Seite wählen

Chronik Richtlinien-Umsetzung

Im Juni 1997 wurde der Vertrag von Amsterdam beschlossen. Nach Ratifizierung des Vertrags durch alle Mitgliedsstaaten trat er am 1. Mai 1999 in Kraft. Er enthält den für Lesben und Schwule äußerst bedeutsamen neuen Artikel 13 (EG-Vertrag in der Fassung des Amsterdamer Vertrags), der später zu Artikel 19 im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) wurde.

Die Chronologie der Ereignisse, die zum Artikel 13 EG-Vertrag sowie zur Aufnahme von „sexueller Orientierung“ als Schutzkategorie in diesen Artikel führten (und die Lobbying-Aktivitäten der HOSI Wien in diesem Zusammenhang), findet sich hier.

Artikel 13 legt kein Diskriminierungsverbot fest, sondern überträgt „bloß“ der EU die Kompetenz, Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung zu ergreifen. Diese Maßnahmen müssen vom Rat, also den Regierungen aller Mitgliedsstaaten, einstimmig gefasst werden.

Noch während der Ratifizierungsphase des Vertrags von Amsterdam begann die EU-Kommission mit den Vorarbeiten für die ersten Maßnahmen auf der Basis des Artikels 13. Schließlich verabschiedete der Rat am 27. November 2000 die EU-Richtlinie 2000/78/EG „zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ (Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am 2. Dezember 2000), die bis zum Dezember 2003 von allen Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden musste.

Auch der europäische Lesben- und Schwulenverband ILGA-Europa begann sehr früh mit seinen Lobbying-Aktivitäten. Ebenso die HOSI Wien. Während sich auf europäischer Ebene die Lobbying-Bemühungen auf die Umsetzung erster Maßnahmen aufgrund von Artikel 13 konzentrierten, fokussierten sich in Österreich die Bestrebungen auf ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz im UNO-Menschenrechtsjahr 1998.

Durch den Umstand, dass ich seit 1997 auch Vorstandsvorsitzender der ILGA-Europa gewesen bin, war die HOSI Wien sehr unmittelbar in die europäischen Lobbying-Aktivitäten involviert.

Im Folgenden daher eine gemeinsame Übersicht über die Aktivitäten, die zur Berücksichtigung von „sexueller Orientierung“ in der EU-Richtlinie geführt haben, sowie über das Lobbying für ein Antidiskriminierungsgesetz und eine umfassende Umsetzung der EU-Richtlinie in Österreich:

3. März 1997: Das Außenministerium ladet nichtstaatliche Organisationen (NGOs) zu einem ersten Informationsgespräch betreffend Aktivitäten im Rahmen des bevorstehenden UNO-Menschenrechtsjahres 1998 ein. Die HOSI Wien nimmt teil und deponiert ihr Anliegen, „Lesben- und Schwulenrechte“ zu einem der Schwerpunkte der österreichischen Aktivitäten zu machen (vgl. LAMBDA-Nachrichten 2/1997, S. 13 f).

24. April 1997: Interessierte NGOs treffen sich erstmals, um ihre Aktivitäten zu koordinieren. Ein informelles Netzwerk entsteht, und zahlreiche Sitzungen bis nach dem Ende des UNO-Jahres werden folgen. Die HOSI Wien nimmt regelmäßig daran teil. Für den gemeinsamen Forderungskatalog formuliert u. a. die HOSI Wien vier Forderungen, darunter jene nach „Schaffung von Antidiskriminierungsbestimmungen, die vor Ungleichbehandlung und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung schützen“ (vgl. LN 3/1997, S. 26).

10. Dezember 1997: Die HOSI Wien nimmt an der konstituierenden Sitzung des Nationalkomitees Menschenrechtsjahr teil. Dem Komitee gehören VertreterInnen diverser Ministerien, Landesregierungen, anderer offizieller Stellen sowie nichtstaatlicher Organisationen an. Die HOSI Wien ist auch in den beiden Arbeitsgruppen des Komitees vertreten. Sie beschäftigen sich mit Fragen der nationalen Umsetzung der Menschenrechte sowie deren Durchsetzung auf internationaler Ebene (vgl. LN 1/1998, S. 34). Die HOSI Wien schlägt sowohl im NGO-Netzwerk als auch im Nationalkomitee die Schaffung eines AD-Gesetzes vor und forciert diese Idee in der Folge vehement.

13. Jänner 1998: EU-Sozialkommissar Pádraig Flynn ist in Straßburg Gast in der Sitzung der Intergruppe „Gleichstellung von Schwulen und Lesben“ des Europäischen Parlaments (EP), bei der ich die ILGA-Europa vertrete. Flynn gibt bekannt, dass die EU-Kommission bereits im Sinne des Artikels 13 initiativ geworden ist. Für das Jahresende sei eine große Konferenz geplant (vgl. LN 2/1998, S. 64 f).

22. März 1998: Auf ihrer 19. ordentlichen Generalversammlung verabschiedet die HOSI Wien eine Resolution, mit der sie aus Anlass des UNO-Menschenrechtsjahres 1998 die Schaffung eines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes fordert. Entsprechende Briefe ergehen an die Klubobleute der fünf Parlamentsparteien sowie an Bundeskanzler Viktor Klima, ÖVP-Bundesparteiobmann Wolfgang Schüssel und Justizminister Nikolaus Michalek (vgl. LN 2/1998, S. 17 f).

Ende März 1998: Die ILGA-Europa wird in die Plattform europäischer Sozial-NGOs mit Sitz in Brüssel aufgenommen (vgl. LN 2/1998, S. 65).

1. April 1998: Gast beim Treffen der Intergruppe „Gleichstellung von Schwulen und Lesben“ ist eine Vertreterin der britischen EU-Präsidentschaft. Sie berichtet über ein bevorstehendes Treffen hochrangiger EU-Beamter in Oxford, auf dem die erste Meinungsbildung betreffend Maßnahmen auf Basis von Artikel 13 erfolgen soll. Ich nehme für die ILGA-Europa an dieser Sitzung der Intergruppe in Straßburg teil.

