Bischofs-Outing
Am 1. August 1995 outete ich die homosexuellen Neigungen von vier österreichischen Bischöfen. Es war quasi eine Notwehraktion: Jahrelanges Lobbying der Lesben- und Schwulenbewegung, allen voran der HOSI Wien, hatte nichts gefruchtet. Über Jahre hinweg hatte die ÖVP – nicht zuletzt auf Intervention und Geheiß der katholischen Kirche – die Abschaffung der drei diskriminierenden Paragrafen 209, 220 und 221 StGB blockiert. Obwohl immer nur Juniorpartnerin in der großen Koalition mit der SPÖ, saß die ÖVP am längeren Arm und konnte sich immer durchsetzen, weil es keine alternative Mehrheit im Parlament für die Aufhebung der drei Paragrafen gab: Seit 1983 (!) hatte die ÖVP gemeinsam mit der FPÖ, die ja ebenfalls gegen eine Reform war, stets eine Mehrheit im Parlament. Diese rechte Mehrheit (zwischenzeitlich auch gemeinsam mit BZÖ und Team Stronach) besteht ja bis heute.
Im Frühjahr 1995 wurde es jedenfalls immer offensichtlicher, dass das politische Lobbying zu nichts führen würde. Die Bewegung wurde von der ÖVP zum Narren gehalten, nach Strich und Faden verarscht. Details dazu finden sich in der Chronik zur Strafrechtsreform – man muss bloß die Einträge in den frühen 1990er Jahren, speziell die für das Jahr 1994 und das erste Halbjahr 1995 lesen. Es blieb also nur die Fortsetzung des Kampfes mit anderen – radikaleren – Mitteln, wollte man die Chancen auf Reform nicht gänzlich begraben.
Am 27. März 1995 drohte die HOSI Wien erstmals ein Outing von Bischöfen an, sollte die Kirche weiterhin so massiv gegen die Streichung der Paragraphen intervenieren. Im Juni wurde in der Zeitschrift WIENER nachgelegt. Mit Erfolg: Am 4. Juli ließ der Sekretär der Bischofskonferenz verlauten, dass sich die katholische Kirche nicht mehr gegen die Aufhebung der drei Paragraphen stellen und dies auch der ÖVP mitteilen werde. Doch ÖVP-Klubobmann Andreas Khol war das egal – er verwahrte sich gegen die Unterstellung, seine Partei sei verlängerter Arm und Marionette der katholischen Kirche. Selbst wenn diese für die Aufhebung der Paragrafen eintrete – die ÖVP sei auf jeden Fall dagegen.
Als am 6. Juli im Justizausschuss beschlossen wurde, zur Behandlung der Oppositionsanträge auf Aufhebung der drei Paragrafen einen Unterausschuss einzusetzen – eine reine Verzögerungstaktik –, war klar, dass man zur Tat schreiten musste, was die HOSI Wien in einer Aussendung am 7. Juli auch ankündigte, wobei sie mitteilte, dass die Aktion nicht von ihr, sondern einer anderen Gruppe durchgeführt würde (vgl. LN 3/1995, S. 19 ff, und meinen Kommentar in den LN 3/1995). Diese Gruppe nannte sich OPUS LEI (Outinggruppe Prälat Ungar – schwul/lesbische Initiative).
Am 27. Juli war ich ins Ö1-Mittagsjournal zu einem Studiogespräch mit Hanno Settele und LiF-Abgeordnetem Volker Kier eingeladen worden, wo ich meine Motive nochmals darlegte. Nachzuhören hier (Quelle: mediathek.at; Beitrag Nr. 10; ab Minute 35:40).
Am 31. Juli stellte die HOSI Wien in einer Presseaussendung klar, dass OPUS LEI keine Gruppe des Vereins sei und das Outing als politisches Kampfmittel ablehne und die Aktion keineswegs unterstütze. Sie äußerte jedoch zugleich Verständnis dafür, „dass einige der engagiertesten AktivistInnen die Nase voll haben von ergebnislosen jahrelangen Lobbying-Bemühungen“. Es war eine perfekte Arbeitsteilung und Abgrenzung. Dennoch hatten die Medien große Mühe, die Dinge auseinanderzuhalten und OPUS LEI richtig zu- bzw. einzuordnen.
