosexuelle und in Partnerschaft lebende Beschäftigte dieselben Rechte erhalten wie ihre Kollegen. Es war daher enttäuschend zu erfahren, daß der Vorsitz den Ministerrat auffordert, das Personalstatut zu ändern, ohne dem Wunsch des Europäischen Parlaments nach Abstellung der Diskriminierung von homosexuellen Bediensteten und ihren Partnern zu entsprechen. Trifft es zu, daß der Vorsitz die Diskriminierung weiter fortsetzen will? (Dokument B4-0481/98).
Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner, die als Vertreterin des österreichischen Vorsitzes die Anfragen beantwortete, gefror natürlich auch angehörs dieser Frage nicht ihr ewiges Lächeln, sie behielt die Contenance. Sie hatte auch in dieser Sache brav ihre Hausaufgabe gemacht, sich kundig gemacht, wahrscheinlich das Aussprechen des Wortes „Homosexuelle“ eifrig geübt und verwies auf die Verordnung 781/98, über die wir in den letzten LN ausführlich berichtet haben (S. 43).
Freddy Blak wollte aber offenbar nicht hören, was bisher geschah – das war ihm wohl bekannt –, sondern was in dieser Frage weiter geschehen soll und welche Pläne der österreichische Vorsitz dazu hätte. Er insistierte daher auf Konkretisierung in einer Zusatzfrage.
Benita ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, sie betete ihm die ganze Geschichte der Verordnung 781 bis zurück ins Jahr 1993 herunter und blieb unverbindlich in bezug auf zukünftige Absichten.
Danach probierte es der schwedische Grün-Abgeordnete Ulf Holm nochmals in einer Zusatzfrage. Aber vergeblich, Benita war nicht zu knacken. Der Rat, so Benita, sei nämlich momentan gar nicht am Zug, irgendetwas zu unternehmen, die Sache liege jetzt wieder bei der Kommission, die müsse erst neue Vorschläge an den Rat unterbreiten, damit dieser dazu Stellung beziehen könne.
Kritik an Österreich
Zum Schluß versuchte es auch Outi Ojala noch mit einer Zusatzfrage. Schon leicht gereizt über die ausschweifend ausweichenden Antworten Benitas, übte sie dann in einem Nebensatz auch Kritik an der österreichischen Rechtslage, indem sie Zweifel anmeldete, ob sich Österreich als Vorsitzland in dieser Sache überhaupt engagieren würde, wo es doch in Österreich selbst nicht zum besten um die Rechte von Lesben und Schwulen stünde. Aber auch sie bekam keine andere Antwort. Ojalas spitze Bemerkung wird aber wohl nur in die Protokoll-Annalen eingehen, denn gehört haben sie nur einige Zuhörer auf der Besuchertribüne – von den 626 Abgeordneten waren zu diesem Zeitpunkt, ca. 18 Uhr, höchstens ein Dutzend im Plenarsaal anwesend.