6. April 1998: Die HOSI Wien trifft Wolfgang Feiel, den Vertreter Österreichs beim ersten Treffen hochrangiger Beamter aller 15 EU-Staaten, zu einem Gespräch. Nach dem Treffen in Oxford am 8. und 9. April berichtet Feiel in einem Schreiben an die HOSI Wien, dass dieses Treffen als Beginn eines Diskussionsprozesses zu werten sei und die österreichische Delegation sich jedenfalls weiterhin bemühen werde, „auch in Ihrem Sinn tätig zu werden“ (vgl. LN 3/1998, S. 22).

16. Juni 1998: Wolfgang Feiel ladet Vertreter der Lesben- und Schwulenbewegung zu einem Gedankenaustausch über die konkrete Umsetzung von Artikel 13 ins Bundeskanzleramt ein. Ich vertrete bei dieser Gelegenheit die HOSI Wien. Das Gespräch dient Feiel auch als Vorbereitung auf die am nächsten Tag stattfindende Sitzung der Intergruppe „Gleichstellung von Schwulen und Lesben“.

17. Juni 1998: Die Intergruppe „Gleichstellung von Schwulen und Lesben“ hat den am 1. Juli 1998 beginnenden österreichischen EU-Ratsvorsitz zu ihrer monatlichen Sitzung nach Straßburg eingeladen. Wolfgang Feiel kündigt an, dass die österreichische EU-Präsidentschaft plant, die Treffen hochrangiger EU-Beamter fortzusetzen, wobei auch daran gedacht sei, NGOs dazu einzuladen. Ich nehme als Vorstandsvorsitzender der ILGA-Europa an dieser Intergruppen-Sitzung teil (vgl. LN 3/1998, S. 22 f). Siehe dazu auch Medienaussendung der HOSI Wien vom 18. 6. 1998.

19. Juni 1998: Eine siebenköpfige Delegation, der auch ich als HOSI-Wien-Generalsekretär angehöre, überreicht Bundeskanzler Viktor Klima den „Forderungskatalog österreichischer nichtstaatlicher Organisationen zur strukturellen Verankerung der Menschenrechte in Österreich“, der aus Anlass des UNO-Menschenrechtsjahres ausgearbeitet worden ist (vgl. LN 3/1998, S. 21).

25. Juni 1998: Das Bruno-Kreisky-Forum in Wien lädt zu einem Gespräch mit der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte Mary Robinson ein. Ein u. a. gemeinsam von der HOSI Wien und der Initiative Minderheiten verfasstes Papier über die Situation ethnischer und sozialer Minderheiten wird überreicht. Für die HOSI Wien nimmt Obmann CHRISTIAN HÖGL an diesem Gespräch teil (vgl. LN 3/1998, S. 22).

30. Juni 1998: Am Vorabend der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes durch Österreich wendet sich die HOSI Wien in einer Medienaussendung mit ihren diesbezüglichen Forderungen an die Öffentlichkeit.

13. Juli 1998: Drei ILGA-Europa-Vorstandsmitglieder, darunter ich, treffen im Bundeskanzleramt (BKA) mit VertreterInnen des österreichischen EU-Vorsitzes zusammen. In dem Gespräch geht es auch um die Umsetzung von Artikel 13 (vgl. LN 3/1998, S. 44).

21. Juli 1998: Das Nationalkomitee Menschenrechtsjahr hält eine weitere Sitzung ab. Die HOSI Wien verteilt ihre Broschüre Übersicht über Antidiskriminierungsgesetze in Europa, eine Zusammenstellung einschlägiger Gesetze, die auch „sexuelle Orientierung“ ausdrücklich miteinschließen. Zuvor hat sich das NGO-Netzwerk darauf geeinigt, die Lancierung eines österreichischen Antidiskriminierungsgesetzes (AD-Gesetz) zu einem seiner Schwerpunkte im Menschenrechtsjahr zu machen.

24. August 1998: Das NGO-Netzwerk hält eine gemeinsame Pressekonferenz ab, bei der ich die HOSI Wien am Podium vertrete.

11.–12. September 1998: Das NGO-Netzwerk hält ein Workshop, an dem auch die HOSI Wien teilnimmt, ab, um sich darüber auszutauschen, was sich die einzelnen Organisationen von einem AD-Gesetz erwarten und welche ihre diesbezüglichen Mindestanforderungen wären. Eine Arbeitsgruppe wird eingesetzt, die bis zum Sommer 1999 einen Entwurf für ein AD-Gesetz ausarbeiten soll (vgl. LN 4/1998, S. 38).

30. November 1998: Die ILGA-Europa schließt ihr von der EU-Kommission (GD V) gefördertes Projekt „Gleichstellung von Lesben und Schwulen – eine relevante Frage im zivilen und sozialen Dialog“ mit einem Workshop in Brüssel ab. Mit VertreterInnen anderer Menschenrechts- und Sozial-NGOs wird u. a. mögliche Zusammenarbeit bei gemeinsamen Anliegen, etwa der Umsetzung von Artikel 13, erörtert. Ich nehme an dem Workshop teil (vgl. LN 1/1999, S. 44). Die HOSI Wien ist eine von fünf ProjektpartnerInnen der ILGA-Europa und hat dieses Projekt finanziell unterstützt und dafür auch Förderungen in der Höhe von 70.000 Schilling durch das österreichische Sozial- und Frauenministerium akquiriert. Die im Rahmen dieses Projekts verfasste Publikation gleichen Titels ist auch auf deutsch erschienen. Die englische Fassung ist bereits auf dem „2. Europäischen Forum für Sozialpolitik“ in Brüssel vom 24. bis 26. Juni 1998 präsentiert worden (vgl. LN 3/1998, S. 41 ff).

