Zeitreise durch 40 Jahre
In der Folge mehr oder weniger bedeutsame Ereignisse aus vier Jahrzehnten Engagement in der Lesben- und Schwulenbewegung, um einen Überblick über die breite Palette meiner vielfältigen Aktivitäten im In- und Ausland zu geben.
Die Fotos können für eine vergrößerte Darstellung angeklickt werden, bei vielen Beiträgen sind dann auch weitere Bilder zu sehen.
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Gründungsversammlung
Aktivisten der ersten Stunde bei der konstituierenden Generalversammlung der HOSI Wien im „Treibhaus“ im 5. Bezirk (vgl. LN 1/1980, S. 3). Ich stehe (teilweise verdeckt) in der hinteren Reihe als 2. von links. Ein „Who is who“ auf diesem Foto findet sich in den LN 1/2005, S. 10.
FOTOS: HANS/ARCHIV HOSI WIEN
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Erste Demo
Erster, großer öffentlicher „Auftritt“ der HOSI Wien durch Teilnahme an einer antifaschistischen Kundgebung in Wien; schon damals bin ich weder Hippie noch Hipster (vgl. LN 2/1980, S. 22). Zum Text auf dem Transparent siehe nähere Erklärung in der Abteilung Nationalsozialismus – „Gedenken und demonstrieren“.
FOTOS: ARCHIV HOSI WIEN
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Wiener Festwochen alternativ
am Reumannplatz in Wien-Favoriten: Die HOSI-Wien-Infobude wird nach einer Woche behördlich entfernt, nach einer Woche Protest aber wieder aufgestellt; ich schreibe tagesaktuelle Infos auf die Budenwand – hier mit Mitstreiter FELIX GÖRNER (vgl. LN 2/1980, S. 4–17 und 20 f, sowie LN 3–4/1980, S. 8 ff).
FOTOS: ARCHIV HOSI WIEN
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Erste Teilnahme an I(L)GA-Konferenz
Erstmals vertrete ich (hier sitze ich ganz hinten rechts) – gemeinsam mit WOLFGANG FÖRSTER und WERNER TAIBON – die HOSI Wien bei einer Tagung der International Gay Association (IGA), die später zur ILGA und noch später zur International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association wird, und zwar auf ihrer dritten Weltkonferenz in Torre Pellice in der Nähe von Turin (vgl. LN 2/1981, S. 22 f). In den nächsten Jahrzehnten werde ich noch an 51 weiteren ILGA-Tagungen teilnehmen.
FOTO: GUIDO ODIN/FONDAZIONE SANDRO PENNA
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Protest vor der US-Botschaft
Die HOSI Wien organisiert eine Bannmeile von der US-Botschaft in Wien entfernt eine Demo gegen die US-Einreisegesetze, die Homosexuelle als psychopathische Personen einstufen und von einer Einreise in die USA ausschließen. Wien ist eine von 17 Städten weltweit, die sich an dieser konzertierten Aktion beteiligt (vgl. LN 3–4/1981, S. 13). Das Einreiseverbot wird erst 1990 aufgehoben.
FOTO: KURT KRICKLER
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IGA-Tagung in Straßburg
Nach Turin und Stockholm 1981 die dritte IGA-Tagung, bei der ich die HOSI Wien vertrete (und die erste, bei der wir die Teilnahme fotografisch dokumentiert haben) – diesmal gemeinsam mit REINHARDT BRANDSTÄTTER (1952–1992), JUAN ESTEBAN LÓPEZ und JOHN CLARK . Da der Straßburger Bischof Léon-Arthur Elchinger dafür gesorgt hat, dass die TeilnehmerInnen aus dem gebuchten Tagungshotel hinausgeschmissen werden, müssen die Veranstalter improvisieren (vgl. LN 3/1982, S. 29 f).
FOTO: KURT KRICKLER
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Friedensdemo 1982
Die beiden großen Friedensmärsche am 15. Mai 1982 (vgl. LN 3/1982, S. 13 sowie 18 f) und 22. Oktober 1983 (vgl. LN 1/1984, S. 8 f) zu einem Höhepunkt im Kalten Krieg (Streit um die Aufrüstung mit Mittelstreckenraketen 1979–1983) bringen auch in Wien 100.00e Menschen auf die Straßen (vgl. auch LN 4/1983, S. 24 f). Die HOSI Wien ist mit riesigen Transparenten auf beiden Demos stark vertreten.
