Hermes Phettberg (1952–2024)
LOSE SERIE: AUS DEM ARCHIV
Da die Medien ohnehin ausführliche Nachrufe veröffentlicht haben, in denen Hermes Phettbergs Person und sein vielfältiges Wirken und Tun gewürdigt werden (z. B. ORF), will ich mich an dieser Stelle darauf beschränken, drei Aktionen bzw. Begebenheiten in Erinnerung zu rufen, die Hermes seinerzeit mit der HOSI Wien bzw. dem Österreichischen Lesben- und Schwulenforum (ÖLSF) verband – auf dass diese nicht in Vergessenheit geraten.
1995 trat Hermes als Zeuge beim Internationalen Menschenrechtstribunal „50 Jahre Zweite Republik – 50 Jahre Unterdrückung von Lesben und Schwulen in Österreich“ auf, das vom 9. bis 12. Juni 1995 unter dem Vorsitz von Freda Meissner-Blau (1927–2015) und Gerhard Oberschlick im Republikanischen Club in Wien stattfand. Ein ausführlicher Bericht darüber erschien in den LN 3/1995.
Unvergessen jenen, die dabei waren, ist Phettbergs Woame-Leit-Show am 26. Mai 1997. Sie war eine Veranstaltung im Rahmen der politischen HOSI-Wien-Montags-Rosa Runden. An jenem Abend war der berüchtigte selbsternannte Pornojäger Martin Humer (1925–2011) einer von Phettbergs Talk-Gästen. Über diese denkwürdige Begegnung berichtete FELIX GÖRNER launig in den LAMBDA-Nachrichten 3/1997 (S. 20) – das hochpolitische Gespräch endete sehr leutselig: …und so ließ sich Humer nach mehreren Bieren vor laufenden Kameras gern von Hermes zu den „Bare Necessities“ (aus Disneys Dschungelbuch-Film) zu einem Tänzchen verführen. Womit bewiesen ist, daß an HOSI-Montagen auch der Unernst mit ernstester Konsequenz betrieben wird.
2001 leistete Hermes schließlich prominente Unterstützung für die Selbstbezichtigungsaktion „Auch ich habe gegen § 209 StGB verstoßen!“, die die HOSI Wien anlässlich des EuroPride in Wien ins Leben rief (vgl. Medienaussendung der HOSI Wien vom 29. Juni 2001). Mit dieser Aktion wollte die HOSI Wien den menschenrechtswidrigen § 209 und alle, die an ihm festhalten wollten, lächerlich machen. Hermes bekannte in seinem Predigtdienst im Falter einschlägige Tatbestände (siehe untenstehend).
Phettbergs Predigtdienst, erschienen im Falter Nr. 26/2001 vom 28. Juni 2001
Auch ich erging mich am 209er!
… In jenen Tagen sprach der Herr zu Elija: Salbe Elischa, den Sohn Schafats aus Abdel-Mehola zum Propheten an deiner Stelle! … (Der war gerade am Pflügen, und:) Im Vorbeigehen warf Elija seinen Mantel über ihn. Sogleich verließ Elischa die Rinder… – 1 Kön 19, 16b.19–21. (1. Lesung am 13. Sonntag im Jahreskreis eines Lesejahres C)
Also: Ich bekenne: Auch ich habe gegen den Paragraphen 209 verstoßen, wie die HOSI, die zur EuroPride eine Kampagne in ihren LAMBDA-Nachrichten gerade laufen hat. Bei mir war es im Prater, vorm Westportal des Messegeländes. Dort war ein „Dschungel“ genanntes Stück vollendetster Wildnis. Ich war damals noch Angestellter der Erzdiözese und oft in dem Dschungel. Und viele waren dort, es wimmelte vor schreiendem Fleisch. Einer war sehr oft dort, ein überquellendes Jüngelchen. Marke Fußballfleisch. Er stand in Vollblüte wie Elischa am Acker. Er konnte noch nicht 18 sein, das halte ich für ausgeschlossen, aber er war seelisch deutlich muskulöser als ich. „Für dreihundert schnalz ich dich, dass du eine Woche nicht sitzen wirst können“, begann er die Geschäftsanbahnung.
Also, wir, die wir aus Fleisch sind, wissen voneinander, stellen wir uns nicht blöder, als wir sind, Leute, wir sind blöd genug. Und darum wende ich mich auch kritisch an die HOSI, wiewohl ich sie sehr verehre, ihre Arbeit, die Obfrauen Waltraud Riegler und Gudrun Hauer, euren lieben, blühend jungen Obmann Christian Högl. Es wären so viele, viele Namen zu nennen: Kurt Krickler, das unendliche Ross der Arbeit, Schmutzer, der Filigrane, und diese Hunderten, die ein ganzes Monat arbeiten an der europäischen Versammlung des gesamten Queer-Personals des Kontinents, jetzt in Wien. Und wo die Regierung keinen Schilling hergibt dafür. Ich möchte hier noch besonders, pars pro toto, an die Oberschenkel meines unendlich süßen, lieben Hannes Sulzenbacher gemahnen. Oh, einmal eingeweiht werden in die Unverschämtheit, wenn die Säfte rinnen aus den Quellen dieser Lenden. Aber trete ich in Verhandlungen, sagt Sulzenbacher immer, er sei seit Jahrzehnten „auf das Stupideste liiert, du weißt ja, wie elend konservativ ich bin“. Ich wette, er sagte was anderes, hätte ich was zum Gegenquillen anzubieten und kniete vor ihm, wie ein Zelt vor der Votivkirche.