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Levelling-up: ÖVP blockiert Gleichstellung

Veröffentlicht am 7. Dezember 2012
Im Herbst 2012 scheiterte ein weiterer Versuch, durch das sogenannte Levelling-up endlich die Diskriminierung beim Diskriminierungsschutz im Gleichbehandlungsrecht zu beseitigen. Nach Intervention Kardinal Schönborns blockierte die ÖVP eine entsprechende Gesetzesinitiative, wie ich in den LN 5/2012 berichtete. Typischer Fall von politischem Katholizismus. Ein Überblick über die 15-jährige Saga zum Levelling-up findet sich hier.

ÖVP-Parteiobmann Michael Spindelegger wurde von Kardinal Schönborn auf Linie gebracht.

Wie zur Untermauerung unserer Ansicht, dass überall auf der Welt die Kirchen und Religionen sich immer dreister in die Politik einmischen (vgl. Beitrag ab S. 10), lieferte auch die römisch-katholische Kirche im Inland jüngst einen klaren Beweis dafür. Nachdem sie es einige Zeit lang angesichts der vielen Missbrauchsskandale in den eigenen Reihen vorgezogen hatte, sich bei der Einmischung in die Innenpolitik zumindest diskret im Hintergrund zu halten, scheint es nun mit dieser Zurückhaltung wieder vorbei zu sein, und Österreichs Bischöfe machen ungeniert wie eh und je Politik.

 

Am Gängelband der Bischofskonferenz

Ein unfassbares Beispiel dieser unverfrorenen politischen Einflussnahme lieferte die katholische Kirche im Zusammenhang mit der geplanten Novellierung des Gleichbehandlungsrechts. Wie berichtet (vgl. LN 4/2012, S. 9), hat im August 2012 das Sozialministerium (BMASK) einen entsprechenden Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt. Darin war auch das sogenannte Levelling-up, also die Beseitigung der Diskriminierung bestimmter Gruppen ausgerechnet beim Schutz vor Diskriminierung vorgesehen – u. a. sollte der Diskriminierungsschutz auch für sexuelle Orientierung, Alter, Religion und Weltanschauung auf den Bereich des Zugangs zu Waren und Dienstleistungen ausgedehnt werden. Die HOSI Wien hat übrigens, wie angekündigt, eine Stellungnahme im Rahmen der Begutachtung abgegeben, ebenso die Österreichische Bischofskonferenz. Überraschenderweise fiel diese zuerst positiv aus.

Im Oktober mehrten sich dann die Anzeichen, dass die ÖVP dem Entwurf des Sozialministeriums nicht zustimmen und die Gesetzesvorlage es daher – im Gegensatz zu vor zwei Jahren – diesmal nicht einmal in den Ministerrat schaffen würde. Sowohl der Klagsverband für die Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern als auch die HOSI Wien (und sicherlich auch andere NGOs) haben noch in Kontakten zu SPÖ- und ÖVP-Ministerien und zu den Parlamentsklubs versucht, das Gesetzesvorhaben zu retten.

Am 31. Oktober meldete sich die HOSI Wien noch mit einer entsprechenden Medienaussendung zu Wort und forderte die ÖVP auf, die ausgerechnet beim Schutz vor Diskriminierung gesetzlich verankerte Diskriminierung endlich zu beseitigen, und wies darauf hin, dass die ÖVP im Jänner 2011 ihren eigenen Parteiobmann und Außenminister Michael Spindelegger mit der Ablehnung dieses Gesetzesvorhabens schon einmal – anlässlich der periodischen universellen Menschenrechtsüberprüfung – desavouiert hatte (vgl. LN 1/2011, S. 22 f., sowie S. 24). Wir riefen die ÖVP daher auf, Spindelegger eine neuerliche Blamage in Genf zu ersparen: 2011 hat der UNO-Menschenrechtsrat ja Österreich ausdrücklich den Auftrag erteilt, diese Ungleichbehandlung beim Schutz vor Diskriminierung zu beseitigen. Im Frühsommer 2013 muss Österreich vor diesem UNO-Gremium wieder Rechenschaft ablegen, wie weit die Umsetzung der Empfehlungen vorangeschritten ist. Da werden wir sicherlich nicht locker lassen!

 

Unter Rittern

Und dann passierte das Unglaubliche: Am 6. November 2012 – sechs Wochen nach Ende der Begutachtungsfrist! – legte die Österreichische Bischofskonferenz eine neue Stellungnahme vor, zog darin ihre ursprünglich positive Stellungnahme zurück, um sie durch eine total ablehnende zu ersetzen. Zusätzlich traf Kardinal Christoph Schönborn zu einem Gespräch mit Spindelegger zusammen, der übrigens ebenfalls ein Ritter des Ordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem ist – und die Sache war gebongt! Der simple Wahlspruch dieses päpstlichen Ritterordens lautet bezeichnenderweise Deus lo vult („Gott will es“) – na dann! Ja, so läuft Politik in Österreich auch heute immer noch ab! Das ÖVP-geführte Wirtschaftsministerium hatte zwar noch bis zuletzt versucht, Überzeugungsarbeit in den eigenen Reihen zu leisten, musste schließlich jedoch als koalitionäres „Spiegelministerium“ zum BMASK auf Spindeleggers Geheiß die Zustimmung zu dieser Gesetzesnovelle verweigern – und so wurde sie nicht einmal im Ministerrat behandelt.