FOTOS: ARCHIV HOSI WIEN
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Schwulenparade 1982
Nach einem nachmittäglichen Festprogramm u. a. mit Musik und Lesungen zieht zu nächtlicher Stunde „Österreichs erste Gay Pride Parade“ (so zeitgenössische Quellen, wie die LN 4/1982, S. 12 f) vom Amerlinghaus zum Maria-Theresien-Platz im ersten Bezirk, wo die Kaiserin alias JOHANNES WEIDINGER (1949–2023) mit HOSI-Wien-Obmann WOLFGANG FÖRSTER ein Tänzchen wagt. Ich stehe am linken Rand und erfreue mich an dieser Darbietung.
FOTOS: ARCHIV HOSI WIEN
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Vernissage im HOSI-Zentrum
Die Vernissage zur Foto-Ausstellung „Ich küsse Ihre Hand, Madame…“ von Gudrun Stockinger gerät zum fulminanten Fest – einige hundert BesucherInnen kommen an diesem Abend ins HOSI-Zentrum (vgl. LN 1/1983, S. 21 ff). Die Fotoserie sorgt auch im herkömmlichen Kunstbetrieb für eine kleine Sensation und wird später vom Salzburger Rupertinum angekauft und damit in die staatliche Fotokunstsammlung der Republik Österreich aufgenommen. Die Models neben mir: HENNING DOPSCH und JULIUS ZECHNER (1958–1992).
FOTOS: GUDRUN STOCKINGER
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IGA-Weltkonferenz in Wien
Schon bei der ersten von später insgesamt drei Weltkonferenzen der I(L)GA in Wien verstärke ich den Konferenzvorsitz (dritter von rechts). Die Plena der Tagung finden im Haus der Begegnung in Wien-Döbling statt – ausführliche Berichte über die Tagung finden sich in den LN 4/1983, S. 3–13.
FOTOS: HELMUT SYSEL (1942–1993)
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Warme Woche
15 Jahre nach Stonewall: Die „1. Wiener Gay-Pride-Demo“ (so zeitgenössische Quellen, wie die LN 3/1984, S. 8 f, obwohl eigentlich bereits die zweite, vgl. Eintrag 26. 6. 1982 – jedenfalls die erste bei Tageslicht) zieht im Rahmen der „Warmen Woche“ durch die Kärntner Straße; ich marschiere ganz links. Die „Warme Woche“ und die Demo sind auf alle Fälle Vorläuferinnen von Vienna Pride bzw. Regenbogenparade.
FOTOS: HELMUT SYSEL
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Buchpräsentation in Frankfurt
Auf der „Gegenbuchmesse“ in Frankfurt präsentiert der Verlag Frühlings Erwachen das von der HOSI Wien herausgegebene Buch Rosa Liebe unterm roten Stern. Ich beantworte die Fragen des zahlreich erschienenen Publikums (vgl. LN 1/1985, S. 14). Ein ausführlicher Bericht über die Entstehung der Publikation ist in den LN 4/1984, S. 12 ff, erschienen.
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Gedenkstein Mauthausen
Bei der Enthüllung des Gedenksteins für die homosexuellen NS-Opfer im ehemaligen KZ Mauthausen (vgl. LN 1/1985, S. 6 ff und Beitrag hier) – im Vordergrund GUDRUN HAUER (1953–2015) und REINHARDT BRANDSTÄTTER, links neben mir GEORG TRAUTENDORFER.
FOTOS: HELMUT SYSEL
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Aufmarsch am 1. Mai
Seit 1980 nimmt die HOSI Wien regelmäßig am 1.-Mai-Aufmarsch über die Ringstraße teil. Auch ich trage wieder ein Transparent (re) – vgl. LN 3/1985, S. 7 f).
FOTOS: HELMUT SYSEL
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KZ-Befreiungsfeier 1985
40 Jahre nach der Befreiung des KZ Mauthausen nimmt die HOSI Wien mit zwei riesigen Transparenten an der Gedenkfeier teil. Mit „Abartigkeit hat kein Recht auf Forderungen“ quittiert ein Vorstandsmitglied der Österreichischen Lagergemeinschaft das Spruchband: „1000e homosexuelle KZ-Opfer warten auf Rehabilitierung“. Wir weigern uns erfolgreich, die Transparente einzurollen (vgl. LN 3/1985, S. 9 f). Es sollte dann noch genau 20 Jahre bis zur entsprechenden Novellierung des Opferfürsorgegesetzes dauern!