3.–4. Dezember 1998: Die Europäische Kommission und der österreichische EU-Vorsitz veranstalten in Wien eine Konferenz über die konkrete Umsetzung von Artikel 13 – „Bekämpfung der Diskriminierungen: Orientierungen für die Zukunft“ –, an der rund 250 Personen teilnehmen, darunter ich für die HOSI Wien. Sozialkommissar Pádraig Flynn gibt erstmals die Pläne der EU-Kommission bekannt: ein dreiteiliges Maßnahmen-Paket, bestehend aus: erstens einer Rahmenrichtlinie gegen Diskriminierung aufgrund aller in Artikel 13 angeführten Gründe, die sich jedoch auf die Arbeitswelt beschränken soll; zweitens einer Richtlinie gegen Diskriminierung aufgrund der Rasse, die auch andere Bereiche umfassen soll, und drittens einem Aktionsprogramm zur Bekämpfung von Diskriminierung.

10. Dezember 1998: Anlässlich des 50. Jahrestags der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen findet in der Wiener Hofburg ein vom Außenministerium organisierter Festakt statt, zu dem – nach Insistieren des gesamten NGO-Netzwerks – auch die HOSI Wien eingeladen wird und bei dem sie eine Stellwand mit einem großen Plakat mit der Aufschrift Gay and Lesbian Rights are Human Rights dekorieren kann.

21. Dezember 1998: Vertreter des NGO-Netzwerks, darunter ich, treffen mit der neuen, im BKA für das Nationalkomitee zuständigen Person, Ingrid Siess-Scherz, zusammen. Die Bundesregierung hat aus Anlass des UNO-Jahres für die Arbeit der Menschenrechts-NGOs Fördermittel in der Höhe von fünf Millionen Schilling bereitgestellt. U. a. wird eine am Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte in Wien angesiedelte Halbtags-„Koordinierungsstelle Menschenrechtsjahr“ aus diesem Topf finanziert (vgl. LN 1/1999, S. 14 f).

2. März 1999: SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim präsentiert das Positionspapier Justiz 2000 für ein Justizprogramm der SPÖ. Die Forderung nach einem Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ist darin enthalten (vgl. LN 2/1999, S. 7).

27. März 1999: Ich nehme in Brüssel als einer von drei Vertretern der Plattform europäischer Sozial-NGOs an der ersten Sitzung einer von der Generaldirektion (GD) V eingerichteten Arbeitsgruppe zur Diskussion des von der EU-Kommission präsentierten Maßnahmen-Pakets zur Umsetzung von Artikel 13 teil. Neben NGOs sind auch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände dazu eingeladen (vgl. LN 2/1999, S. 55).

22. April 1999: ILGA-Europa-Vertreter Alberto Volpato und ich treffen in Brüssel mit der stellvertretenden Generaldirektorin der GD V, Odile Quintin, zu einem Gespräch u. a. über die Umsetzung von Artikel 13 zusammen.

1. Mai 1999: Nach dem zweijährigen Ratifizierungsprozess tritt der im Juni 1997 verabschiedete Vertrag von Amsterdam und damit Artikel 13 EGV in Kraft. Es wird jedoch befürchtet, dass sich durch den Rücktritt der EU-Kommission Ende März 1999 die Arbeiten an der Umsetzung des Artikel-13-Maßnahmenpakets verzögert.

6.–7. Mai 1999: Ich nehme in Brüssel an einer von der GD V organisierten Round-Table-Konferenz über die Bekämpfung sozialer Ausgrenzung teil.

17. Mai 1999: Ich nehme in Brüssel am 2. Treffen der von der GD V eingerichteten Arbeitsgruppe teil.

18. Mai 1999: Die GD V ladet die europäische Sozial-Plattform in Brüssel zu einem Briefing über die Umsetzung von Artikel 13 ein. Ich vertrete bei dieser Gelegenheit die ILGA-Europa.

27. Mai 1999: ILGA-Europa führt ein Gespräch mit Vertretern des deutschen EU-Ratsvorsitzes im Außenministerium in Bonn. Die Umsetzung von Artikel 13 steht auf der Tagesordnung.

27. Mai 1999: Ich vertrete die ILGA-Europa auf einem Seminar der Sozial-Plattform in Bonn, bei dem es u. a. um die Koordination der Lobbying-Aktivitäten aller Organisationen geht, die Gruppen vertreten, die von den im Artikel 13 genannten Diskriminierungsgründen betroffen sind.

28. Mai 1999: Arbeitsgespräch in Brüssel zwischen GD V und Sozial-Plattform über die Fördermöglichkeiten im Rahmen der geplanten Projektausschreibung für vorbereitende Maßnahmen in Hinblick auf die Umsetzung von Artikel 13. Ich vertrete wieder die ILGA-Europa.

22. Juni 1999: Ich nehme in Brüssel an der Sitzung der neugegründeten Artikel-13-Arbeitsgruppe der Sozial-Plattform teil. Weitere Sitzungen werden folgen (vgl. LN 3/1999, S. 41 ff).

2.–3. Oktober 1999: Die HOSI Wien organisiert in Wien für die ILGA-Europa eine Tagung zu Artikel 13, an der rund 45 Lesben- und SchwulenaktivistInnen aus den EU-Staaten sowie den Beitrittsländern teilnehmen. Die Tagung ist Teil eines neuen Projekts der ILGA-Europa, das von der EU-Kommission (GD X – Programm „Building Europe Together“) gefördert wird. Die HOSI Wien ist abermals eine von zehn offiziellen ProjektpartnerInnen und unterstützt das Projekt auch finanziell. Zudem hat die HOSI Wien insgesamt 230.000 Schilling an Subventionen von österreichischen Stellen zur Ko-Finanzierung des Projekts akquiriert, darunter aus dem oben genannten Topf für Projekte im Rahmen des Menschenrechtsjahrs 1998. Diese Förderung wird für die Herausgabe des ILGA-Europa-Leitfadens Nach Amsterdam: Sexuelle Orientierung und die Europäische Union verwendet, der im September 1999 in vier Sprachen, darunter auf deutsch, erschienen ist. Als Projektkoordinator bin ich auch Herausgeber des Leitfadens. Die deutsche Fassung des 84 Seiten starken Leitfadens ist bald vergriffen, kann allerdings in elektronischer Fassung hier heruntergeladen werden. Der Leitfaden bezieht sich bereits auf ein erstes Diskussionspapier betreffend Maßnahmen zur Umsetzung von Artikel 13, das die EU-Kommission im Mai 1999 veröffentlicht hat (vgl. LN 4/1999, S. 29).

