Nationalrat spricht sich für Verbot von Konversionstherapien aus
Am 2. Juli hat der Nationalrat folgenden Entschließungsantrag angenommen: Die Bundesregierung, insbesondere die zuständige Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, unter Einbindung der wissenschaftlichen Fachvereinigungen unverzüglich eine Regierungsvorlage auszuarbeiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Ausübung von Konversions- und vergleichbaren „reparativen Therapieformen“ an Minderjährigen verboten wird.
Der ursprünglich von Mario Lindner (SPÖ) eingebrachte Antrag wurde im Laufe der parlamentarischen Behandlung abgeändert und dann als gemeinsamer Antrag von SPÖ und ÖVP eingebracht und schließlich mit den Stimmen aller fünf Fraktionen verabschiedet.
Dieses Bekenntnis, „Therapien“ zur Änderung der sexuellen Orientierung verbieten zu wollen, ist vorerst jedoch bloß eine Absichtserklärung bzw. eine Aufforderung ans zuständige Ministerium, einen entsprechenden Gesetzesvorschlag auszuarbeiten. Die Jubelmeldung der HOSI Wien am 3. Juli, mit diesem Beschluss habe der Nationalrat diesen Pseudotherapien „ein Ende gesetzt“, war etwas verfrüht bzw. ungenau. Noch sind die Therapien ja nicht verboten.
Man wundert sich wirklich über so viel Inkompetenz: Liest man im HOSI-Wien-Vorstand diese Anträge überhaupt? Befasst sich dort jemand ernsthaft mit den politischen Materien? Offenbar kaum bis gar nicht, wie anhand der Entwicklungen im letzten Jahr immer deutlicher wird. Auch die Aussage von Obmann Moritz Yvon, zur Abwechslung habe in diesem Fall endlich einmal das Parlament die Initiative ergriffen „und das längst überfällige Verbot musste nicht über die Gerichte erstritten werden – das erste Mal, seit 2009 die eingetragene Partnerschaft eingeführt wurde“, fällt in diese Kategorie der Ahnungslosigkeit. Denn wie, bitte, sollte ein solches Verbot bei den Höchstgerichten überhaupt durchgesetzt werden? Zu erwarten, dass ein Gericht ein solches Verbot ohne gesetzliche Grundlage ausspricht, ist ja hochgradig absurd, und die Gerichte machen sich die Gesetze ja nicht selber! Zudem war es nicht das erste Mal seit 2009, dass das Parlament von sich aus pro-homosexuelle Initiativen gesetzt hat. Bekanntlich wurde die Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft mit der Ehe in Sachen Eintragung am Standesamt 2017 im Parlament beschlossen (vgl. auch meinen Blog-Beitrag vom 25. April 2019).
Ziemlich befremdlich auch die Wortwahl: „HOSI Wien begrüßt Verbot von sogenannten ,Homo-Heilern‘“, heißt es da. Oder: „Solche Praktiken haben samt ihren Vertretern im 21. Jahrhundert nichts verloren.“ Was heißt das: Verbot von Menschen? Entfernung aus dem 21. Jahrhundert? Todesstrafe? Bei allem Verständnis für das Anliegen ist diese Diktion doch ziemlich übertrieben. Insgesamt hat sich die HOSI Wien wieder von ihrer dilettantischen Seite gezeigt.
Und übrigens: Wieso wird überhaupt nicht hinterfragt, warum das Verbot, das hoffentlich bald tatsächlich kommen wird, nicht auch für entsprechende „Therapie“-Formen für Erwachsene gelten soll? Wenn Nikolaus Scherak (NEOS) und Gabriela Schwarz (ÖVP) sich bei der Debatte des Entschließungsantrags im Nationalratsplenum ohnehin darin einig waren, dass derartige Therapien und Versuche, die sexuelle Orientierung zu verändern, unethisch sind und zu großen gesundheitlichen Schäden wie Depressionen bis hin zu Selbstmord führen können, und es laut Scherak ein völliger Schwachsinn ist zu glauben, man könne sexuelle Orientierung umändern, ja dann muss man sich schon fragen, warum man nicht auch Erwachsene vor dieser Scharlatanerie schützt. Unlauterer Geschäftemacherei wird ja auch sonst ein Riegel vorgeschoben – auch bei Erwachsenen.