Eingetragene Partnerschaft verheimlichen?
Nicht nur die HOSI Wien, sondern offenbar auch die österreichischen Behörden wurden in den letzten beiden Jahren durch den Umstand völlig überrascht, dass gleichgeschlechtliche Paare zwar eine eingetragene Partnerschaft eingehen, diese dann aber unter allen Umständen geheim halten wollen. Ein schizophrenes Unterfangen, das sich vermutlich in der Praxis wohl nicht in allen Lebenslagen durchziehen lassen wird.
Wobei auch in diesem Bereich mitunter der Spruch gilt: Des einen Freud, des anderen Leid. Denn durch die Abschaffung etwa der Sonderregelung beim Doppelnamen (vgl. LN 5/2011, S. 14 f) wurde zwar einerseits der Wunsch mancher Betroffenen nach „Nicht-Sichtbarkeit“ erfüllt, aber andererseits jenen stolzen Lesben und Schwulen, die ihre EP gerne schon durch die Schreibweise ihres Doppelnamens offensiv sichtbar und öffentlich machen möchten, diese Möglichkeit wieder genommen.
Wer eine eingetragene Partnerschaft oder im Ausland bzw. später einmal in Österreich, wenn dies eines Tages möglich sein sollte, eine gleichgeschlechtliche Ehe eingehen möchte, sollte dies gründlich überlegen und dabei im vorhinein alle Vor- und Nachteile abwägen, falls irgendein Grund vorliegt, die EP bzw. die Ehe nicht in allen Lebenslagen offenlegen und offen leben zu können. Der Teufel liegt – wie so oft – auch hier im Detail, wie ein Mitte April bekanntgewordener Fall zeigte:
Wenn ein/e ausländische/r Staatsbürger/in in Österreich eine EP (oder eine Ehe) eingehen will, muss er/sie zum Identitätsnachweis den Reisepass vorlegen. Darin wird dann der entsprechende, gesetzlich vorgesehene Gebührenvermerk durch die österreichische Behörde direkt eingetragen. Für sachkundige Personen ist theoretisch aus diesem Vermerk ersichtlich, dass der/die Passinhaber/in eine EP eingegangen ist. Ein solcher Vermerk könnte dann unter Umständen ein Problem darstellen, wenn die Person in ein Land reist, in dem Homosexualität immer noch strafbar ist, wobei allerdings in der Praxis davon auszugehen ist, dass der gewöhnliche Polizeibeamte in diesen Staaten – etwa dem Iran, Sudan, Saudi-Arabien – wohl kaum die Bedeutung des Vermerks entschlüsseln kann.
Die Stadt Wien hat vorbildlich reagiert, als sie Mitte April auf dieses potentielle Problem aufmerksam gemacht wurde, und buchstäblich über Nacht dafür gesorgt, dass besagter Gebührenvermerk in Hinkunft in einer neutralen Form in den Reisepass nichtösterreichischer StaatsbürgerInnen eingetragen wird, sodass eine eingetragene Partnerschaft anhand der Gebührenformel von einer Ehe nicht mehr unterscheidbar ist.
Leider wurde dieser spezielle Aspekt gleich wieder dazu genutzt, mit mehr als unredlichen Argumenten die bedingungslose Öffnung der Ehe zu fordern. Es ist zwar nichts dagegen zu sagen, für die Öffnung der Ehe einzutreten, aber solch demagogische Argumentation ist dabei eher kontraproduktiv. Gerade bei binationalen Paaren oder bei Lesben und Schwulen, die in Länder mit einem Totalverbot reisen möchten, würde auch die totale Gleichstellung der EP mit der Ehe nichts helfen – im Gegenteil: Als gleichgeschlechtliches Ehepaar wäre man vielleicht sogar gefährdeter.
Wer etwa in den Iran reist, muss bereits im Antragsformular für das Visum nicht nur seinen Personenstand (wobei nur „verheiratet“ oder „unverheiratet“ zur Auswahl stehen) bekanntgeben, sondern im ersteren Fall auch den Namen des Ehegatten bzw. der Ehegattin. Wer als gleichgeschlechtlich verheiratete Person nicht lügen will, muss sich also bereits bei Beantragung des Visums als homosexuell outen. Als eingetragene/r Partner/in könnte man hingegen, ohne zu lügen, das Kästchen „unverheiratet“ ankreuzen; man müsste somit auch keinen Namen eines Ehegatten bzw. einer Ehegattin anführen und würde sich dadurch nicht als homosexuell outen.
Man sieht also: Nicht unbedingt ein Gebührenvermerk zur EP im Reisepass schränkt die Reisefreiheit in der Praxis ein, wie unredlicherweise argumentiert wird, sondern viel eher der Umstand, dass man eine gleichgeschlechtliche Ehe nicht immer geheim halten kann.
Dass eine EP durchaus Vorteile bringen kann, hat auch folgender Fall gezeigt: Vergangenen Herbst betreute die HOSI Wien ein ungarisch-syrisches Lesbenpaar, das in Ungarn keine EP eingehen wollte. Ungarn behandelt nämlich die EP und die Ehe – bis auf ausdrücklich ausformulierte Ausnahmen – gleich. Es hat sich für besagtes Paar dann herausgestellt, dass Ungarn ein bilaterales Abkommen mit Syrien hat, dem zufolge alle Personenstandsänderungen der jeweiligen Staatsangehörigen an die Behörden des anderen Landes gemeldet werden. Bezog sich dies vor der Einführung der EP (neben Todesfällen) nur auf Eheschließungen und Ehescheidungen, gilt dies seit der EP-Einführung nunmehr „automatisch“ auch für die EP. Die Syrerin wollte aber auf keinen Fall, dass die syrischen Behörden von ihrer gleichgeschlechtlichen EP erfahren, andererseits hatte sie nur ein befristetes Schengen-Visum und musste die Partnerschaft formalisieren. Das Paar entschied sich daher, den ganzen bürokratischen und teuren Aufwand (Übersetzung aller erforderlichen Dokumente aus dem Arabischen bzw. Ungarischen ins Deutsche, Reise von Budapest nach Wien etc.) auf sich zu nehmen und in Wien eine eingetragene Partnerschaft einzugehen, zumal Österreich eines der ganz wenigen Länder ist, wo man für eine EP-Schließung weder den Wohnsitz im Land noch dessen Staatsbürgerschaft haben muss. Und Österreich meldet auch keine EP-Schließungen syrischer StaatsbürgerInnen an die syrischen Behörden! In diesem Fall hätte wohl auch keine gleichgeschlechtliche Ehe etwas an der Situation geändert, denn vermutlich wollen die syrischen Behörden auch die Identität der EhepartnerInnen ihrer StaatsbürgerInnen erfahren.
Gerade ausländische StaatsbürgerInnen sollten sich das Eingehen sowohl einer EP als auch einer gleichgeschlechtlichen Ehe gründlich überlegen, falls sie nicht in allen Lebenslagen zu ihrer Homosexualität stehen können!