10. November 1999: ILGA-Europa-VertreterInnen, darunter ich, treffen in Helsinki mit hochrangigen BeamtInnen des finnischen Außenministeriums zusammen (Finnland hält den EU-Ratsvorsitz), um u. a. über die Umsetzung von Artikel 13 zu sprechen.

25. November 1999: Die EU-Kommission legt offiziell ihre Vorschläge für die Umsetzung des Artikels 13 an den Rat und das Europäische Parlament vor. Sie weichen im wesentlichen nicht von dem im Mai 1999 vorgelegten Diskussionspapier ab. Leider sehen die beiden Richtlinien weiterhin eine Hierarchie im Schutz vor Diskriminierung vor. Die Anti-Rassismus-Richtlinie umfasst nämlich über die Arbeitswelt hinaus weitere Bereiche wie den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, soziale Vergünstigungen, Bildung und insbesondere auch den Zugang zu und die Versorgung mit Waren und Dienstleistungen. Die ILGA-Europa hat immer gegen diese Hierarchisierung Stellung bezogen und tut dies weiterhin. Auch die HOSI Wien hat bereits vor der Beschlussfassung der Kommission an den österreichischen EU-Kommissar Franz Fischler geschrieben und ihn aufgefordert, sich in der Kommission für gleichen Schutz aller Gruppen vor Diskriminierung einzusetzen (vgl. LN 1/2000, S. 23 ff).

30. November – 1. Dezember 1999: Ich vertrete die ILGA-Europa beim 1. EU-Menschenrechts-Diskussionsforum, das die finnische Ratspräsidentschaft gemeinsam mit der EU-Kommission in Brüssel veranstaltet und wo es einmal mehr um die Umsetzung von Artikel 13 geht.

3.–5. Dezember 1999: Ich referiere zu Artikel 13 bei einem von der Sozial-Plattform organisierten Workshop auf dem NGO-Forum Citizens’ Agenda 2000 in Tampere.

11. Dezember 1999: Sitzung der NGO-Referenzgruppe für das AD-Gesetz. Der eigentlich bereits für Sommer 1999 geplante Entwurf für ein AD-Gesetz ist in der ersten Roh- bzw. Diskussionsfassung fertig. Mittlerweile haben sechs Organisationen – das Ludwig-Boltzmann-Institut (LBI) für Menschenrechte, die Initiative Minderheiten, Selbstbestimmt Leben Initiative Österreich (SLIÖ), SOS Mitmensch, Helping Hands und die HOSI Wien –  die Ausarbeitung eines österreichischen AD-Gesetzes als gemeinsames Projekt zur Förderung aus den von der Bundesregierung für das Menschenrechtsjahr zur Verfügung gestellten Mitteln eingereicht und eine solche erhalten. Der Entwurf ist unter Federführung des LBI für Menschenrechte und unter Mitwirkung einer juristischen und einer NGO-Referenzgruppe entstanden. Beide Gruppen waren durch laufende Diskussion und Erörterung in den Entstehungsprozess eingebunden. Ich habe die HOSI Wien auf etlichen Sitzungen der NGO-Referenzgruppe vertreten (vgl. LN 1/2000, S. 16).

28. Dezember 1999: Da jetzt der Rat einstimmig den von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlägen zustimmen muss, verstärkt die HOSI Wien ihr Lobbying bei der Bundesregierung. In einem Gespräch mit drei zuständigen MitarbeiterInnen des Sozialministeriums erläutern HOSI-Wien-Obfrau WALTRAUD RIEGLER und ich ihre Bedenken gegen besagte Hierarchie im Schutz vor Diskriminierung und fordern die österreichische Regierung auf, sich im Rat dagegen auszusprechen (vgl. LN 1/2000, S. 23 ff).

28. Februar 2000: Ich treffe in Brüssel die Vertreter des EU-Ausschusses der Regionen, die für den Ausschuss eine Stellungnahme zu den Kommissionsvorschlägen verfassen werden.

1. März 2000: Ich treffe in Brüssel die Vertreter des EU-Wirtschafts- und Sozialausschusses, die für den Ausschuss eine Stellungnahme zu den Kommissionsvorschlägen verfassen werden.

2. März 2000: Die liberale britische EP-Abgeordnete Elizabeth Lynn ladet NGO-VertreterInnen zu einem Meinungsaustausch über das Artikel-13-Paket der Kommission ins EP in Brüssel ein. Ich vertrete bei dieser Gelegenheit die ILGA-Europa und die Plattform europäischer Sozial-NGOs.

17. März 2000: Ich treffe in Lissabon mit BeamtInnen des portugiesischen Außenministeriums zusammen (Portugal hält den EU-Ratsvorsitz), um u. a. über die Umsetzung von Artikel 13 zu sprechen.

30. März 2000: Die Labour-Abgeordneten im EP laden NGO-VertreterInnen zu einem Meinungsaustausch über das Artikel-13-Paket der Kommission ein. Ich vertrete einmal mehr die ILGA-Europa bei dieser Veranstaltung im EP in Brüssel (vgl. LN 2/2000, S. 29 ff).

