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Tätigkeitsbereiche

Bereits in der Frühphase 1979/80 wurden, wie erwähnt, viele Weichen für die weitere Entwicklung und für die breite Palette der zukünftigen Arbeitsfelder der HOSI Wien gestellt, wobei ich in die allermeisten dieser Arbeitsbereiche in der einen oder anderen Form involviert war:

 

Öffentlichkeits- und publizistische Arbeit

Im Dezember 1979 erschien die erste Ausgabe der LAMBDA-Nachrichten, der Vereinszeitschrift der HOSI Wien – heute die älteste deutschsprachige Schwulen- und Lesbenzeitschrift.

Sie war aber nur ein kleiner Teil einer bald sehr professionellen Öffentlichkeits- und Medienarbeit sowie einer breiten Informations- und Aufklärungstätigkeit, die die HOSI Wien ab ihrer Gründung in vielen Bereichen, auf vielen Ebenen und durch die unterschiedlichsten AkteurInnen – gewählte FunktionärInnen, Lesbengruppe, Jugendgruppe etc. – geleistet hat und die zu einem der erfolgreichsten Arbeitsschwerpunkte der HOSI Wien wurde.

 

Politisches Lobbying

Am 14. Mai 1980 nahmen WOLFGANG FÖRSTER und FLORIAN SOMMER den ersten offiziellen Gesprächstermin in der Politik wahr, und zwar bei SPÖ-Frauenstaatssekretärin Johanna Dohnal (1939–2010) – quasi die Geburtsstunde des politischen Lobbying, das in den folgenden 40 Jahren zu einem der wichtigsten und umfassendsten Arbeitsbereiche der HOSI Wien werden sollte.

 

Selbstverwaltetes Vereinszentrum

Ab Juli 1980 wurde ein Souterrain-Lokal in der Novaragasse 40 im 2. Bezirk angemietet, eine ehemalige Werkstatt und Bruchbude, die von Grund auf saniert werden musste, was einige Aktivisten der ersten Stunde, allen voran WERNER, dessen Nachnamen ich nicht mehr weiß, HENNING DOPSCH, ALFRED GUGGENHEIM (1926–2014) und RUDOLF KATZER in tausenden unbezahlten Arbeitsstunden über den Sommer und den Herbst hinweg bewältigten (vgl. LN 3–4/1980, S. 18 ff). Im Dezember 1980 nahm das HOSI-Zentrum schließlich seinen provisorischen Betrieb auf, die Zelte im „Rotstilzchen“ wurden endgültig abgebrochen, ab nun fanden alle vereinsinternen Sitzungen in der Novaragasse statt (vgl. LN 1/1981, S. 5). Bis zur endgültigen Fertigstellung sollte aber noch mehr als ein Jahr vergehen.

30 Jahre lang blieb das in ehrenamtlicher Selbstverwaltung geführte HOSI-Zentrum an diesem Standort bestehen. Dies stellt vermutlich einen einsamen Rekord in Österreich und vergleichbaren Ländern dar. Mir ist keine vergleichbare Einrichtung bekannt, die so lange bestanden hätte – weder in der LSBT- noch in der sonstigen NGO-Szene, weder im In- noch im Ausland.

2010 übersiedelte der Verein in die neuen Räumlichkeiten in der Heumühlgasse 14 im 4. Bezirk (vgl. LN 3/2010, S. 6 f). Zwar läuft auch im „Gugg“ noch das allermeiste ehrenamtlich ab, aber immerhin hat es am neuen Standort von Anfang an bezahlte MitarbeiterInnen für den Lokalbetrieb gegeben.

 

Internationales Engagement

Erste internationale Kontakte wurden ebenfalls bereits 1980 geknüpft, nicht zuletzt im Zusammenhang mit den Ereignissen bei den Festwochen alternativ am Reumannplatz. Die HOSI Wien erfuhr erstmals enorme und überwältigende internationale Unterstützung durch ausländische Lesben- und Schwulenorganisationen (vgl. LN 2/1980, S. 21, und LN 3-4/1980, S. 10 f).

