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Neue Ära für Österreichs Lesben und Schwule

Veröffentlicht am 16. Januar 2004
Am 3. Dezember 2003 trat die EU-Richtlinie 78/2000 „zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ in Kraft. Österreich hatte sie nicht rechtzeitig in nationales Recht umgesetzt. Österreichs Lesben und Schwule mussten dennoch nicht auf die ihnen zustehenden Rechte – Nichtdiskriminierung in der Arbeitswelt – verzichten, sondern konnten diese notfalls unter direkter Berufung auf die Richtlinie einklagen, wie ich in den LN 1/2004 erklärte.

Da die Bundesregierung die EU-Richtlinie 78/2000 nicht fristgerecht bis 2. Dezember 2003 in österreichisches Recht umgesetzt hat, gilt sie seit dem 3. Dezember für Österreich in ihrer ursprünglichen Fassung. Die Richtlinie verbietet jegliche Diskriminierung u. a. aufgrund der sexuellen Orientierung in Beschäftigung und Beruf. Lesben und Schwule können daher ihre neuen Rechte nun unter Berufung auf die Richtlinie direkt bei österreichischen Gerichten einklagen.

Das Diskriminierungsverbot umfaßt direkte und indirekte Diskriminierung sowie Belästigung/Mobbing. Es gilt für den privaten und öffentlichen Sektor, für alle Arten der Beschäftigung, ob unselbständig oder selbständig, unbefristet oder befristet etc. Das Verbot betrifft sämtliche Arbeitsbedingungen, einschließlich Einstellung, Fortbildung, Umschulung, Beförderung, Kündigung, Entgelt usw. sowie die Stellenausschreibung. Die Richtlinie sieht ferner eine Beweislasterleichterung für das Opfer vor, ebenso Schadenersatzansprüche, Rechtsschutz sowie ein Benachteiligungsverbot. Dieses bedeutet, daß Opfer, die sich etwa mittels Klage wehren, sowie ZeugInnen, die in Verfahren aussagen, vor Repressalien (etwa Entlassung) durch den beklagten Arbeitgeber geschützt sind.

Zu den nun geltenden Rechten gehören sämtliche arbeitsrechtlichen Ansprüche, die ArbeitnehmerInnen bzw. deren verschiedengeschlechtlichen LebensgefährtInnen gewährt werden, z. B. die Pflegefreistellung bzw. Hospizkarenz für die Betreuung kranker bzw. sterbender LebensgefährtInnen. Die Mitversicherungsmöglichkeit in der gesetzlichen Sozialversicherung fällt ebenfalls darunter, nicht zuletzt auch aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Karner gegen Österreich (vgl. LN 4/2003, S. 6 ff). Auch sämtliche freiwilligen betrieblichen Sozialleistungen, die als Teil des Entgelts zu werten sind und auf die heterosexuelle LebensgefährtInnen Anspruch haben, müssen nun auch gleichgeschlechtlichen LebensgefährtInnen gewährt werden, also etwa Freifahrten, Freiflüge, Rabatte für Einkäufe im Unternehmen, freie bzw. ermäßigte Mitbenutzung betrieblicher Einrichtungen oder etwa die ermäßigten Kontoführungskosten, in deren Genuß die LebensgefährtInnen von Bankangestellten bei den meisten Geldinstituten kommen. Hier gibt es eine Fülle möglicher Ansprüche.

„Jetzt ist es wichtig, daß Lesben und Schwule auf ihren neuen Rechten bestehen und diese notfalls bei Gericht durchsetzen“, betonte Obfrau HELGA PANKRATZ in der Medienaussendung der HOSI Wien am 2. Dezember 2003: „Das wird für viele gar nicht so leicht sein, denn in vielen Fällen wird erst durch die beabsichtigte Inanspruchnahme der neuen Rechte dem Arbeitgeber bekannt werden, daß der/die Mitarbeiter/in schwul bzw. lesbisch ist. Wir können allen Lesben und Schwulen nur empfehlen, diesen Schritt zu tun und auf ihre Rechte nicht zu verzichten. Denn irgendwann muß dieser Teufelskreis durchbrochen werden, müssen wir beginnen, selbstbewußt unsere Rechte einzufordern. Die HOSI Wien wird jedenfalls Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite stehen.“

 

Klagsverband in Gründung

Um dies besser tun zu können, hat sich die HOSI Wien einer Initiative mehrerer NGOs angeschlossen, die ebenfalls von der Richtlinie betroffene Gruppen vertreten: Gemeinsam haben die Organisationen einen eigenen Klagsverein gegründet. Dieser soll Diskriminierungsopfer bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützen. Am 12. Jänner 2004 wurde der neue Klagsverband auf einer Pressekonferenz in Wien vorgestellt.