15. Mai 2000: Ich referiere in Brüssel auf einem eintägigen Artikel-13-Seminar der Sozial-Plattform.

23.–24. Mai 2000: Ich nehme in Brüssel an der gemeinsamen öffentlichen Anhörung „The Fight against Discrimination – New Perspectives under Article 13“ des EP-Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und Innere Angelegenheiten sowie des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, die für alle drei Elemente des Artikel-13-Pakets getrennte Berichte verfasst haben bzw. noch verfassen sollen, teil.

7. Juni 2000: Dieter Schindlauer, Verfasser des Entwurfs für ein AD-Gesetz vom LBI für Menschenrechte, stellt bei einer Veranstaltung auf der Uni Wien seinen nach weiterem NGO-Input nochmals überarbeiteten Entwurf einer breiten NGO- und ExpertInnen-Öffentlichkeit zur Diskussion vor. Auch die HOSI Wien nimmt daran teil (vgl. LN 3/2000, S. 24 f).

21.–25. Juni 2000: Die HOSI Wien unterstützt die ILGA-Europa bei der Organisation eines viertägigen Seminars in Wien, bei dem es ebenfalls um Antidiskriminierung und Artikel 13 geht. Das Seminar ist Teil des von der EU-Kommission geförderten Projekts Stepping Stones and Roadblocks, das die ILGA-Europa gemeinsam mit dem Anti-Rassismus-Netzwerk UNITED for Intercultural Action und dem Behindertenverband Mobility International durchführt.

29. Juni 2000: Der Rat verabschiedet die „Richtlinie 2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft“ (Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am 19. Juli 2000). Die Verabschiedung der anderen beiden Kommissionsvorschläge, der Richtlinie sowie des Aktionsprogramms, verzögert sich, weil das Europa-Parlament die Sache noch nicht behandelt hat. Dass diese Richtlinie im Rekordtempo durch die diversen EP-Ausschüsse gepeitscht und so rasch beschlossen wird –­ immerhin ist dafür eine einstimmige Entscheidung im Rat erforderlich –, ist in erster Linie Jörg Haider und der Regierungsbeteiligung der FPÖ im Februar 2000 zu verdanken (vgl. LN 3/2000, S. 31).

Juli 2000: Dass Artikel 13 nicht isoliert zu sehen ist, sondern ganz konkrete Auswirkungen auf andere Bereiche hat, zeigt sich beispielsweise auch bei EQUAL, einem der größten Programme der EU im Bereich Beschäftigung, das 1999 die Nachfolge der Gemeinschaftsinitiativen ADAPT und BESCHÄFTIGUNG angetreten hat. Da die EQUAL-Leitlinien auch Eingang in die nationalen Programme und Pläne für EQUAL finden sollen, hat die HOSI Wien im Juli 2000 mit einem zuständigen Beamten im Sozialministerium Kontakt aufgenommen und darauf hingewiesen bzw. ersucht, dass sexuelle Orientierung auch im österreichischen EQUAL-Programm ausdrücklich berücksichtigt werde, und ihm auch relevante Informationen zur Verfügung gestellt. Diesem Ersuchen wird nachgekommen, und so enthält der von Österreich bei der Kommission im September 2000 eingereichte Entwurf für das Programm EQUAL Österreich 2000–2006 – im Kapitel 3. Strategie der Interventionen des ESF (Europäischen Sozialfonds) – folgenden Absatz, durch den gewährleistet ist, dass auch Personen in österreichische EQUAL-Projekte aufgenommen werden können, die aufgrund der sexuellen Orientierung diskriminiert werden:
Im Rahmen der Schwerpunkte des Programms werden Zielgruppen genannt, die von den Maßnahmen in erster Linie profitieren sollen –­ vor allem auch im Hinblick auf budgetäre Überlegungen wurde diese Konzentration vorgenommen. Es besteht für die Entwicklungspartnerschaften jedoch die Möglichkeit, Personen, die im Sinne der EQUAL-Leitlinie bzw. von Artikel 13 EG-Vertrag aus anderen, im Programm nicht näher ausgeführten Gründen am Arbeitsmarkt Diskriminierungen ausgesetzt sind, in die Projekte aufzunehmen (vgl. LN 1/2001, S. 36 ff).

August 2000: ILGA-Europa verfasst noch ein letztes Positionspapier mit konkreten Abänderungsvorschlägen zum Richtlinienentwurf der Kommission sowie zu den einzelnen Berichten des EP.

5. Oktober 2000: Das EP in Straßburg verabschiedet mit großer Mehrheit einen sehr guten und positiven Bericht zur ausstehenden Rahmenrichtlinie. Das EP hat allerdings kein Mitentscheidungsrecht in dieser Sache, sondern wird nur angehört (vgl. LN 4/2000, S. 36 ff).

16. Oktober 2000: Das Projekt „AD-Gesetz“ wird mit dem 10. Bruno-Kreisky-Preis für Verdienste um die Menschenrechte ausgezeichnet. Das Preisgeld hilft, das Projekt zu Ende zu führen, da die Förderung der Bundesregierung aus den Mitteln für das Menschenrechtsjahr längst aufgebraucht sind (vgl. LN 4/2000, S. 25).

17. Oktober 2000: Der Rat einigt sich auf den vorläufigen Text für die „Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“. Die endgültige Verabschiedung erfolgt im November, nachdem die SprachjuristInnen den Text finalisiert haben.

18. Oktober 2000: Die HOSI Wien fordert in einer Presseaussendung die Umsetzung der Richtlinie durch Österreich in Form eines umfassenden AD-Gesetzes (vgl. LN 1/2001, S. 36 ff).

7. November 2000: Ich nehme an der halbjährlich stattfindenden Sitzung zwischen Kommission und Sozial-Plattform in Brüssel teil. Bei dieser Gelegenheit frage ich die Generaldirektorin der Generaldirektion Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, ob von Kommissionsseite beabsichtigt sei, weitere gesetzliche Initiativen zur Umsetzung von Artikel 13 zu setzen, um die nunmehr etablierte Hierarchie beim Schutz vor Diskriminierung zu beseitigen. Dies wird von Odile Quintin kategorisch verneint, die Verabschiedung der beiden Richtlinien und des Aktionsprogramms sei so mühsam gewesen, dass von den Mitgliedsstaaten keine Unterstützung für weitere Projekte in naher Zukunft zu erwarten sei.

