Protest gegen Verleihung des Låt-Leva-Preises an Kreisky
Bereits im Jahr davor, am 28. August 1981, organisierte RFSL im Rahmen der „Homosexuellen Befreiungswoche“ eine Demonstration vor der österreichischen Botschaft in Stockholm. HOSI-Wien-Aktivist WERNER TAIBON schwingt die rot-weiß-rote Fahne (vgl. Bericht in den LN 3–4/1981, S. 19 ff).
FOTO: WOLFGANG FÖRSTER
Bereits nachdem bekannt wurde, daß die von der schwedischen Zeitung Arbetet (sozialdemokratisch) gegründete Låt-Leva-Stiftung im April entschieden hatte, daß der diesjährige Låt-Leva-Preis für Verdienste um die Meinungsfreiheit und den Frieden an Bundeskanzler Bruno Kreisky verliehen wird, protestierten schwedische und niederländische Homoorganisationen bei Arbetet und der Stiftung. Auch die HOSI Wien schrieb an Arbetet, um ihr Befremden über die Preisverleihung auszudrücken, wo doch in Österreich durch den § 220 StGB den Homosexuellen gerade diese Meinungsfreiheit verwehrt wird.
Unsere Schwesterorganisation RFSL richtete außerdem Protestschreiben an das Konsulat und an das Fremdenverkehrsbüro Österreichs in Malmö, wo die Stiftung ihren Sitz hat. RFSL schickte auch eine Presseaussendung aus, um über die Lage der Homosexuellen in Österreich zu informieren.
Als Kreisky am 13. Juni 1982 den Preis persönlich in Malmö abholte, hielten schwedische Homosexuelle trotz strömenden Regens in der Innenstadt eine Protestkundgebung mit Transparenten ab. Auf den 1000 Flugblättern, die sie verteilten, hieß es u. a.: Wir kennen Kreiskys Verdienste als Friedensvermittler und Staatsmann an. Aber wir protestieren dagegen, daß Arbetets Låt-Leva-Preis Kreisky wegen seines Einsatzes, „mit friedlichen Mitteln für Demokratie, gegen Gewalt, Rassenverfolgung und Diktatur zu kämpfen“ (Text aus der Begründung), verliehen wird. Um jene Verfolgung und jene Diktatur, der homosexuelle Österreicher ausgesetzt sind, zu bekämpfen, hat Kreisky nichts getan. Im Gegenteil: Er und seine Partei haben durch ständiges Nachgeben der erzkonservativen katholischen Opposition gegenüber dazu beigetragen, daß 100.000e Österreicher in ihrem eigenen Land Staatsbürger zweiter Klasse sind.
Auf S. 14 im selben Heft brachte ich noch eine verspätete Meldung über einen anderen Protest gegen Kreisky:
Im Oktober 1991 verlieh die Universität Göteborg trotz der Proteste schwedischer Schwuler und Lesben an Bundeskanzler Bruno Kreisky die Ehrendoktorwürde.
Ein plumper und dummer Streich der Universitätsleitung, schrieb dazu die schwedische Zeitschrift Kom ut (Nr. 3-4/1981), bedenkt man, daß Kreisky Regierungschef jenes Landes in Westeuropa ist, das heute die undemokratischsten Unterdrückungsgesetze gegen Homosexuelle hat.
Vor dem Konzerthaus in Göteborg, in dem die Festivität schließlich stattfand, hielten dann schwedische Homosexuelle eine Kundgebung ab. Allerdings kam Kreisky, da erkrankt (?), nicht nach Göteborg.