Die Aktion war im großen Stil angekündigt worden. Durch die umfangreiche Berichterstattung wurde schon im Vorfeld viel in den Medien spekuliert und über die Anliegen von Schwulen und Lesben dermaßen viel diskutiert, dass sich ein Outing dann eigentlich erübrigt hätte. Ich wollte jedoch nicht als feige erscheinen und die Sache nicht abblasen, obwohl ich von vielen Seiten darum angefleht wurde, besonders eindringlich am 27. Juli von Andreas Khol in einer Studiokonfrontation in der ZiB 2 (hier nachzusehen; im Anschluss daran sind auch die ZiB-Berichte vom 1. August zu sehen). Und so zog ich die Sache auf einer von MedienvertreterInnen überlaufenen Pressekonferenz durch und nannte die Namen der vier Bischöfe: Christoph Schönborn, Klaus Küng, Andreas Laun und Egon Kapellari.
Riesiger Medienhype
Die Outing-Aktion geriet zum bis dato größten Medienhype zum Thema Homosexualität in der österreichischen Geschichte, den erst Conchita Wurst durch ihren ESC-Sieg 2014 übertreffen sollte. Das Medienecho war in der Tat imposant, nicht nur in Österreich, sondern weltweit. Zahlreiche ausländische Fernseh- und Radiosender berichteten, etliche interviewten mich im Anschluss an die Pressekonferenz oder später am Telefon. Im Ö1-Mittagsjournal war die Sache ebenfalls prominent Thema – nachzuhören hier (Quelle: mediathek.at; Beiträge 6–9, ab Minute 27:00).
Viele Printmedien in aller Welt verbreiteten zumindest die Agenturmeldungen. Allein die Lesbisch-schwule Presseausschau, eine Art einschlägiger Ausschnittdienst, verzeichnete 264 Artikel in deutschen Printmedien. Mitte der 1990er Jahre war das Internet noch in den Kinderschuhen, daher ergibt eine Google-Suche kaum Treffer zu Online-Berichten über die damalige Aktion. Hier ein paar der wenigen, die sich im World Wide Web finden:
Meldung der Associated Press vom 1. August 1995
die tageszeitung vom 2. August 1995
Libération vom 2. August 1995
El País vom 2. August 1995
Trouw vom 2. August 1995
Los Angeles Times vom 12. August 1995
Ein Foto von der Pressekonferenz fand sogar Aufnahme ins „Bildarchiv Austria“ der Österreichischen Nationalbibliothek.
Morddrohung
Die Sache machte jedenfalls großen Spaß. Und daher belasteten mich die vielen negativen Umstände überhaupt nicht: weder die finanziell existenzbedrohenden Klagen der Bischöfe (ich war bereit für den Privatkonkurs, der praktischerweise in jenem Jahr, 1995, in Österreich eingeführt wurde) noch die Kritik der Medien oder gar die Anfeindungen eines Großteils der Lesben- und Schwulenbewegung, wobei es auffällig war, dass viel mehr Frauen solidarisch und aufmunternd reagierten als Männer. Ich muss ja heute noch lauthals lachen und feixen, wenn ich die rechtschaffen empörten Texte der KommentatorInnen und der Aktivisten von damals lese. Mit diesen habe ich indes bereits in meinem Kommentar in den LN 4/1995 scharf abgerechnet.
Auch eine Morddrohung konnte meine Stimmung nicht im geringsten trüben: Am 7. August 1995 bekam ich einen Brief mit einer Morddrohung samt Pistolenkugel nach Hause geschickt. Der Brief war natürlich anonym, hatte im Briefkopf allerdings „Opus Angelorum – Geheime Feme“ angegeben, darunter prangte ein gezeichneter Totenkopf. Datiert war der Brief mit „5ter August im Jahres des Heiles MCMXCV“. Der Text lautete: In der Sitzung dieser Freitagnacht hat die Geheime Feme Mag. Kurt Krickler wegen fortgesetzter Sodomiterei und schwerer Beleidigung der Heiligen Katholischen Kirche zum Tode verurteilt. Der Dunkle Bruder wurde beauftragt, das Urteil gemäß der beiliegenden Durchführungsmodalität binnen Jahresfrist zu vollstrecken.