27. November 2000: Der Rat beschließt endgültig die Rahmenrichtlinie. Ein historisches Ereignis für Lesben und Schwule in der EU.

2. Dezember 2000: Die Richtlinie wird im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Ab nun haben die Mitgliedsstaaten drei Jahre Zeit, die Bestimmungen der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

9. Dezember 2000: Kaum sind die ersten Maßnahmen aufgrund von Artikel 13 EGV verabschiedet worden, wird die Bestimmung auch schon wieder geändert, und zwar im Rahmen der Regierungskonferenz, die mit dem Gipfel und Vertrag von Nizza endet. Im Artikel 13 wird ein zweiter Absatz angefügt, der vorsieht, dass der Rat gemeinschaftliche Fördermaßnahmen – unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten – mit qualifizierter Mehrheit verabschieden kann, wobei das Europäische Parlament in diesem Fall ein Mitentscheidungsrecht hat. Leider gelingt es nicht, diese Änderung auch für gesetzgeberische Maßnahmen durchzusetzen, obwohl Kommission, Parlament und NGOs dafür eingetreten sind. Für gesetzliche Maßnahmen gilt weiterhin das Einstimmigkeitsprinzip (vgl. LN 1/2001, S. 36 ff).

14. Dezember 2000: ILGA-Europa-Vorstandsmitglieder ISABELLE CRUETTE und ich treffen in Paris mit BeamtInnen des französischen Außenministeriums zusammen (Frankreich hält den EU-Ratsvorsitz).

24. Jänner 2001: Die Forderung nach einem AD-Gesetz steht auch auf der Tagesordnung eines Gesprächs, das CHRISTIAN HÖGL und ich mit Winfried Pinggera, einem Mitarbeiter Bundeskanzlers Schüssels, führen.

12. März 2001: Dieter Schindlauer präsentiert bei einer Veranstaltung im Wiener Juridicum den endgültigen Entwurf für ein österreichisches Antidiskriminierungsgesetz. Ich gebe als einer von mehreren NGO-VertreterInnen für die HOSI Wien dazu eine Stellungnahme ab (vgl. LN 2/2001, S. 31). Der Entwurf wurde später dem Nationalrat zugeleitet, aber seine Erörterung von der schwarz-blauen Mehrheit im Parlament verhindert.

22. März 2001: Die beiden ILGA-Europa-Vorstandsvorsitzenden JACKIE LEWIS und ich treffen in Stockholm mit einer hochrangigen Beamtin im schwedischen Außenministerium zusammen (Schweden hält den EU-Ratsvorsitz).

8. Juni 2001: JACKIE LEWIS und ich treffen in Brüssel mit hochrangigen Vertretern des kommenden belgischen EU-Ratsvorsitzes zusammen.

24. Juni 2001: Die HOSI Wien veranstaltet gemeinsam mit ILGA-Europa und CSD Wien im Rahmen von EuroPride ein eintägiges Kolloquium im Wiener Rathaus, bei dem es auch um die Möglichkeiten der EU im Kampf gegen Diskriminierung geht.

14.–15. Juli 2001: Die ILGA-Europa organisiert das erste jährliche Treffen ihres neu ins Leben gerufenen EU-Koordinations-Netzwerks. Dem Netzwerk gehören VertreterInnen von Mitgliedsorganisationen in allen EU-Ländern an, die in spezifischen EU-Fragen auf nationaler Ebene mit der ILGA-Europa zusammenarbeiten wollen. Für Österreich bin ich für die HOSI Wien in diesem Netzwerk vertreten. Artikel 13, Umsetzung der Rahmenrichtlinie und weitere Maßnahmen in Sachen Nichtdiskriminierung sind wichtige Themen des Treffens (vgl. LN 3/2001, S. 38 ff).

29. September 2001: In Duisburg nehme ich an der europäischen Tagung Entwicklung von Qualitätsstandards bei der Erfassung, Bearbeitung und Mediation von Diskriminierung im Netzwerk teil und stelle dabei das gemeinsame NGO-Projekt eines österreichischen Antidiskriminierungsgesetzes vor.

10. Oktober 2001: Ich nehme in Wien an der Tagung Arbeitsmarkt und Diskriminierung teil, die von der Volkshilfe und Arbeiterkammer im Rahmen eines Projekts des Programmschwerpunkts „Die Europäische Union gegen Diskriminierung“ veranstaltet wird.

18.–19. Oktober 2001: Ich vertrete in Brüssel die ILGA-Europa auf einer von der EU-Kommission veranstalteten Konferenz zum Gemeinschaftsprogramm zur Bekämpfung von Diskriminierung und spreche mich in seinem Statement leidenschaftlich für eine „horizontale“ (Diskriminierungsgründe übergreifende) Herangehensweise aus (vgl. LN 4/2001, S. 31).

11. Jänner 2002: Die HOSI Wien schreibt an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein und ersucht um einen Gesprächstermin wegen Umsetzung der Richtlinie (vgl. LN 1/2002, S. 24). Im März 2002 teilt das BMWA mit, dass geplant sei, die Richtlinien durch entsprechende Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes umzusetzen.

4. Februar 2002: Die HOSI Wien verweist im Rahmen des Begutachtungsverfahrens in ihrer Stellungnahme (ans Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit) zur geplanten Einführung der Sterbehospiz-Karenz auf die Rahmenrichtlinie und fordert die Ausweitung der Angehörigendefinition im Gesetz auf gleichgeschlechtliche LebensgefährtInnen, da verschiedengeschlechtliche bereits berücksichtigt sind. Eine Ungleichbehandlung verstoße gegen die Richtlinie (vgl. LN 2/2002, S. 28).

