Billiger Marketing-Schmäh „Diversity“
In den letzten Jahren hat sich Diversitätsmanagement in Unternehmen und öffentlichen Dienststellen fix etabliert – es gehört zum guten Ton. Keine größere Firma kann es sich mehr leisten, darauf zu verzichten. Weltweit ist es ein Milliardengeschäft geworden, und auch in Österreich setzen die einschlägigen Beratungsfirmen wohl Millionen damit um.
Dagegen ist an und für sich nichts einzuwenden – im Gegenteil: Die Förderung von Vielfalt in Betrieben, Unternehmen und öffentlichen Stellen kann man nur begrüßen und gutheißen. Skepsis ist allerdings dann angebracht, wenn Firmen ihre Diversitätsanstrengungen – etwa in ihrer Werbung – derart penetrant vor sich hertragen, dass es schon wieder verdächtig wird. Bei mir jedenfalls stellt sich dann sofort das Gefühl ein, dass das nicht authentisch ist und von etwas abgelenkt werden soll. Oder wenn sie ihre Bemühungen derart übertreiben, dass sie eigentlich das Gegenteil von dem tun, was sie vorgeben, tun und bewirken zu wollen.
Wenn sich etwa Großkonzerne und Großbanken in geradezu missionarischem Eifer und als Speerspitze politisch korrekter Wokeness anschicken, uns „neues Deutsch“ beibringen zu wollen – unter Anwendung von Gender-Schreibweise mit Sonderzeichen (Sternchen, Doppelpunkt etc.) und neuer Grammatik – dann sollte uns das alarmieren. Und wir sollten an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen denken, die gegen ihren Willen gezwungen werden, dabei mitzumachen; oder sie verlieren ihren Job. Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle bei dieser orwellschen Umerziehung freiwillig mittun.
Ich habe ja selbst Erfahrungen u. a. mit der Erste Bank gemacht. Wie ich in meinem Blog-Beitrag vom 10. Juni 2024 erwähnt habe, beabsichtige ich, mein Konto bei der Erste Bank aufzugeben und zu einem anderen Geldinstitut zu wechseln, weil mir die Erste Bank mit ihrer dogmatischen Sektierer-Attitüde schwer auf die Nerven geht. Mittlerweile ist sie sogar dazu übergegangen, alle Kunden ungeachtet des Geschlechts mit „Liebe Kund:in“ anzusprechen (siehe Screenshot rechts). Klarer Fall von übergriffigem „Misgendering“, aber offenbar stört das in dem Fall niemanden, während man sonst am liebsten dafür einen Straftatbestand einführen möchte.
Manchmal denke ich mir ja, die Diversity-Abteilung der Erste Bank heckt – unter großem Gefeixe und Gegröle – regelmäßig neue Provokationen aus und schließt Wetten darauf ab, ob sich Kunden und Mitarbeiter diese abermals widerspruchslos gefallen lassen. Ich glaube, die haben dort richtig viel Spaß. Im erwähnten Blog-Beitrag hatte ich ja das Beispiel gebracht, dass die Bank auch männliche Mitarbeiter als „eine erfahrene Expert:in“ vorstellt (wo bleiben da eigentlich Betriebsrat und Gewerkschaft?).
Schwierige Bankensuche
Die Suche nach einem neuen Geldinstitut gestaltete sich doch etwas schwieriger als gedacht. Ich überprüfte die Websites verschiedener Banken auf ihre geschlechterspezifische Schreibweise und entschied mich für die Volksbank, wobei die Auswahl nicht wirklich groß war. Sie vermied Wortbinnen- bzw. Sonderzeichen in ihren Texten und verwendete entweder das generische Maskulinum oder die „binäre“ Form (männlich/weiblich) und erklärte dies wie folgt: Der Volksbanken-Verbund legt großen Wert auf Diversität und die Gleichberechtigung der Geschlechter. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Bereits Anfang Juli 2024 hatte ich einen Termin in der Volksbank-Filiale in der Mariahilfer Straße und deponierte meine Unterlagen. Leider war ich so dumm und nannte den Grund, warum ich die Bank wechseln wollte. Ein paar Tage später bekam ich eine E-Mail, in der man mir mitteilte: Aus geschäftspolitischen Gründen können wir Ihr Girokonto leider nicht eröffnen.