Das war natürlich Anlass für weitere Medienarbeit. Ich gab daher zu Protokoll, die Drohung ernst zu nehmen. Den vom Österreichischen Lesben- und Schwulenforum (ÖLSF) geforderten Polizeischutz lehnte ich allerdings ab. Einen Polizisten vor der Haustüre wollte ich meinen Nachbarn nicht zumuten – womöglich hätten die sich noch gefürchtet! Die Zeitungen berichteten jedenfalls prominent über die Morddrohung (siehe beispielsweise die Neue Zeit vom 9. August 1995 in nebenstehendem Faksimile), auch ausländische, etwa die niederländische Trouw. Besagtes Engelswerk (Opus angelorum), eine fundamentalistisch-katholische Sekte mit stark ausgeprägtem Hang zu Dämonen- und Engelsglauben, dementierte jede Verbindung mit dem Drohbrief, berichtete eine Woche später der Falter (# 33/1995): Und auch Krickler, der die Drohung „nicht sehr ernst“ nimmt, glaubt, daß der Name der Mystiker für die Drohung mißbraucht wurde. Ich hatte mittlerweile die Gefahr in meiner Einschätzung herabgestuft.
Gerichtsverfahren bis Straßburg
Wie erwähnt, wehrten sich die Bischöfe mit zivilrechtlichen Klagen, die sie natürlich durch alle Instanzen gewannen. Davon ging ich von vornherein aus. Nach 15 Jahren Aktivismus und politischem Engagement war ich nicht so naiv zu glauben, dass ich bei Österreichs Justiz gegen die Bischöfe auch nur die geringste Chance hätte. Mancher Richter ließ dann auch seinem Schwulenhass in den Urteilsbegründungen freien Lauf, ich hatte teilweise den Eindruck, in einem Inquisitions- oder Strafprozess gelandet zu sein und nicht in einem Zivilverfahren. Die LN haben darüber ausführlich berichtet (# 4/1995, S. 8–24, # 1/1996, S. 20–24, # 2/1996, S. 25–27, # 3/1996, S. 24–26, # 1/1997, S. 30 f) und sich dabei die Gelegenheit nicht entgehen lassen, aus den Klagsschriften der Bischöfe bzw. ihrer Anwälte und aus den Urteilen zu zitieren, um die Widersprüche, Verlogenheit und krankhafte Homophobie aufzuzeigen. Andererseits widmeten die LN den Argumenten und Ausführungen in den Klagebeantwortungen meiner AnwältInnen breiten Raum. Leider war nicht Platz genug, um diese exzellenten und witzigen Schriftsätze, in denen die Bischöfe wegen ihrer Argumentationslinie regelrecht vorgeführt, ja, in der Tat verhöhnt wurden, in voller Länge abzudrucken, wie ich in den LN 2/1996 (S. 25 f) sehr bedauerte. Es waren sprachliche, stilistische, polemische und ideologische Meisterwerke, an denen zumindest ich mich richtiggehend ergötzte. Ich wurde von einem vierköpfigen Dream-Team rechtsfreundlich vertreten: Thomas Höhne, Nadja Lorenz, Alfred Noll und Richard Soyer. So hat Schwulen- und Lesbenbewegung richtig Spaß gemacht, und ich frönte dabei ja immer dem Lustprinzip. Sonst hält man das ja nicht 40 Jahre durch! Jedenfalls haben mir andere Gerichtsverfahren mehr schlaflose Nächte bereitet, etwa der Rechtsstreit um das Erbe nach Franz Xaver Gugg (vgl. LN 1/2010).
Mit dem Durchfechten dieser Verfahren durch alle Instanzen war auch die Absicht und Hoffnung verknüpft, eine oberstgerichtliche Entscheidung aus dem Jahr 1995 spätestens in Straßburg zu überwinden: Die Journalistin Burgl Czeitschner hatte 1995 einen Pyrrhussieg in einem Ehrenbeleidigungsprozess errungen. Ihr homophober Widersacher wurde zwar verurteilt – aber der Preis dafür waren noch homophobere Ausführungen des Obersten Gerichtshofs in seiner Urteilsbegründung (vgl. LN 1/1996, S. 20 ff). Leider sollte sich diese Hoffnung nicht erfüllen. Nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs legte ich im April 1997 Beschwerde gegen die Urteile beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ein (vgl. LN 3/1997, S. 23, sowie Aussendung vom 24. April 1997), aber auch dem war die Sache zu heiß. Zwar sah auch er einen Eingriff ins Recht auf freie Meinungsäußerung, doch schien ihm dieser, da es sich nur um eine zivilrechtliche Verurteilung handelte, „nicht unverhältnismäßig“. Im September 2000 wies er meine Beschwerde als „unzulässig“ ab – worüber ich in den LN 1/2001, S. 15 ff, berichtete. In diesem Beitrag habe ich die ganze Sache nochmals Revue passieren lassen, daher empfehle ich diesen Artikel allen näher Interessierten.