20.–21. April 2002: Ich nehme am 2. Treffen des EU-Koordinations-Netzwerks der ILGA-Europa in Brüssel teil, wo es einmal mehr um die Umsetzung der Richtlinien geht.

22. Mai 2002: ILGA-Europa-VertreterInnen, darunter ich, treffen in Kopenhagen mit BeamtInnen im dänischen Außenministerium zusammen (Dänemark übernimmt am 1. Juli 2002 den EU-Ratsvorsitz).

23. Mai 2002: Der Nationalrat verabschiedet das Sterbekarenzgesetz, ohne gleichgeschlechtliche LebensgefährtInnen als Angehörige anzuerkennen (vgl. LN 3/2002, S. 17 f).

31. Mai 2002: Die ILGA-Europa-VertreterInnen METTE VADSTRUP und ich treffen in Brüssel einen Vertreter der spanischen EU-Ratspräsidentschaft.

8. Juli 2002: Pressekonferenz im Café Landtmann zur Forderung nach einem AD-Gesetz im Rahmen der von der ÖH initiierten Stop Discrimination!-Kampagne. Ich vertrete die HOSI Wien am Podium.

5.–6. April 2003: Ich nehme am 3. Treffen des EU-Koordinations-Netzwerks der ILGA-Europa in Gent teil, wo es einmal mehr u. a. um die Umsetzung der Richtlinien geht.

14. April 2003: Die HOSI Wien hat einen Gesprächstermin mit vier Beamten des BMWA. Es gibt keine Neuigkeiten über den Stand der Dinge in Sachen Umsetzung seit dem Brief des Ministeriums an die HOSI Wien vom März 2002 (vgl. LN 2/2003, S. 13 ff).

27. Mai 2003: Die HOSI Wien fordert in einer Medienaussendung neuerlich die Umsetzung der Richtlinie durch Österreich in Form eines umfassenden AD-Gesetzes und bedauert, dass die Untätigkeit und Säumigkeit der Regierung die Umsetzung der Anti-Rassismus-Richtlinie innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht erfolgen kann.

27. Mai 2003: ILGA-Europa-VertreterInnen, darunter ich, treffen in Rom mit Vertretern des kommenden italienischen EU-Ratsvorsitzes zusammen.

25. Juni 2003: Die HOSI Wien fordert einmal mehr ein umfassendes AD-Gesetz auf der Pressekonferenz und in ihrer Medienaussendung anlässlich der Regenbogenparade 2003.

15. Juli 2003: Das BMWA legt endlich einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinien vor.

17. Juli 2003: Die HOSI Wien fordert als Reaktion darauf in einer Medienaussendung erneut ein umfassendes AD-Gesetz.

21.-22. Juli 2003: Ich nehme in Mailand an der Tagung „Fighting Discrimination“ des italienischen EU-Vorsitzes teil.

23. Juli 2003: Erstes von drei Treffen einiger NGOs, die bereits früher im Bereich AD-Gesetz zusammengearbeitet haben – darunter die HOSI Wien –, zwecks Ausarbeitung einer gemeinsamen Stellungnahme zum Regierungsentwurf für ein neues Gleichbehandlungsgesetz (GlBG). Die weiteren Treffen finden am 5. und 26. August statt.

7. August 2003: Die „Nationale Arbeitsgruppe“ für Österreich zur EU-weiten Kampagne „Für Vielfalt – Gegen Diskriminierung“ trifft sich zum ersten Mal in den Räumen der Vertretung der EU-Kommission in Wien. Für Konzept und Gestaltung der Kampagne zeichnet die in Berlin ansässige Werbeagentur MEDIA CONSULTA International verantwortlich. Um die Kampagne auf die nationalen Bedürfnisse der einzelnen Mitgliedsstaaten abstimmen zu können, hat die Agentur nationale Arbeitsgruppen ins Leben gerufen, denen u. a. VertreterInnen von Behörden und Ministerien sowie NGOs angehören, um ihren fachlichen Input einzubringen. Der österreichischen Arbeitsgruppe gehört die HOSI Wien als einzige Lesben- und Schwulenorganisation an.

8. September 2003: Die Begutachtungsfrist für den Entwurf für das neue GlGB, das für die Privatwirtschaft gelten soll, läuft ab. Die gemeinsame, von der HOSI Wien mitunterzeichnete NGO-Stellungnahme wird ebenso rechtzeitig abgegeben wie die eigene Stellungnahme der HOSI Wien.

15. September 2003: Die Begutachtungsfrist für die Novelle zum Bundesgleichbehandlungsgesetz läuft ab. Auch dazu gibt die HOSI Wien eine Stellungnahme im Rahmen des Begutachtungsverfahrens ab.

3. Dezember 2003: Die Umsetzungsfrist für die EU-Richtlinie 78/2000 endet. Da Österreich sie nicht fristgerecht umgesetzt hat, gilt sie für Österreich in ihrer ursprünglichen Fassung, betont die HOSI Wien in einer Medienaussendung am 2. 12.: Damit beginnt für Österreichs Lesben und Schwule ein neues Zeitalter. Ab morgen können Lesben und Schwule ihre neuen Rechte unter Berufung auf die Richtlinie bei österreichischen Gerichten einklagen, sollten ihre ArbeitgeberInnen gegen die Bestimmungen der Richtlinie verstoßen und ihnen die darin garantierten Rechte verwehren.

12. Jänner 2004: In Wien wird der „Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern“ vorgestellt, den mehrere NGOs initiiert haben, die von der Richtlinie betroffene Gruppen vertreten, darunter die HOSI Wien, für die ich an der Pressekonferenz teilnehme.

