Beitrag in progress Nr. 8/2005
Traut euch!
Seit der richtungsweisenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom Juli 2003 in der Mietrechtsbeschwerde Karner gegen Österreich ist klar, dass jedwede Diskriminierung von gleich- gegenüber verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften aufgrund des Geschlechts bzw. der sexuellen Orientierung eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellt, sofern der Gesetzgeber keine „schwerwiegenden“ Gründe dafür ins Treffen führen kann. Da dies bei sämtlichen relevanten Rechtsbereichen faktisch ausgeschlossen ist, musste der Verfassungsgerichtshof im Herbst 2005 auch die entsprechende Einschränkung der Mitversicherungsmöglichkeiten im Sozialversicherungsrecht als verfassungswidrig aufheben.
Die Bundesregierung hat das EGMR-Urteil bis heute ignoriert. Seit Herbst 2004 versucht die ÖVP indes, die Gleichstellung von Lebensgemeinschaften als ihre Variante der eingetragenen Partnerschaft zu verkaufen, wobei es bisher ohnehin bei einer bloßen Ankündigung geblieben ist. Heute geht es aber längst nicht mehr darum oder um das von BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger in Aussicht gestellte „Partnerschaftsmodell mit rechtlicher Verankerung“ (aber deutlicher Abgrenzung zur Ehe), sondern vielmehr um die völlige Gleichstellung mit der Ehe – ob nun in Form der eingetragenen Partnerschaft nach nordischem Modell oder durch Öffnung der standesamtlichen Ehe. Wenn ÖVP und BZÖ dazu nicht bereit sind, ist es besser, sie lassen überhaupt die Hände von der Sache. Für Lesben und Schwule ist es sicherlich besser, gleich, auf eine rot-grüne Mehrheit im Parlament nach den nächsten Wahlen zu hoffen, damit dann statt halber Sachen gleich Nägel mit Köpfen gemacht werden.