Wer zu früh kommt, auch den bestraft mitunter das Leben. So könnte man einen berühmten Ausspruch passend abwandeln. Denn im Jänner 2014 hat der OGH schließlich seine Meinung geändert und in einem Urteil (12Os90/13x) festgestellt, dass mit der Bekanntgabe der sexuellen Orientierung durch einen Dritten keine Ehrverletzung verbunden sei. Die Ankündigung der Aufdeckung einer bestimmten sexuellen Orientierung allein könne daher nicht als Drohmittel fungieren, mag diese auch im unmittelbaren sozialen Naheverhältnis einer Person als unerwünscht eingestuft werden. In dieser Causa ging es indes um keine Ehrenbeleidigung gemäß § 1330 Abs 1 ABGB, sondern um eine Nötigung nach dem Strafrecht.
Outing-Aktionen gehen weiter
Eigentlich waren weitere Outing-Aktionen im Monatsrhythmus geplant: Am 1. September 1995 sollten sozialdemokratische, am 1. Oktober ÖVP-PolitikerInnen geoutet werden. Doch spätestens nach der Pressekonferenz am 1. August 1995 war klar: Das wird nicht mehr zu toppen sein, jede Neuauflage konnte nur ein müder Abklatsch werden. Es kam daher die Idee auf (ein Kreis von AktivistInnen von HOSI Linz, Rosaroten Panthern, ÖLSF und HOSI Wien hatte dies am 9. August besprochen), statt homosexueller Neigungen heuchlerische und homophobe Haltungen etwa sozialdemokratischer PolitikerInnen zu outen, was ja dem vielfachen Wunsch der Medien und der Öffentlichkeit entsprechen würde, vom Outen homosexueller Neigungen Abstand zu nehmen. Die Medien hatten mittlerweile ja ebenfalls gecheckt, wie sie von mir für die schwul/lesbischen Anliegen benutzt wurden. Ansonsten bei jeder Schweinerei dabei, spielten sie sich plötzlich als die großen Moralaposteln auf. NEWS-Chefredakteur Alfred Worm (1945–2007) und Krone-Boss Hans Dichand (1921–2010) appellierten eindringlich und dramatisch an alle Medien, weitere Outing-Aktionen mit einem Berichterstattungsboykott zu belegen. Zwar war am 1. September das Löwel-Zimmer im Café Landtmann voll, aber im Vergleich zum medialen Andrang einen Monat zuvor war die Pressekonferenz eher spärlich besucht.
Den neugierigen JournalistInnen bot ich dann eine Abrechnung mit der lesben- und schwulenfeindlichen Politik der Sozialdemokratie, an der sich auch Claudia Sorger von der Sozialistischen Jugend Wien-Landstraße und der Gruppe Uns reicht’s – SozialistInnen in der SPÖ wehren sich beteiligten. Das Eintreten der SPÖ für schwul-lesbische Anliegen war ja bis dahin stets eher halbherzig gewesen, sie machte sich in der großen Koalition zur Komplizin der ÖVP in Sachen Verzögerung der Strafrechtsreform, und sie leistete sich immer wieder homophobe Schnitzer. Das Outing von homophoben statt homosexuellen Neigungen interessierte die Medien, wie zu erwarten war, aber keinen feuchten Kehricht. Am nächsten Tag erschienen nur Mini-Meldungen im Standard, in der Presse und den Salzburger Nachrichten.
