Appell an Papst: Keine Einmischung in die Innenpolitik!
Wenn diese LN-Ausgabe ausgeliefert wird, landet Papst Benedikt XVI. gerade in Wien. Angesichts des durch die aktuelle Diskussion um die eingetragene Partnerschaft (vgl. auch S. 8) besonders delikaten Zeitpunkts seines Österreichbesuchs wollte die HOSI Wien schon im Vorfeld dafür sorgen, die Einmischungen des Heiligen Stuhls in die heimische Innenpolitik möglichst hintanzuhalten. Deshalb lud sie am 30. August 2007 ins Café Berg zu einer Pressekonferenz, die auf einiges Interesse stieß: Zwei Kamerateams (ORF, Puls TV), ein Radioreporter sowie mehrere Vertreter von Printmedien waren gekommen. Der ORF strahlte den Beitrag darüber gleich in der Mittags-ZiB am selben Tag aus.
Routinemäßig verschickte die HOSI Wien nach der Pressekonferenz auch wieder eine Medienaussendung über das Original-Text-Service der Austria-Presse-Agentur. Darin berichtete die HOSI Wien ebenfalls, dass sie bereits vorsorglich Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, die Ministerinnen Maria Berger und Doris Bures, Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, SPÖ-Klubobmann Josef Cap sowie an Bürgermeister Michael Häupl brieflich aufgefordert hat, im Falle derartiger Einmischungen oder homophober Hasspredigten seitens des Papstes sofort zu reagieren und Ratzinger in die Schranken zu weisen. Denn nicht nur, wenn es um andere Länder, etwa die Türkei geht, muss auf die absolute Trennung von Staat und Kirche/Religion geachtet werden, sondern vor allem auch im eigenen Land. Gerade in einer Ausnahmesituation wie dem Papstbesuch, wenn die Öffentlichkeit nicht zuletzt durch die unglaubliche patriotische Aufwallung der Massenmedien völlig unkritisch in einen euphorischen Taumel versetzt wird, sind die Verteidigung der Grundwerte der Aufklärung und der Einsatz gegen religiösen Obskurantismus besonders wichtig.
„Die einschlägigen Ausfälle des Papstes sind leider Legion“, verwies HOSI-Wien-Mitarbeiterin HELGA PANKRATZ auf Ratzingers diesbezügliches Sündenregister. „So hat er immer wieder das Zusammenleben Unverheirateter, gleichgeschlechtliche Beziehungen und Schwangerschaftsabbruch scharf verurteilt. Homosexuelle Eheschließungen sind für Ratzinger ‚Pseudo-Ehen‘ und Ausdruck einer ‚anarchischen Freiheit, die sich fälschlicherweise als wahre Befreiung des Menschen darstellen will‘. Ratzinger hat sich auch bereits massiv in Italiens Innenpolitik eingemischt, als er die KatholikInnen des Landes dazu aufrief, nicht an einer Volksbefragung teilzunehmen, mit der über die Lockerung der Gesetze zur künstlichen Befruchtung entschieden werden sollte.“
Auch die unrühmliche Rolle des Vatikans und der römisch-katholischen Kirche in vielen Bereichen durfte bei diesem Besuch kein Tabu sein, etwa ihre Mitschuld am AIDS-Tod hunderttausender Menschen durch die restriktive Haltung in Sachen HIV-Prävention und Verhütung.
Weiters hat die HOSI Wien im Zusammenhang mit dem Papstbesuch einen Flyer und ein Poster produziert: „Cave Benedictum: Gegen Homophobie. Für Nächstenliebe“, heißt es darauf. Die HOSI Wien unterstützt auch die Demonstration „Nein zum Papstrummel – Gegen Sexismus, Konservativismus und Homophobie“, die am 7. September 2007, 15 Uhr, in Wien (Karlsplatz) stattfinden wird, und rief zur zahlreichen Teilnahme daran auf.
Die Aktivitäten der HOSI Wien in diesem Zusammenhang stießen auf weiteres Echo, und so wurde Obmann CHRISTIAN HÖGL auch in die ORF-Sendung Wie bitte? eingeladen, um seine Bedenken zum Papstbesuch darlegen zu können. Die Ausstrahlung dieses Beitrags war für den 4. September angesetzt.
In den LN 6/2007 erschien noch folgender kurzer Nachbericht:
Papst-Nachlese
Der Papst war also in Österreich – und kaum jemand ging hin. Es bereitete einem schon eine klammheimliche Freude und Genugtuung zu sehen, dass mittlerweile mehr Leute zur Regenbogenparade als zur Papstmesse kommen. Die präventive Kritik der HOSI Wien an einer möglichen Einmischung Benedikts XVI. in innen- und vor allem gesellschaftspolitische Angelegenheiten (vgl. LN 5/2007, S. 10) schien Wirkung gezeigt zu haben – jedenfalls unterließ es Ratzinger, sich während seines Aufenthalts in Österreich gegen die Homo-Ehe auszusprechen.
Die Kritik der HOSI Wien am Papst stieß jedenfalls auf großes mediales Echo. Am 6. September strahlte Puls TV ein Interview mit mir aus. Besonders populär war das Cave-Benedictum-Poster der HOSI Wien. Es wurde in mehreren Tageszeitungen in Faksimile abgedruckt und fand auch Beachtung im Ausland, speziell auf vielen polnischen und italienischen Internetseiten war es zu sehen. Und für unsere italienischen KollegInnen aus Bologna fertigte Christian Högl sogar eine italienische Version davon an.