Auch Volksbank diskriminiert
Da war ich doch einigermaßen erstaunt. Eine nähere Begründung bekam ich auf Nachfrage nicht – einen genauen Grund brauche man nicht bekanntzugeben; ich müsse mich mit dem Hinweis auf „geschäftspolitische Gründe“ begnügen. Auch eine neue Erfahrung, was in Österreich alles möglich ist. Wobei ich noch betonen möchte, dass ich nicht vorbestraft bin, nie verschuldet war und eine etwaige Bonitätsprüfung sicher nicht negativ ausfiel. Ob man an meiner sexuellen Orientierung Anstoß nahm? Ich werde es wohl nie erfahren.
Möglicherweise wusste man aber bereits, dass die Volksbank ebenfalls bald dem Zeitgeist nachhecheln und auf „non-binäres“ Gendern mit Sonderzeichen umstellen würde. Und so wollte man mir vielleicht ersparen, vom Regen in die Traufe zu kommen. In Vorbereitung dieses Beitrags habe ich nochmals die Homepage der Volksbank besucht, wo die Wortbinnenzeichen und das pseudo-inklusive Gendern inzwischen Einzug gehalten haben: Will man online Kontakt aufnehmen, wird man etwa gefragt, ob man „Neukund:in“ sei. Da ich keine Geschlechtsumwandlung plane, käme die Volksbank für mich daher eh nicht mehr in Frage. Aber wenn dieser Umstieg aufs Gender-Geschwurbel schon im Juli im Busch war, hätte man mir das doch einfach sagen können!
Die Suche nach einer neuen Bank habe ich dann nicht mehr weitergeführt. Ich hatte einfach Wichtigeres zu tun. Aber ich bin nach wie vor entschlossen, mein Konto bei der Erste Bank aufzugeben. Für zweckdienliche Hinweise auf eine seriöse Bank bin ich daher weiterhin dankbar!
Übrigens dämpft diese Erfahrung einmal mehr meine Erwartungen ans Levelling-up in der Antidiskriminierungsgesetzgebung (vgl. zuletzt hier): Kaum jemand ist heute noch so dumm, die wahren Gründe für die Verweigerung einer Dienstleistung zu nennen – wenn es ohnehin reicht, „geschäftspolitische Gründe“ vorzuschieben. Übrigens: Wären den Unternehmen Vielfalt und Nichtdiskriminierung tatsächlich ein echtes Anliegen, hätte sich die Wirtschaft schon längst für dieses Levelling-up eingesetzt und die ÖVP zur Aufgabe ihres Widerstands dagegen überredet.
Grindiger Kapitalismus
Glaubwürdigkeit sieht jedenfalls anders aus. Daher sollte man sich von diesem billigen Marketing-Schmäh nicht einlullen lassen: Hinter der fortschrittlich aufpolierten und bunten Diversity-Fassade kommt einmal mehr der althergebrachte grindige Kapitalismus zum Vorschein. Das trifft insbesondere auf die Banken zu.
Österreichs Banken haben in den beiden letzten Jahren Rekordgewinne gemacht, allein 2023 mehr als 14 Milliarden Euro, davon 1,8 Milliarden Übergewinn; im ersten Quartal 2024 belief sich der Übergewinn laut Momentum-Institut, das deswegen eine Übergewinnsteuer fordert, bereits auf 2,8 Milliarden. 2023 erzielte die Erste Group einen Nettogewinn von drei Milliarden Euro, in den ersten drei Quartalen 2024 von 2,5 Milliarden.
Diese enormen Gewinne werden klarerweise auf Kosten der Kunden und Kundinnen gescheffelt, die unter hohen Gebühren zu leiden haben. Und auf Spareinlagen gab es ja bis vor kurzem null Zinsen, während man fürs überzogene Girokonto mehr als 14 % Sollzinsen berappen muss. Die schwarz-grüne Regierung hat diesem Raubrittertum der Banken tatenlos zugeschaut – genauso wie sie die zweistellige Inflation einfach schulterzuckend durchrauschen ließ (mit den bekannten Folgen). In Frankreich hingegen müssen die Banken etwa kleinere Spareinlagen („Volkssparbuch“) mit einem Mindestsatz verzinsen, wobei dieser vom Einkommen, der Höhe der Ersparnisse und der Familiengröße der Sparer abhängig ist (siehe hier).