Das überraschte nicht mehr. Nach dem Höhepunkt Anfang August waren eine mediale Antiklimax und eine ziemlich verlogene Diskussion über die heimischen Medien hereingebrochen. Die Einschätzung der Outinggruppe war richtig: Outing ist vorerst einmal ausgereizt. Das Programm, das ich vollmundig in einem Kommentar in der Falter-Ausgabe Nr. 29 vom 20. Juli 1995 angekündigt hatte, konnte ich nicht wie geplant vollständig durchziehen. Vom massenmedialen Desinteresse war sogar die Pressekonferenz am 18. September 1995 betroffen, auf der mein Verteidiger-Dream-Team vorgestellt wurde und LiF-Abgeordneter Thomas Barmüller noch einmal zur Strafrechtsreform Stellung nahm. Die Vorarlberger Nachrichten brachten als einzige Zeitung eine Kurznotiz. Auch an der Pressekonferenz am 22. Februar 1996, auf der mein AnwältInnen-Dream-Team dann über die Berufungen gegen die erstinstanzlichen Urteile beim Oberlandesgericht Wien informierten, waren die Medien nur sehr mäßig interessiert.
Graff-Outing
Dennoch ließ ich mir die Gelegenheit für ein aktionistisches Statement nicht entgehen, als am 20. September 1995 einer der größten Widersacher bei der Strafrechtsreform, der ÖVP-Politiker Michael Graff (1937–2008), neuerlich als Nationalratsabgeordneter angelobt wurde: Als Outinggruppe Michaela Graff warf ich von der Besuchergalerie im Parlament Flugzettel ins Plenum. Die HOSI Wien war schon 1988 mit Graff zusammengetroffen, als Justizsprecher der ÖVP und Vorsitzender des Justizausschusses im Nationalrat hatte er die Aufhebung der Paragrafen jahrelang torpediert (siehe Chronik), dabei war er selber schwul, heiratete aber prompt, knapp bevor er zu höheren Weihen in der ÖVP kam – worauf der Text des Flugblattes (siehe Faksimile) anspielte. Die Aktion fand indes ebenfalls keinerlei Echo in den Medien. Von der Parlamentsdirektion wurde ein Hausverbot über mich verhängt, das aber Nationalratspräsident Heinz Fischer (SPÖ) am 9. Oktober 1995 für die Zeit eines Gesprächstermins bei ihm extra aussetzte.
Weitere Outing-Aktionen waren dann nicht mehr geplant.
Spätfolgen
Das Werbe- und das Vereinsverbot, die §§ 220 und 221 StGB, wurden schließlich ein Jahr später, am 27. November 1996, vom Nationalrat aufgehoben.
Der Kampf gegen den verbliebenen Strafrechtsparagrafen 209 verlagerte sich in der Folge auf die europäische bzw. internationale Ebene, was nicht zuletzt mit meinem späteren Engagement in der europäischen Lesben- und Schwulenbewegung zu tun hatte: Bei der Gründung der ILGA-Europa im Dezember 1996 wurde ich in den Vorstand der Organisation gewählt, bis Oktober 2003 war ich sieben Jahre lang ihr Vorstandsvorsitzender.
Über den Ausgang der Outing-Verfahren berichtete ich, wie erwähnt, in den LN 1/2001.
Der Vatikan probierte indes immer wieder, seinen Einfluss auf weltliche Gesetzgebung auszuüben, besonders dreist etwa im Juli 2003, als er katholische ParlamenarierInnen zum Widerstand gegen die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften aufrief (vgl. LN 4/2003, S. 22 ff). Acht Jahre nach dem Bischofs-Outing musste ich mit einem neuerlichen Bischofs-Outing drohen (vgl. Aussendung der HOSI Wien vom 30. Juli 2003).
Mehr als 25 Jahre später, 2021, kam das Bischofs-Outing neuerlich zu Gerichtsehren: Bischof Klaus Küng hatte den Autor Wolfgang Rothe geklagt, weil dieser in seinem Buch Missbrauchte Kirche über das Bischofs-Outing berichtete. „Ich muss mir nicht gefallen lassen, dass nach 25 Jahren seinerzeit gegen mich erhobene Vorwürfe der Homosexualität wieder aufgewärmt und damit an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden. Es wäre dem Buchautor unbenommen gewesen, den von ihm in den Mittelpunkt seiner Argumentation gerückten Vorfall neutral darzustellen“, monierte Küng vor dem Oberlandesgericht Wien, das ihn jedoch mit seiner Klage abblitzen ließ – vgl. dazu Beiträge auf Artikel-91-Blog und queer.de.