Genugtuung
Selten, eigentlich noch nie zuvor verspürte ich so tiefe Genugtuung darüber, dass ich mit meinen Que(e)rschüssen so voll ins Schwarze getroffen habe wie mit den beiden letzten. Hatte ich doch in meiner Glosse Beihilfe zum Putsch (LN 3/2016, S. 26), die Mitte Juli erschienen ist, genau dieselben „Mutmaßungen“ angestellt, die VfGH-Richter Johannes Schnizer zweieinhalb Monate später im Falter äußerte. Etwas enttäuscht bin ich natürlich, dass die FPÖ mir keine Klage angedroht hat. Aber das Geschrei, Schnizer habe der FPÖ kriminelle Machenschaften unterstellt, diente ja nur dazu, an der Eskalationsschraube zu drehen, um einerseits zu versuchen, wichtige Institutionen des Staates wie den Verfassungsgerichtshof zu diskreditieren, und um sich als FPÖ andererseits wieder in die Lieblingspose der verfolgten Unschuld zu werfen.
Aber was die FPÖ kann, kann die HOSI Wien schon lange. Und so drehten wir an dieser Schraube weiter. Unser Spin: Wenn die Rechtsansicht von Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer zutrifft, es handle sich bei der Vorbereitung der Wahlanfechtung um kriminelle Delikte, ja dann mögen doch bitte die zuständigen Strafverfolgungsbehörden mit ihren Ermittlungen beginnen. Und so erstatteten wir entsprechende Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft. Kaum war unsere Aussendung mit diesem Spin draußen, hat die FPÖ offenbar den Rückzug angetreten. Seither ist es ruhig in dieser Causa geworden.
Desaster für die FPÖ in der Leopoldstadt
Auch meine Aufforderung in den letzten LN (S. 12), „der FPÖ einen Denkzettel zu verpassen“ (die Druckversion erschien am 16. 9.), wurde zwei Tage später in die Tat umgesetzt, und zwar bei der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl in Wien-Leopoldstadt. Auch diese war ja bekanntlich im Vorjahr von der FPÖ wegen Unregelmäßigkeiten angefochten worden (die FPÖ lag mit nur 21 Stimmen hinter den Grünen an dritter Stelle) und musste nach entsprechender Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs wiederholt werden. Die Wahlwiederholung am 18. September 2016 erwies sich dann als der gewünschte Schlag ins Gesicht der FPÖ: Während die Grünen einen Erdrutschsieg einfuhren und 13 Prozent dazugewannen – und mit 35,3 % auch gleich stimmenstärkste Partei im zweiten Wiener Gemeindebezirk wurden – blieb die FPÖ drittstärkste Partei, wobei ihr Abstand auf die zweitplatzierte Partei (nunmehr die SPÖ) jetzt satte 5,6 Prozent und nicht bloß 21 Stimmen beträgt. Recht geschieht der FPÖ! Ein Zeichen dafür, dass sich immer mehr ÖsterreicherInnen von der FPÖ nicht länger verarschen lassen wollen und ihr mit aller Deutlichkeit signalisieren, dass der Bogen eindeutig überspannt ist. Und damit hoffentlich auch ein gutes Omen für die Stichwahl zwischen Alexander van der Bellen und Norbert Hofer am 4. Dezember.
Eine besondere Genugtuung in dem Zusammenhang ist für mich auch das Abschneiden der ÖVP in der Leopoldstadt. Sie kam gerade noch auf 6 (in Worten: sechs!) Prozent. Gerade für ihre lauwarme Haltung in Sachen Bundespräsidentenwahl gehört diese Partei abgestraft. Die Geschichte scheint sich zu wiederholen: Auch in den 1930er Jahren war es die ÖVP bzw. ihre Vorgängerpartei, die Christlich-Sozialen, die dem Faschismus in Österreich die Tür geöffnet hat.
Auch jetzt weigert sich die ÖVP, klar zu Hofer auf Distanz zu gehen (um sich mögliche Zusammenarbeiten mit der FPÖ nicht zu erschweren) und eindeutig für van der Bellen Stellung zu beziehen. Daher wiederhole ich mein Ceterum censeo, das jahrelang am Ende meiner Kolumne stand und in letzter Zeit immer wieder Kürzungen bzw. dem Vergessen bzw. der Vergesslichkeit anheimgefallen ist:
Im übrigen bin ich der Meinung, 30 Jahre ÖVP ununterbrochen in der Bundesregierung sind genug!
Que(e)rschuss LN 5/2016
Nachträgliche Anmerkungen
Niemand hat der FPÖ übrigens unterstellt, dass sie bewusst bei den Wahlen manipulieren lassen oder dazu angestiftet habe, um dann die Wahl anfechten zu können. Sie hat einfach Beweise gesammelt von Usancen, die offenbar seit Jahren bekannt und üblich waren. Die FPÖ hat Schnizer dann doch geklagt, das Verfahren endete aber mit einem Vergleich.
Später wurden einige verantwortliche Wahlleiter wegen der nicht korrekten Vorgangsweise, die offenbar „eingerissen“ war, zu Geldstrafen verurteilt. Es gibt auch Schadenersatzklagen der Republik gegen sie.
Die FPÖ wiederum hat die Republik Österreich auf Schadenersatz in der Höhe von 3,4 Millionen Euro für die aufgehobene Stichwahl geklagt. Die Klage wurde bereits in zwei Instanzen abgewiesen und liegt nunmehr zur Entscheidung beim Obersten Gerichtshof. (Vgl. auch Beitrag in den LN 5/2010)