Lakaien des Großkapitals
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Diversity-Abteilungen der Banken und anderer Großkonzerne sind natürlich nicht zu beneiden. Sie sind und bleiben Lakaien des Großkapitals, Huren der Reichen quasi. Vermutlich resultiert aber auch daraus ihr mitunter dogmatischer und missionarischer Eifer als Gender-Schwurbel. Sie reden sich damit die Sache schön – dient sie doch einem vermeintlich hehren Ziel! Viele sind zweifellos von ihrer Mission total beseelt und überzeugt, manche wähnen sich vermutlich dabei sogar als subversive Kämpfer, die den Unternehmen Dinge zum Wohle der Allgemeinheit unterjubeln. Es gibt aber sicher auch abgeklärte Zyniker unter ihnen, die sich nichts vormachen. Jedenfalls wedelt auch in dem Fall der Schwanz nicht mit dem Hund!
Die Großkonzerne und Großbanken kalkulieren doch ganz pragmatisch. Diversity und ihr Exzess im deutschsprachigen Raum, das „non-binäre Gendern“, sollen ja nicht nur ein progressives Image vermitteln und davon ablenken, dass sie ihre Kunden und Kundinnen nach Strich und Faden ausnehmen, sondern sie wissen ja genau, wie antagonistisch und kontroversiell letzteres ist und dass man damit den rechten Parteien Wähler und Wählerinnen zutreibt – ein für sie mehr als angenehmer Nebeneffekt. Denn das Großkapital wünscht sich natürlich eine rechte Regierung, die – wie die scheidende schwarz-grüne – etwa die Körperschaftssteuer (weiter) senkt.
Absetzbewegung
Sollte der Marketing-Schmäh dann eines Tages nicht mehr ziehen oder sich die politischen Rahmenbedingungen ändern, sind die Unternehmen die ersten, die ihr Fähnchen opportunistisch nach dem zeitgeistigen Wind drehen – wie im Wahlkampf ums Präsidentenamt in den USA bereits geschehen. Und seit der Wahl Donald Trumps springen immer mehr Unternehmen in den USA von der woken Welle ab und geben ihre Diversitäts- und Inklusionsprogramme wieder auf, wobei das Kind mit dem Bad ausgeschüttet wird (vgl. FAZ, Kurier und einen sehr treffenden – und unverdächtigen! – Kommentar dazu in der taz).
Nach der US-Präsidentenwahl (vgl. dazu auch Infos gegen Ende dieses YouTube-Videos) wird die militante Wokeness wohl als nächstes im benachbarten Kanada einen herben Dämpfer erleiden. Justin Trudeau, seit neun Jahren liberaler Premierminister, droht eine herbe Niederlage bei den heuer stattfindenden bundesweiten Wahlen. In den Umfragen liegt er 20 Prozent hinter seinem konservativen Herausforderer Pierre Poilievre, der sich gegen den ganzen Diversity-Kram ausspricht (eigentlich sagte er „garbage“, also „Müll“) und damit bei der Wählerschaft offensichtlich punktet. Natürlich gibt es überall auch andere Gründe, warum man konservative und rechte Parteien wählt, aber die unerträglichen Zumutungen der identitätspolitischen Auswüchse erleichtern es den Leuten.
Nur die Wiener SPÖ ignoriert die Zeichen der Zeit an der Wand – sie wird heuer ebenfalls die Rechnung dafür präsentiert bekommen.
Hier die Links zu meinen bisherigen genderkritischen Beiträgen:
Solidarität mit Faika El-Nagashi
Geschlechtswechsel durch bloße Selbsterklärung? (Die Presse)
„Inklusiver Feminismus“: Kritik wird lauter
Warum ich nach Jahrzehnten mit dem „Gendern“ aufhöre (auch im Falter)
Der „Genderwahn“ existiert tatsächlich
Erste Bank – Pseudo-inklusives Gendern
Warum ich mir keine „linke“ Mehrheit mehr wünsche
„Non-binäres Gendern“: Parlamentsdirektion rudert zurück
Parlamentarisches Gender-Geschwurbel
Der gesellschaftliche Backlash ist auch hausgemacht (KURIER)
Über die Leseschwäche bei der Stadt Wien und der Gleichbehandlungsanwaltschaft
Zum Thema „Gendern“ habe ich schon seinerzeit einige Kommentare in den LAMBDA-Nachrichten verfasst. Hier eine Zusammenfassung samt Verlinkung zu den einzelnen Glossen.