1980 trat die HOSI Wien auch der „International Gay Association“ (IGA) bei, die im Laufe der nächsten Jahrzehnte noch mehrmals ihren Namen abändern bzw. erweitern sollte und heute International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association heißt, aber das gut eingeführte Akronym ILGA bis heute beibehalten hat. In der Folge entwickelte sich die HOSI Wien durch ihre intensive Mitarbeit und Unterstützung zu einer der wichtigsten und angesehensten Mitgliedsorganisationen der ILGA.

 

Rehabilitierung der NS-Opfer

Recht bald nach Vereinsgründung kam auch die Frage der Rehabilitierung und Anerkennung der homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus sowie die Gedenkarbeit auf die politische Agenda der HOSI Wien: Am 26. Oktober 1980 nahm die HOSI Wien zum ersten Mal an einer Gedenkfeier im ehemaligen KZ Mauthausen statt (vgl. LN 3–4/1980, S. 6). 1984 wurde dort der weltweit erste Gedenkstein für die homosexuellen NS-Opfer enthüllt (vgl. LN 1/1985, S. 6 ff). Zahlreiche Projekte folgten im Laufe der Jahre.

 

Kulturelle Aktivitäten

1982 starteten die kulturellen Aktivitäten der HOSI Wien, u. a. die HOSIsters, die „vereinseigene“ Theatertruppe. Und das HOSI-Zentrum wurde erstmals zur Galerie – Gudrun Stockinger zeigte ihre Fotoserie „Ich küsse ihre Hand, Madame…“ (vgl. LN 1/1983, S. 21 ff). Zwei Jahre später gab es im HOSI-Zentrum eine vielbeachtete „Hexen“-Ausstellung von Lore Heuermann, die wir im Rahmen der Festwochen alternativ 1980 kennengelernt hatten (vgl. LN 3/1984, S. 5 f sowie S. 10 f).

Dieser Aspekt der Vereinsarbeit war immer ein ganz wichtiger. Und so organisierte die HOSI Wien in all den Jahren wohl einige tausend kulturelle Veranstaltungen – meist im eigenen Vereinszentrum, aber auch außerhalb: Lesungen, Ausstellungen, Vorträge, Performances, Konzerte, Theateraufführungen, Schlagerakademien, Themenpartys u. v. a. m.

 

Kampf gegen HIV/AIDS

1983 kam dann – unerwartet und überraschend, quasi aus heiterem Himmel – auf die HOSI Wien eine riesige Herausforderung zu: Sie sollte die Vereinsarbeit in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre dominieren und von anderen politischen Lobbying-Aktivitäten, etwa für die Strafrechtsreform, ablenken. Aber die HOSI Wien musste Prioritäten setzen bzw. sie hatte eigentlich gar keine Wahl.

 

Spätere Gruppen und Großprojekte

Später bildeten sich ganz wichtige Gruppen wie u. a. die Lesbengruppe (1981) und die Jugendgruppe (1983), als „neuer“ Arbeitsbereich kam eigentlich nur mehr die Organisation der Regenbogenparade (ab 2003), des Regenbogenballs (ab 2004) und des Vienna Pride (ab 2007) hinzu. Diese Veranstaltungen fallen im weitesten Sinne zwar ebenfalls unter die Kategorie „Öffentlichkeitsarbeit“ – und es gab mit den Warmen Wochen und der 1. Gay-Pride-Demo 1984 auch schon Vorläufer von Vienna Pride bzw. Regenbogenparade, die von mehreren Wiener Gruppen gemeinsam organisiert wurden, allen voran der HOSI Wien und der Rosa Lila Villa –, aber aufgrund ihrer Dimension sollten Parade, Ball und Vienna Pride wohl als „eigenständiger“ Bereich gewertet werden. Da ich weder in diesen Gruppen aktiv war noch in der Organisation von Ball und Parade an vorderster Front mitgearbeitet habe (mein Einsatz beschränkte sich auf den eines der vieler HelferInnen – und vielleicht auf ein bisschen Unterstützung bei den Drucksorten und der PR-Arbeit), kommen diese Bereiche auf meinem Webseite nachvollziehbarerweise nur am Rande vor.