März 2004: Trotz der massiven Kritik vieler NGOs an den Erstentwürfen des Wirtschafts- und Arbeitsministeriums hält die Bundesregierung im wesentlichen an ihrem Ansatz fest. Die überarbeiteten, dem Gleichbehandlungsausschuss des Nationalrats übermittelten Regierungsvorlagen berücksichtigen keinen wesentlichen Kritikpunkt der NGOs. Nachdem die Beschlussfassung im März im Ausschuss vertagt wird, gibt es nochmals Versuche der Opposition und der NGOs, die Bundesregierung umzustimmen. Der Umstand, dass der Entwurf vorsieht, die bestehenden sowie die neu einzurichtenden Gleichbehandlungsanwaltschaften mit Bundesbediensteten zu besetzen, kommt der Opposition gelegen. Denn damit diese Bundesbediensteten ihre Aufgabe unabhängig wahrnehmen können, müssen sie verfassungsrechtlich weisungsfrei gestellt werden. Dazu bräuchte man die Zustimmung der Opposition, die sich eine solche natürlich teuer abkaufen lassen will. In den Verhandlungen im Parlament fordern SPÖ und Grüne daher wesentliche Verbesserungen der Regierungsvorlagen.

22. April 2004: Die Abgeordneten Barbara Prammer und Walter Posch von der SPÖ und Terezija Stoisits von den Grünen nehmen an einer gemeinsamen Pressekonferenz mit NGO-VertreterInnen (darunter ich für die HOSI Wien) teil, um nochmals ihre Standpunkte zu präsentieren.

28. April 2004: Während die Bundes-SPÖ die Bundesregierung wegen deren Regierungsvorlagen heftig kritisiert, gibt sich die Wiener SP eine ziemliche Blöße und beschert der Partei ein massives Glaubwürdigkeitsproblem, als sie ihre Entwürfe für die Umsetzung der EU-Richtlinien auf Landesebene vorlegt, denn diese sind um keinen Deut besser als die der Bundesregierung – im Gegenteil! Die HOSI Wien gibt eine Stellungnahme dazu im Rahmen des Begutachtungsverfahrens ab und kritisiert dabei die Wiener Entwürfe heftig (vgl. Aussendung sowie LN 3/2004).

26. Mai 2004: ÖVP und FPÖ setzen sich in ihrer unüberbietbaren Kaltschnäuzigkeit und Respektlosigkeit einmal mehr über die Rechtstaatlichkeit hinweg und beschließen schließlich im Nationalrat ihre Vorlagen – und in diesem Zusammenhang eine bloße einfachgesetzliche Weisungsfreistellung der Gleichbehandlungsanwaltschaften – wohlwissend, dass eine solche Regelung verfassungswidrig ist und gegebenenfalls vom Verfassungsgerichtshof wieder aufgehoben wird.

28. Mai 2004: Das Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte (BIM), ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) und die HOSI Wien kritisieren in einer gemeinsamen Medienaussendung einmal mehr, dass die Regierungsparteien vielen Einwänden der NGOs nicht Rechnung getragen haben. Einer der wenigen erfreulichen Punkte ist indes, dass das Gesetz namentlich auf den von ZARA, BIZEPS (Behindertenberatungszentrum – Zentrum für selbstbestimmtes Leben) und HOSI Wien ins Leben gerufenen „Klagsverband“ verweist, der Personen bei der gerichtlichen Geltendmachung ihres Rechts auf Nichtdiskriminierung unterstützen wird. Unter der Überschrift „Nebenintervention“ heißt es im § 62 GlBG: „Der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern“ kann, wenn es ein/e Betroffene/r verlangt, einem Rechtsstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz als Nebenintervenient (§§ 17 bis 19 ZPO) beitreten.

2. Juni 2004: Der Klagsverband hält seine konstituierende Generalversammlung ab. Dieter Schindlauer von ZARA wird zum Präsidenten, Martin Ladstätter von BIZEPS zum Schriftführer und ich zum Kassier gewählt.

30. Juni 2004: Die Wiener SPÖ trägt der massiven Kritik an ihrem Erstentwurf Rechnung und legt einen neuen Entwurf für ein einheitliches Antidiskriminierungsgesetz mit gleichem Schutzniveau für alle Gründe vor. Dieser wird am 30. Juni im Wiener Landtag verabschiedet.

1. Juli 2004: Das neue Gleichbehandlungsgesetz und das novellierte Bundesgleichbehandlungsgesetz (auf Bundesebene) treten in Kraft.

 

Nachträgliche Anmerkungen:

Seither hat die HOSI Wien – bisher vergeblich – um Angleichung des Schutzniveaus („Levelling-up“) für alle Diskriminierungsgründe an jenes für ethnische Herkunft, Geschlecht und Behinderung gekämpft. Die Schutzkategorie „sexuelle Orientierung“ wird auf bundesgesetzlicher Ebene bis heute nur im Bereich Arbeitswelt („Beschäftigung und Beruf“) berücksichtigt, nicht aber z. B. beim Zugang zu bzw. bei der Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen. Bisher dreimal scheiterten entsprechende Initiativen auf Regierungs- bzw. Parlamentsebene an der ÖVP und der katholischen Kirche. Eine Übersicht über diese Bemühungen habe ich meinem Blog-Beitrag vom 12. Jänner 2020 zusammengestellt.

Auch auf europäischer Ebene sind die Versuche, die 2000 durch die beiden EU-Richtlinien geschaffene Hierarchie beim Schutz vor Diskriminierung zu beseitigen, bis heute gescheitert, wie dies Odile Quintin am 7. November 2000 (siehe oben) vorausgesehen hat – etwa der am 2. Juli 2008 von der EU-Kommission präsentierte Vorschlag für eine „Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung“ (Dokument KOM(2008) 426) – vgl. dazu meinen Blog-Beitrag vom 3. Februar 2020.

Da die allermeisten Staaten im Gegensatz zu Österreich die Anwendungsbereiche der beiden Richtlinien bei der Umsetzung in nationales Recht angeglichen und damit die erwähnte Hierarchie ohnehin beseitigt haben, ist eine neuerliche EU-Richtlinie inzwischen jedoch nur für einige wenige Mitgliedsstaaten, allen voran eben Österreich, relevant.