FOTOS: HELMUT SYSEL
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Magnus ’85 in Laibach
ANDRZEJ SELEROWICZ, ich, JOHN CLARK, DIETER SCHMUTZER, ALDO IVANČIĆ, Mitglied der Laibacher Schwulengruppe SKUČ-Magnus sowie der slowenischen Kultband Borghesia, und GUDRUN HAUER in einem Straßencafé in Laibach, wo vom 13. bis 25. Mai Magnus ’85, das zweite schwul/lesbische Kulturfestival im damaligen Jugoslawien, stattfindet (vgl. Berichte in den LN 3/1985, S. 22–29).
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Interview mit Freda Meissner-Blau
Im Gespräch mit Freda Meissner-Blau (1927–2015) aus Anlass ihrer Kandidatur bei der Bundespräsidentenwahl 1986. Das gemeinsam mit MICHAEL HANDL (1965–1992) und FLORIAN SOMMER geführte Interview erscheint in den LN 2/1986, S. 23 ff.
FOTO: MICHAEL HANDL
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Interview mit Edmund White
White (* 1940) ist schon damals einer der bedeutendsten zeitgenössischen US-Schriftsteller – und engagierter Schwulen- und AIDS-Aktivist – und lebt zu dem Zeitpunkt seit zweieinhalb Jahren in Paris. Und so geht es in dem Gespräch u. a. um die französische und die US-Bewegung, die AIDS-Krise und den 1984 verstorbenen Philosophen Michel Foucault und dessen Partner Daniel Defert (1937–2023). Das gemeinsam mit MICHAEL HANDL und JOHN CLARK vor Whites Lesung in der Wiener Buchhandlung Shakespeare & Co geführte Interview erscheint in den LN 2/1986, S. 44 ff.
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Gespräch mit Kurt Steyrer
HOSI-Wien-Obmann REINHARDT BRANDSTÄTTER und ich führen ein Gespräch mit Kurt Steyrer (1920–2007), dem SPÖ-Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl 1986. Er sollte in dem von der ÖVP aus wahltaktischen Gründen künstlich aufgeheizten Klima gegen Kurt Waldheim unterliegen (vgl. LN 3/1986, S. 6 + 7).
FOTO: PARLAMENTSDIREKTION
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Interview mit Manuel Puig
Im Interview mit dem argentinischen Schriftsteller Manuel Puig (1932–1990) – in unseren Breiten ist wohl sein Roman Der Kuss der Spinnenfrau (El beso de la mujer araña), der auch verfilmt wurde, am bekanntesten. Das gemeinsam mit MICHAEL HANDL geführte Interview erscheint in den LN 4/1986, S. 52 ff.
FOTOS: MICHAEL HANDL
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Erste ILGA-Regionalkonferenz
Sie ist ein historisches Ereignis: die erste ILGA-Regionalkonferenz für Ost- und Südosteuropa in Budapest, damals noch Ostblock hinter dem Eisernen Vorhang. Hier lege ich meine Arme um ANDRZEJ SELEROWICZ, neben mir die AktivistInnen SUZANA TRATNIK aus Jugoslawien sowie RICHARD PRŮŠA und JAN LÁNY (stehend) aus der ČSSR (vgl. LN 1/1988, S. 33 ff).
FOTO: JOHN CLARK
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ILGA-Tagung in Oslo
Mini-Kundgebung vor der österreichischen Botschaft. Die norwegische Polizei erlaubt maximal zehn DemonstrantInnen vor Botschaften. Dem österreichischen Botschafter werden Protestschreiben für die Mitglieder der Bundesregierung übergeben (vgl. LN 3/1988, S.53 ff). Ich stehe ganz links, neben mir im Bild ILGA-Generalsekretär JEAN-CLAUDE LETIST (1946–1990) und WALTRAUD RIEGLER, 3. v. r.
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Rosa Wirbel im Parlament
Die Reform der anti-homosexuellen Strafrechtsparagrafen im Rahmen einer Novelle des Jugendgerichtsgesetzes war eigentlich schon paktiert, auch mit der ÖVP. Doch dann intervenierte ein Bischof telefonisch bei ÖVP-Ministerin Marilies Flemming, woraufhin diese ihr Veto im Ministerrat einlegte. MICHAEL HANDL, FRIEDL NUSSBAUMER und ich protestieren auf der Besuchergalerie des Nationalrats. Ein Transparent („Weg mit den Homosexuellen-§§!“) wird entrollt, Flugblätter ins Plenum abgeworfen, Parolen skandiert – vgl. LN 1/1989, S. 9 ff, sowie Beitrag hier.
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Rosa Stachel löckt wider Amnestys Haltung
Seit Jahren weigert sich Amnesty International, wegen ihrer Homosexualität Verfolgte als Gewissensgefangene anzuerkennen. Ich nütze eine Veranstaltung, bei der Arik Brauers Bild „Wo bleiben die Menschenrechte?“ präsentiert wird – der Erlös aus dem Verkauf der Drucke soll AI zugutekommen –, um auf diese diskriminierende Haltung von AI aufmerksam zu machen – vgl. LN 1/1989, S. 25 ff, und Beitrag hier.
