Gerhard Hirschmann (2001): „Homo-Ehe wird kommen wie das Amen im Gebet“
AUS DEM ARCHIV: WELT IM ZITAT
Am 27. September 2019 starb der ehemalige steirische ÖVP-Landesrat Gerhard Hirschmann an einem Herzinfarkt. Hirschmann (* 1951) zählte zu den ganz wenigen ÖVP-PolitikerInnen, die in Sachen Lesben- und Schwulenrechten aufgeschlossen waren bzw. sind. Schon in der düsteren Ära Wolfgang Schüssels und der ersten schwarz-blauen Bundesregierung hatte sich Hirschmann im Juli 2001 für die ersatzlose Streichung des § 209 StGB (höheres Mindestalter) ausgesprochen (vgl. LN 3/2001, S. 26). Und am 11. August 2001 meinte Hirschmann im Ö1-Mittagsjournal ziemlich blasphemisch, auch in Österreich werde die Homo-Ehe kommen „wie das Amen im Gebet“ (vgl. LN 4/2001, S. 17 f).
Um diese Aussage im zeitlichen und politischen Kontext zu verorten: ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel war absolut gegen die Aufhebung des § 209 StGB und hatte sogar einen parteiinternen Maulkorberlass zu dieser Frage verordnet. Die Sache lag damals wieder einmal zur Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof (vgl. u. a. LN 4/2001, S. 6 ff). Fast ein Jahr später, am 24. Juni 2002, sollte dieser schließlich seine Entscheidung bekanntgeben, dass § 209 verfassungswidrig ist. Wie die Salzburger Nachrichten am 7. Juni 2002 berichteten, hatte Schüssel noch zwei Wochen vor diesem VfGH-Erkenntnis – darauf angesprochen, dass Österreich mit § 209 Schlusslicht in Europa sei – gemeint: Wenn wir das letzte Land wären, wäre es mir auch gleich.
Eine ausführliche Chronologie über den jahrzehntelangen erbitterten Widerstand der ÖVP gegen die Abschaffung der diskriminierenden anti-homosexuellen Strafrechtsparagraphen findet sich hier.
Als zuständiger Personallandesrat hatte Hirschmann übrigens 1998 veranlasst, dass verschieden- und gleichgeschlechtliche LebensgefährtInnen nach dem Landesvertragsbedienstetengesetz der Steiermark gleichgestellt werden (vgl. LN 4/1998, S. 29).
Hirschmann sollte jedenfalls mit seiner Aussage recht behalten, auch wenn es wegen des hinhaltenden Widerstands seiner Partei noch gut siebzehn Jahr dauern sollte!
Johann Gudenus
In derselben LN-Ausgabe (4/2001), die übrigens über viele Seiten hinweg Stellungnahmen von PolitikerInnen zur Abschaffung des § 209 und zur Einführung der eingetragenen Partnerschaft zitierte – das Thema Homosexualität war wieder einmal das Sommerloch-Thema, es gab regelrechte „massenmediale Festwochen im Juni, Juli und August in Sachen Homosexualität“, so die LN –, wurde auch über eine homophobe Entgleisung von Johann Gudenus berichtet. Der nach seinem ultrapeinlichen Auftritt im Ibiza-Video in der politischen Versenkung verschwundene Politiker war damals noch unbedeutender FPÖ-Bezirksrat auf der Wieden, dem 4. Wiener Gemeindebezirk. In der September-Ausgabe 2001 der Bezirkszeitung – Stadtjournal warnte Gudenus damals: Wien darf nicht San Francisco werden! Doch auch dies vergeblich!
Durch seine weitere politische Karriere ziehen sich seine homophoben Aussagen in fast verdächtig manischer Art und Weise – solche ab 2011 finden sich gesammelt im Archiv von ggg.at.