Der gesellschaftliche Backlash ist auch hausgemacht
Als jemand, der seit 45 Jahren in der österreichischen und internationalen Schwulen- und Lesbenbewegung engagiert ist und jahrzehntelang den viel zu mächtigen Einfluss der katholischen Kirche auf die Gesellschaftspolitik bekämpft hat (z. B. „Bischofs-Outing“ 1995), kann ich Mario Soldo (vgl. Interview im Sonntags-KURIER vom 15.12.2024) nur beipflichten: Niemand hat Lust darauf, diesen Kampf noch einmal zu führen – in dem Fall gegen wachsenden islamischen Einfluss.
Der von Soldo angesprochene Backlash hat jedoch weitere Ursachen, die in der LSBT-Bewegung selbst liegen. Sie wurde in den letzten Jahren von „queeren“ Aktivisten gekapert, die mit ihrem unwissenschaftlichen und dogmatischen Gender-Geschwurbel sowie ihren völlig überzogenen Forderungen die Gesellschaft provozieren und überfordern. Während die Bewegung früher für rechtliche Gleichstellung kämpfte, fordert sie heute teils absurde Sonderrechte und Privilegien, beispielsweise das Recht, das eigene Geschlecht aufgrund subjektiver Empfindungen statt objektiver biologischer Realitäten selbst zu bestimmen und für den Personenstandseintrag das Geschlecht durch diffuse, rechtlich nicht definierte Geschlechtsidentität(en) zu ersetzen. Damit einhergehend will man neue Sprachformen, wie das „non-binäre Gendern“ mit Sonderzeichen und neue Fürwörter durchsetzen, wobei man den damit verbundenen Vandalismus an der Sprache billigend in Kauf nimmt.
Die Abwehrhaltung gegen Gender-Auswüchse zeigt sich spätestens bei Wahlen
Die bewusste bzw. intuitive Abwehr dieser Auswüchse seitens der Bevölkerung manifestiert sich spätestens in der Wahlzelle durch Stärkung rechter Parteien. Die Wahlergebnisse der letzten Jahre sollten längst ein Alarmsignal sein für SPÖ und Grüne, die sich diesen identitätspolitischen Unfug auf die Fahnen geschrieben haben.
Nächstes Jahr wird wohl die SPÖ in Wien ihr blaues Wunder erleben – verdienterweise. Statt etwa jeden Cent in das marode Wiener Schulwesen zu stecken, das gerade kollabiert, vergeudet die Stadt Wien Ressourcen für die sprachliche Umerziehung à la Orwell und „Gender-Leitfäden“ mit höchst fragwürdigen Empfehlungen – etwa Gendersternchen zu verwenden, damit auch intersexuelle Personen angesprochen werden. Laut Statistik Austria gibt es zum Stichtag 1. 10. 2024 in ganz Österreich unter den mehr als 9,1 Millionen Einwohnern gerade einmal 177 (!) Menschen mit diesem Personenstand. Noch dazu begeht die Stadt Wien damit einen Rechtsbruch, da diese Schreibweise im Amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung, das für die Verwaltung in Österreich rechtlich verbindlich ist, ausdrücklich nicht vorgesehen ist.
Selbstverständlich soll die Stadt Wien für Akzeptanz, Respekt und gleiche Rechte für alle eintreten. Aber diese nicht nachvollziehbare Prioritätensetzung und diese Unverhältnismäßigkeit zwischen postuliertem Zweck und groteskem Aufwand ergeben einfach keinen Sinn.