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Ministerbüro-Besetzung
Fünf Aktivisten des Rosa Wirbels besetzen am Welt-AIDS-Tag das Büro von Familienministerin Marilies Flemming (ÖVP), weil sie im Alleingang eine Teilreform der antihomosexuellen Strafrechtsparagrafen verhindert hat (vgl. LN 4/88, S. 4 ff). Die vier anderen Mitbesetzer sind ALFRED GUGGENHEIM (1926–2014), FRIEDL NUSSBAUMER, MICHAEL HANDL und RUDOLF KATZER. Ich benutze das ministerielle Telefon, um mit den Medien zu sprechen. Nach vier Stunden ist Flemming bereit, die Besetzer auf neutralem Boden zu treffen. Am 7. Dezember nehmen dann REINHARDT BRANDSTÄTTER und ich einen offiziellen Gesprächstermin als HOSI-Wien-Vertreter bei Flemming wahr – vgl. LN 1/1989, S. 13 ff, und Beitrag hier.
FOTOS: ARCHIV HOSI WIEN
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Vortrag über Osteuropa
Im Juni 1989 feiert man in Turin 20 Jahre L’orgoglio lesbico e omosessuale (auf gut deutsch: „Gay Pride“) mit einer Veranstaltungsreihe im Teatro Juvarra. An einem der Abende referieren RYSZARD ZIOBRO von der Gruppe ETAP in Breslau und ich über die Lage der Homosexuellen in Osteuropa («Gli omosessuali e la Perestroika»). Auch überregionale Medien berichten darüber (siehe Faksimile aus La Stampa).
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Buchpräsentation
Im Rahmen der Warmen Woche ‘89 findet im HOSI-Zentrum eine Jubiläums-Soirée aus Anlass des 10. Geburtstags der HOSI Wien statt. Bei der Gelegenheit wird das eben erschienene Buch Homosexualität in Österreich präsentiert. Die HerausgeberInnen – MICHAEL HANDL, GUDRUN HAUER, FRIEDRICH NUSSBAUMER, DIETER SCHMUTZER und ich – sowie Gastautorin Rotraud Perner lesen aus ihren Beiträgen (vgl. LN 3/1989, S. 6 ff).
FOTO: WALTRAUD RIEGLER
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Hochzeitsumzug
Weltweit Urmutter aller „Aktionen Standesamt”: Im Rahmen der „Warmen Woche“ geben sich ein lesbisches und ein schwules Paar nach einem Hochzeitsumzug durch die Wiener Innenstadt am Graben das Ja-Wort. Ich fahre als Motorradeskorte hinter dem Zug her (vgl. LN 3/1989, S. 6 ff + Foto-Mittelteil, sowie LN 4/2009, S. 19 ff).
FOTOS: ARCHIV HOSI WIEN/JOSEF GABLER
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11. ILGA-Weltkonferenz in Wien
Nach 1983 findet die ILGA-Weltkonferenz wieder in Wien statt. Die HOSI Wien ist die erste Organisation, die die ILGA-Weltkonferenz ein zweites Mal ausrichtet. Es sollte nicht die letzte sein. Ich engagiere mich wieder im Organisationsteam. Ein ausführlicher Konferenzbericht findet sich in den LN 4/1989, S. 13–27 + Foto-Mittelteil.
FOTOS (S/W): ARCHIV HOSI WIEN/JOSEF GABLER
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Symposion Homosexualität
Im November 1989 organisieren HOSI Wien und drei Hochschulgruppen ein „Symposion Homosexualität“ an der Uni Wien. An vier Abenden diskutieren hochkarätig besetzte Podien (siehe Flugblatt sowie LN 1/1990, S. 9 ff). Ich spreche zum Thema „Soziale Anerkennung – Rezept gegen AIDS?“ – hier mit (v. n. l. r.): Moderatorin Gabriele Vogt, Primar Norbert Vetter, Psychologe Wolfgang Till; nicht im Bild die weiteren MitdiskutantInnen: ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger, Ingried Erlacher, ÖAH-Gründungsmitglied und Beamtin im Gesundheitsministerium, Medizinsoziologe Manfred Dür und ÖAH-Vorstandsmitglied Judith Hutterer.
FOTO: ARCHIV HOSI WIEN/WILD-CHILD-PRODUCTIONS/JOSEF GABLER